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Die Liturgie des Entwidmungsgottesdienstes leitete u.a. Pfarrerin Grit de Boer aus Niehl.

„Es gibt ein Gestern, ein Heute und ein Morgen. Aber Gott ist immer der Gleiche.“ – Niehler Gemeinde nimmt Abschied von der Petrikirche

Eine Mischung aus Wehmut und Aufbruchstimmung lag in der Luft, als das für letzte Lied in der Petrikirche erklang. „Vertraut den neuen Wegen“ sang die Gemeinde. Die führen ab jetzt in die Stephanuskirche an der Brehmstraße in Riehl.  Susanne Beuth, Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Mitte, war nach Niehl gekommen, um die Petrikirche während eines Gottesdienstes zu entwidmen. Die evangelischen Kirchengemeinden Niehl und Riehl haben im Sommer 2019 einen Kooperationsvertrag unterschrieben und am 1. Januar die Fusion vollzogen.

Die Liturgie des Entwidmungsgottesdienstes leiteten Pfarrerin Grit de Boer aus Niehl und Pfarrer Uwe Rescheleit aus Riehl. „Wir nehmen Abschied von diesem Gebäude. Aber nicht von dem Fundament, das hier für viele gelegt wurde. Der Entwidmungsgottesdienst ist nur ein vorläufiger Schlusspunkt“, sagte de Boer bei der Begrüßung der Gäste in der bis auf den letzten Platz besetzten Kirche. Wer pünktlich gekommen war, musste stehen.

Uwe Rescheleit hielt die Predigt. „Es gibt ein Gestern, ein Heute und ein Morgen. Aber Gott ist immer der Gleiche.“ Die Petrikirche sei immer ein herausgehobener Ort gewesen. Nicht zuletzt wegen des markanten Turms. „Kommst du mit in die Kirche?“ Dieser Satz sei in Niehl oft zu hören gewesen. „Zu Hause, auf dem Markt, beim kleinen Rewe.“ Man könne hingehen, alleine oder zusammen. Und viele hätten eine Beziehungsgeschichte zu dem Ort. Für manche sei durch Kasualien die Petrikirche zu „ihrer“ Kirche geworden. Das halte Erinnerungen wach. „Die Petrikirche repräsentierte von Beginn an die Möglichkeit, Gott zu begegnen“, sagte Rescheleit. „Mit Tönen und Worten hat sie unser Herz erreicht.“ Die Petrikirche habe eine innere Dynamik, biete viel Lebenskraft. Diese Kraft gewinne sie durch die Menschen, die sie besuchten. „Wenn es Gründe gibt, die Kirche aufzugeben, macht das ja was mit den Menschen.“ Man werde später herausgehen, leiser aber bestimmt nicht geräuschlos.

Der Auftrag zur Gemeinschaft, zu gegenseitiger Solidarität und Stärkung

Der Ort sei viel mehr als ein Felsen, wie es in dessen Namen angelegt sei. Rescheleit bezog sich auf die Bibelgeschichte, in der Moses sein Volk vor dem Verdursten rettet, indem er mit einem Holzstab auf einen Felsen schlägt und in der Folge Wasser heraussprudelt. „Gottes Rettung von Leben aus der Bedrängnis der Not liegt in der Chance auf Wasser. Er will die Menschen mit Hoffnung fluten.“ Rescheleit zitierte Paulus: „Ihr seid der Tempel Gottes, das seid ihr.“ Der Riehler Pfarrer fuhr fort: „Wir brauchen ein Haus. Gott braucht uns als Steine, die die Kirche zusammenhalten.“

Der Abschied von der Petrikirche sei eine unmittelbare Folge der Kirchenaustritte. Aber das Volk Gottes sei immer ein wanderndes Volk auf Erden. Und ein ausgesandtes. „Jetzt braucht es Leute, die sich trauen, nach dem Weg zu fragen.“ Es gebe den Auftrag zur Gemeinschaft, zu gegenseitiger Solidarität und Stärkung. „Das alles haben Menschen in dieser Kirche erlebt.“ Wenn sich eine Tür schließe, öffne sich eine andere. „Wir verabschieden uns ja nicht von den Menschen. Leben heißt immer leben mit Kurskorrekturen. Wir stellen die Petrikirche jetzt außer Dienst mit Dank für die vergangenen Jahre. Und mit Demut. Denn wir können nichts festhalten.“ Ein Foto von einem Ehrenamtsfest, das unter dem Motto „Behütet“ gestanden hat, wird in der Stephanuskirche aufgehängt. „Ich habe große Hoffnung“, so Rescheleit, „Dass wir als fusionierte Gemeinde gut zusammenwachsen. Wir alle sind Schwestern und Brüder des einen Herrn.“

Superintendentin Beuth oblag es dann, die Kirche offiziell zu entwidmen. Sie verabschiedete sich stellvertretend für die Gemeinde vom Taufbecken. „Doch auch künftig werden Menschen in dieser Gemeinde getauft.“  Das Kreuz wurde von der Wand genommen und aus der Kirche getragen, begleitet von den Worten: “Christus sei bei uns, begleite uns auf unserem Weg.“ Dann wurde die Bibel zugeklappt, die auf der Kanzel lag. „Bleibe bei uns Gott mit deinem Wort. Begleite uns auf unserem Weg.“ Auch vom Altar und von den Abendmahlskelchen verabschiedete sich die Gemeinde. Susanne Beuth blies die Osterkerze aus. „Die leuchtet als das Licht der Auferstehung. Und sie wird weiter leuchten. Wir nehmen sie mit auf unseren Weg.“ Dann zum Abschluss: „Von nun an ist die Kirche nicht mehr Gottesdiensten gewidmet. Sie ist nun ein Ort für andere Funktionen. Gott segne die Menschen, die diesen Ort zukünftig nutzen. Das Fundament reicht weiter.“

Die Petrikirche wird niedergelegt wegen der maroden Bausubstanz und wegen des Rückgangs der Zahl der Kirchenmitglieder. Aber es geht weiter auf dem Gemeindegrundstück. Das Architektur-Büro Lepel & Lepel plant dort den Neubau eines Gebäudes mit gemeindeeigenen öffentlich geförderten Wohnungen und Gemeinderäumen im Erdgeschoss, die zu unterschiedlichen Zwecken genutzt werden können. Der Neubau wird, anders als die Petrikirche, näher an die Schlenderhaner Straße rücken. Die Architekten sprechen von einer „neuen, wahrnehmbaren Adresse“. Im Erdgeschoss sind die Gemeinderäume angesiedelt. Darüber entstehen auf drei Etagen die Wohnungen. Alle Wohnungen sind barrierefrei und verfügen über Loggien oder Dachterrassen.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann