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In einem Erntedankgottesdienst in der Stadtkirche Chorweiler wurde Pfarrer Wilfried Seeger von seinen Pflichten entbunden.

 „Ich habe Hoffnung gepflanzt“: Wilfried Seeger in der Stadtkirche Chorweiler entpflichtet

Könnte es einen passenderen Tag geben als den Erntedanktag, um sich von seinen Pflichten als Pfarrer entbinden zu lassen? Pfarrer Wilfried Seeger, seit 1990 Pfarrer im Bereich der heutigen Hoffnungsgemeinde im Kölner Norden (zunächst in Heimersdorf, dann in Chorweiler), konnte in der Stadtkirche Chorweiler dankbar auf 33 erfüllte Dienstjahre zurückblicken. „Als Ernte sehe ich die Menschen, die mich reich machen, deren Geschichte ich kenne. Ernte besteht im Miteinander und in der Hoffnung. Ernte ist der Weg, den wir mit der Gemeinde gegangen sind“, resümierte er sein jahrzehntelanges Wirken.

„Danken ist ein Geschenk“, erklärte Seeger bei der Begrüßung. „Danken weitet die Seele und stimmt uns festlich.“ Dankbar war der musikaffine Seelsorger auch für ein ganz besonderes Abschiedsgeschenk: die musikalische Gestaltung des Gottesdienstes durch die „Unlimited Voice Company“ unter der Leitung von Gerald Meier.

Der Lesungstext, das „Erntedank-Evangelium“ vom reichen Kornbauern (Lukas 12, 13-21), war auch Grundlage der Predigt, in der Wilhelm Seeger seine Begabung bewies, das Evangelium lebendig im Alltag zu verorten „Inspiriert vom Leben“ nahm er seine Zuhörerenden mit in die Filiale eines großen schwedischen Möbelhändlers, der seine Kunden und Kundinnen regelmäßig vor die Frage stellt: „Wohnst Du noch oder lebst Du schon?“ Eine Frage nach dem Wesentlichen, aber auch ein Symptom produktiver Unzufriedenheit. „Was dem so reichen Kornbauern fehlt, ist Danken. Ihm fehlt Erntedank!“, diagnostizierte Seeger und erinnerte an den engen Zusammenhang zwischen Dankbarkeit und Hoffnung. „Wir dürfen hoffen auf Gott, der uns reich macht“, betonte er.

Vielleicht gebe es im Augenblick keine wichtigere Botschaft als jene Mischung aus Zuversicht und Dankbarkeit, die im Erntedankfest zum Ausdruck kommt und die so gar nicht zu der verunsicherten, zwischen Aktivismus und Resignation schwankenden Grundstimmung unserer Gegenwart zu passen scheint. „Erntedank hält dagegen. Erntedank stört!“, stellte Seeger fest und gab den Gottesdienstbesucher*innen die Frage mit auf den Weg: „Was kann ich auf den Gabentisch legen?“

„Ich bin immer wieder versorgt worden.“

In der Rückschau auf die vergangenen 33 Jahre bekannte Wilfried Seeger: „Ich bin immer wieder versorgt worden.“ Und das war durchaus (auch) kulinarisch gemeint.

Wilfried Seeger lag die generationenverbindende Arbeit besonders am Herzen, Gottesdienste und Themennachmittage, die Alt und Jung miteinander ins Gespräch brachten. Im Gedächtnis bleiben werden ihm auch der emotionale Abschied vom Gemeindezentrum Heimersdorf und die Vorbereitung der Fusion. Bleiben werde die befreiende Erfahrung, „Dinge lassen zu können“.

Als Pfarrer, der sich selbst auch ein wenig als „Trainer“ versteht und der es liebt, Menschen etwas zuzutrauen und sie an ihren Aufgaben wachsen zu sehen, wundert es nicht, dass Wilfried Seeger statt Geschenken um Spenden für das Panorama-Projekt in Chorweiler bat, das Kindern durch das Erlernen eines Musikinstrumentes zu mehr Selbstwertgefühl verhelfen und Perspektiven eröffnen soll.

Kreissuperintendent Markus Zimmermann, der die Entpflichtung vornahm, beschrieb Wilfried Seeger als einen „vielseitig begabten Menschen“. Er habe ihn „nicht nur als einen klugen und reflektierten Theologen, sondern auch als einen zuhörenden Seelsorger und einen empathischen Menschen kennengelernt.“ Wilfried Seeger sei ein „Kollege, der sich nicht in den Vordergrund drängt.“ Außerdem sei Seeger, der Klavier und Orgel spielt, ein „begnadeter Musiker“.

Er sei „im besten Sinne ein Hoffnungsgeber“. Während des Entwidmungsgottesdienstes in Heimersdorf habe er sich als „vermittelnder Mensch“ gezeigt, der „nach vorne denkt“.

In Anschluss an den Gottesdienst, der bereits an herbstlich dekorierten Tischreihen gefeiert wurde, waren alle Besucher*innen zu einem Empfang mit gemeinsamem Essen eingeladen. So wurde die Entpflichtung zu jenem „Fest für Leib und Seele“, das sich Wilfried Seeger im Vorfeld gewünscht hatte.

Text: Priska Mielke
Foto(s): Priska Mielke