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Pfarrer Christoph Rollbühler segnete Diana und Kaya in der Christuskirche.

Popup-Hochzeit ein überwältigender Erfolg: Knapp 90 Paare ließen sich in der Christuskirche und Umgebung segnen

Der Erfolg hatte sich abgezeichnet, war am Ende aber noch größer als erwartet. 40 Paare hatten sich angemeldet, um sich bei dem Pop-Up-Hochzeits-Event rund um die Christuskirche im Belgischen Viertel segnen zu lassen. Etliche kamen darüber hinaus unangemeldet und wurden ebenfalls gesegnet – insgesamt waren es 87 dann schließlich Paare. Diana und Kaya gehörten zu den ersten. Sie hatten sich die Christuskirche als Ort der Segnung ausgesucht. Deren Pfarrer Christoph Rollbühler nahm die Zeremonie vor.

Diana hatte sozusagen ein „Heimspiel“. Sie ist in der Gemeinde der Christuskirche aktiv und hat dort eine protestantische „Blitzkarriere“ hingelegt. Sie ist 2019 in die Gemeinde eingetreten und hat sich taufen lassen. Und – „Das Taufwasser auf meinem Kopf war noch nicht trocken“ – wurde sofort in das Presbyterium gewählt. Das Brautpaar stammt aus interreligiösen Familien. Die Mütter sind evangelisch, die Väter Muslime. „Sufist“, wie Dianas Vater mit Nachdruck betont. Diana gefällt das Informelle an ihrer Popup-Hochzeit. „Keine Gästeliste, keiner ist beleidigt, weil er vergessen wurde.“ Und: „Das Ganze ist auch nicht so teuer.“

„Wir feiern die Vielfalt“

Interreligiös, interkulturuell, queer: „Wir feiern die Vielfalt“, sagte Pfarrer Torsten Krall, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch, einer der Initiatoren der Veranstaltung. „Alle Altersgruppen sind vertreten.“ Alle Menschen in aller Vielfalt der Lebensformen und Konstellationen, egal ob hetero oder gleichgeschlechtlich, frisch verliebt oder schon seit 30 Jahren zusammen: Jedes Paar, das seine Partnerschaft unter den Segen Gottes stellen wolle, sei willkommen. „Es gibt ein riesiges Bedürfnis nach Segen“, sagte der Pfarrer und Projektleiter Sebastian Baer-Henney. Dies gelte häufig auch für Menschen, die Schwierigkeiten mit der Institution Kirche hätten. Eingeladen hatte der Evangelische Kirchenverband Köln und Region. Finanzielle Unterstützung kam von der Landeskirche.

30 Segnende, Pfarrerinnen und Pfarrer sowie Prädikanten und Prädikantinnen waren jeweils für eine Stunde im Einsatz. Die unterschiedlichsten Menschen wurden durch die ansprechende Werbung und unkomplizierte Teilnahme zu ihrer Hochzeit gelockt. Die Paare konnten unter fünf Orten wählen. Die Kirche war einer davon, unter dem Baum vor der Kirche ein anderer. Auch im nahe gelegenen Stadtgarten wurde unter einer sehr alten Platana gesegnet. Ein Geiger spielte, wenn gewünscht, Live-Musik. Ein Profi-Foto war natürlich auch kein Problem. Kaffee und Lütticher Waffeln wurden vor Ort zubereitet. Und wer Lust auf eine kleine Spritztour durch das Viertel hatte, ließ sich in einer Fahrrad-Rikscha oder einem schwarzen Mercedes aus der Adenauer-Ära chauffieren.

„Lasst uns nicht lieben mit Worten, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit“

Einen Hochzeitsspruch konnte man sich am Info-Stand auch aussuchen. Der 1. Korintherbrief erfuhr viel Zuspruch. Als eindeutiger Favorit entpuppte sich aber der Satz „Lasst uns nicht lieben mit Worten, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit“ aus 1. Johannes, 3,18. Den Satz hatten auch Anna und Tobias ausgesucht. Nicht zuletzt, weil er die Grundsätze ihrer Beziehung in Worte fasst: „Wir sagen eigentlich nie ,Ich liebe dich'“, erzählte Anna. „Liebe ist für uns ein Schoko-Croissant auf dem Frühstückstisch und wenn ich ihn beim Joggen auf dem Fahrrad begleite.“ Anna und Tobias hatten sich den Turm der Christuskirche als Ort der Segnung ausgesucht. Hoch über den Dächern von Köln überreichte ihnen Selma Thiesbonenkamp, Pfarrerin aus Köln-Kalk, nach einem kurzen Gebet drei Schnüre, die sie zusammenflochten als Zeichen beider Leben und ihrer Liebe.

Thiesbonenkamp war begeistert von der Popup-Idee, die zum ersten Mal in Köln stattfindet und in Deutschland bisher nur in Berlin umgesetzt wurde. „Die Kirche zeigt sich von ihrer offenen Seite. Es gibt heute hier so vielfältige Möglichkeiten, sich den Segen Gottes abzuholen.“ Anna und Tobias wurden von zahlreichen Freunden auf den Kirchturm begleitet, die nach der Segnung in lautstarken Jubel ausbrachen. Anna hatte jüngst in einem sozialen Medium von der Popup-Hochzeit gelesen und das Paar spontan angemeldet. „Sie ist ein bisschen positiv verrückt“, merkte eine Freundin an. „Die beiden haben 2022 standesamtlich geheiratet. An einem 1. April.“ „Nach Corona war der Andrang so groß, dass nur noch am 1. April Termine frei waren“, erklärte Anna.

„Die Paare genießen diese Atmosphäre“

Baer-Henney erzählte zufrieden: „Es wird viel gelacht, und es werden kräftig Freudentränen verdrückt.“ Pfarrer Thomas vom Scheidt hat gerade ein älteres Ehepaar gesegnet, das sich spontan dazu entschlossen hatte. „Sie waren sehr berührt von der besonderen Atmosphäre hier vor der Kirche“, berichtete er. „Die Paare genießen diese Atmosphäre. Alles ist freier und trotzdem sehr verbindlich. Die Menschen sind berührt und ich bin es auch.“

Bis 21 Uhr abends wurde gesegnet und gefeiert – und Superintendent Krall zieht ein durch und durch positives Fazit: „Ich freue mich sehr, dass dieses Angebot von so vielen Menschen wahrgenommen wurde. Es ist unsere zweite Veranstaltung in diesem Rahmen nach dem Tauffest im vergangenen Jahr.“ Eine Wiederholung ist für Krall mehr als denkbar.

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Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann/Andy Ebels