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Pfarrer Samuel Dörr schaut auf seinem Youtube-Kanal "PastorPlays" genau hin.

Zocken mit Pfarrer Samuel Dörr: Glaube und Spiritualität in virtuellen Welten

Von Gothic bis Skyrim – kein Rollenspiel ohne Religion. Spielwelten sind voll von religiösen Anspielungen: Selten wird dabei explizit das Christentum oder der Islam dargestellt, doch die Religionen haben ganz unterschiedliche Inspirationsquellen. In Spielewelten finden sich überall Hinweise auf Tempel, Religion, Götter, die verehrt werden und das mit teilweise sehr individueller und ausgefeilter Theologie. Die Vielfalt der religiösen Elemente in Videospielen ist groß und zeigt einmal mehr, wie tief verwurzelt Religion in der menschlichen Kultur ist, selbst in virtuellen Welten. Pfarrer Samuel Dörr schaut auf seinem Youtube-Kanal „PastorPlays“ genau hin – zum Beispiel mit „Lieblingsquest: Endlich Pfarrer“, „Schreine und Altäre in Videospielen“, „Das Kloster der Feuermagier in Gothic 2“ und „Bestattungskultur in Videospielen“:

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, „PastorPlays“ ins Leben zu rufen?

Samuel Dörr: Das Projekt bringt zwei Bereiche meines Lebens, die mich ausmachen und auszeichnen, zusammen: Gaming und Glaube. Ich habe immer wieder festgestellt, dass es in vielen Spielen religiöse Elemente zu entdecken gibt. Das geht von den spielbaren Klassen (Mönche, Schamanen, Priestern) bis hin zu Altären, an denen man neue Fähigkeiten erhält, oder heiligen Artefakten, mit denen man das Böse besiegen kann. Auch Kirchen und Tempel, Himmel und Hölle, sind in Spielen dargestellt. Ich dachte mir, es wäre interessant, über diese religiösen Elemente ins Gespräch zu kommen.

Götter, Tempel und Altäre – warum ist Religion ein unverzichtbarer Bestandteil von Rollenspielen?

Samuel Dörr: Rollenspiele setzen, stärker als andere Spielegenres, auf eine spannende Welt, die man entdecken kann. Es reicht nicht, eine Landschaft und ein paar Charaktere in diese Welt zu setzen. Sondern diese Rollenspielwelten haben komplexe Hintergrundgeschichten. Es gibt Religionen, Kulturen und teilweise sogar Schöpfungsmythen. Besonders die Welt aus The Elder Scrolls ist da sehr komplex aufgebaut. Meiner Meinung nach ist Religiosität oder Spiritualität ein fester Bestandteil unserer realen Welt und hat daher auch einen Platz in den von Menschen „erschaffenen“ digitalen Welten.

Auch bei Ihrer „Gamesnight“ geht es um die Verbindung von „Zocken und Kirche“ – kann man mit diesem Thema besonders gut Jugendliche erreichen, sowohl virtuell als auch persönlich?

Samuel Dörr: Ich glaube, Jugendliche interessieren sich primär für eine gute Gaming-Erfahrung und die Gemeinschaft, die man beim gemeinsamen Zocken erleben kann. Dass einem dabei immer wieder religiöse Elemente begegnen, ist vielen nicht bewusst. Ich finde, das Gaming bietet eine tolle Möglichkeit, um mit Jugendlichen in ihrer „Welt“ in Kontakt zu kommen und Gespräche zu eröffnen. Bei der Gamesnight steht aber primär der Gemeinschaftsaspekt im Vordergrund, während es bei PastorPlays eben auch schonmal um krassere Themen geht, wie etwa „Bestattungskultur in Videospielen“ oder „Ist man ein schlechter Mensch, wenn man in einem Videospiel einen bösen Charakter spielt?“

In Skyrim gibt es gleich mehrere Gottheiten, mit entsprechenden Tempeln und Kulten. Einige davon haben spannende Parallelen zum Christentum. Welche sind das zum Beispiel?

Samuel Dörr: Da wäre beispielsweise der Gott Talos. Der ist besonders spannend, denn er ist eigentlich gar kein richtiger Gott. Ursprünglich war er ein Mensch, der dann, nach seinem Tod in den Stand eines Gottes erhoben wurde. Es ist also genau umgekehrt wie in der Bibel. Nicht Gott, wird Mensch, sondern Mensch wird Gott. In beiden Fällen wird dadurch eine Nahbarkeit zu den Menschen ausgedrückt. Ein weiteres Beispiel ist die Göttin Mara. Name und Darstellung erinnern an Maria. Auch der Mara Tempel sieht ziemlich kirchenmäßig aus. Was die Theologie angeht: Nächstenliebe und Spenden sind wichtig und das Licht spielt eine besondere Rolle.

Besonders vielfältige Bestattungsformen finden sich in dem Videospiel „World of Warcraft“. Wie sehen diese aus?

Samuel Dörr: In WoW gibt es viele unterschiedliche Völker: Nachtelfen, Zwerge, Gnome, Draenei, Orks, Tauren, Nachtelfen und Menschen. Jedes dieser Völker hat eine eigene Sprache, einen eigenen Gebäudestil und eben auch eine eigene Bestattungskultur. Hinweise auf diese Bestattungskultur geben die Friedhöfe, die in WoW dargestellt sind. Menschen, Zwerge, Gnome und auch Untote haben eine recht identische Art der Bestattung: Sie heben Bodengräber aus und legen die Leichen in einen Sarg, der in diesem Grab gebettet wird. Die Friedhöfe werden durch Mauern und Zäune begrenzt, bzw. geschützt. Die Tauren verfügen aber über eine Art Ruhebettung, die vielleicht nur als Übergang bis zur Verbrennung dient: Die Toten werden bis zu Hals in ein reich verziertes Tuch gewickelt und auf eine Holzplattform gelegt. Traumfänger sollen wohl böse Geister fernhalten. Unter der Plattform liegen Grabbeilagen. Die Orcs vergraben ihre Toten aber auch. Sie erhalten einen Grabstein und auf dem Grab liegen Waffen und Rüstung des Toten. Die Draenai bestatten ihre Toten in kleineren Grabstätten oder Grabhöhlen.

Text: Frauke Komander/APK
Foto(s): APK Screenshot