Die Aktivisten der Bewegung „Fridays for Future“ rufen heute zum globalen Streiktag auf. Trockenheit, Borkenkäferbefall, Buchen- und Lärchensterben: Auch Thorsten Wemmers erlebt die Bedrohung der Schöpfung täglich. Er ist Landwirt in Velbert und Vater von drei Kindern. Wemmers war einer der Beteiligten beim Gottesdienst zum ersten „Ökumenischen Schöpfungstag“ in St. Maria im Kapitol. Die liturgische Leitung hatten Oberkirchenrätin Dr. Wibke Janssen, Leiterin der Abteilung Theologie und Ökumene im Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche im Rheinland, und der katholische Weihbischof in Köln, Rolf Steinhäuser.
Der Tag sei Teil einer „Schöpfungszeit“, die vom ersten Freitag im September bis zum 4. Oktober, dem Patronatstag des heiligen Franziskus, andauere, sagte Steinhäuser zur Begrüßung im Innenhof von St. Maria im Kapitol. Die Initiative „Schöpfungszeit“ geht auf den Ökumenischen Patriarchen Dimitrios I. zurück. Dieser hatte 1989 zu einem Tag des Gebets für die Schöpfung am 1. September aufgerufen. Später wurde diese Zeit ausgeweitet und offiziell von der dritten Europäischen Ökumenischen Versammlung der Kirchen 2007 als Schöpfungszeit ausgerufen.
Naturschutz und Schöpfungsverantwortung
Seitdem initiieren Gemeinden weltweit jedes Jahr vom 1. September bis zum 4. Oktober rund um das Thema Naturschutz und Schöpfungsverantwortung. Eingeladen zu dem „Schöpfungstag“ hatten das Erzbistum Köln und die Evangelische Kirche im Rheinland sowie weitere Partner im ökumenischen und interreligiösen Dialog.
Aus dem Innenhof von St. Maria im Kapitol zogen die Teilnehmenden in einem Prozessionszug in die Kirche. Landwirt Wemmers hielt dort ein leidenschaftliches Plädoyer für den verantwortungsvollen Umgang mit der Schöpfung. „Wir Landwirte müssen mit den exponentiellen Folgen des Klimawandels klarkommen. Wir haben in den vergangenen fünf Jahren extreme Trockenheit erlebt und mussten ständig die Felder wässern. Wir haben einen Tiefenbrunnen, dessen Wassersäule um sieben Meter gesunken ist, weil der Druck des Grundwassers gefehlt hat, der das Wasser im Brunnen nach oben hebt.“
Bei der Trockenheit hätten die Borkenkäfer bei den Fichten leichtes Spiel gehabt. „Die sind längst tot. Jetzt beginnt das Buchensterben.“ Auch die Lärchen seien akut bedroht. „Die verspeisen die Borkenkäfer jetzt als Nachtisch.“ Das Jahr 2023 sei aus Sicht der Landwirte geprägt von einem nassen Winter und einem kühlen und nassen Frühjahr. Dann sei es sehr heiß geworden und die frühe Ernte sei der einsetzenden Nässe zum Opfer gefallen. „Das Getreide hatte in vielen Fällen höchstens Futterqualität, ging in Biogas-Anlagen oder blieb einfach auf dem Feld stehen und wurde nur gedroschen, um die Fläche abzuräumen.“ In diesen Jahren werde über den Wandel der Zukunft entschieden. Wemmers zitierte Sartre: „Vielleicht gibt es schlimme Zeiten. Aber diese sind unsere Zeiten.“
„Jeder kann etwas beitragen zur Rettung der Schöpfung“
Als Bauer sei er eingebunden in die Schöpfung, fuhr Wemmers fort. Und fasziniert von den Wundern des Lebens. „Wenn eine Buchecker zu Boden fällt, explodiert das Leben. Bei der Geburt meiner Kinder habe ich konkret die Liebe Gottes erfahren.“ Alle Menschen seien untrennbar miteinander verbunden. „Jeder kann etwas beitragen zur Rettung der Schöpfung. In der ist nämlich noch alles vorhanden, was seit ihrem Ursprung da ist.“
Lea Kröll von der Evangelischen Studierendengemeinde Köln bekannte, dass sie oft hadere. „Ich schalte mein Handy aus, weil mich die schlechten Nachrichten überfordern. Immer öfter höre ich von Problemen, für die es keine Lösung gibt oder zu wenig Zeit zur Verfügung steht, um sie zu lösen. Die Weltbevölkerung wächst, und ich fühle mich zunehmend einsam.“ Es gelte zusammenzuhalten, um etwas zu ändern. Als Physik-Studentin möchte sie die Welt verstehen, sagte die 18-jährige Lea Kröll. Aber sie sei eben nur ein winziger Punkt auf dem Planeten, der wiederum nur ein winziger Punkt im Universum sei. „Was kann ich bewirken? Das Vertrauen, richtig zu sein, gibt mir der Glaube. Wir dürfen nicht stehen bleiben. Wir müssen zusammenarbeiten, um Lösungen zu finden. Dies ist unsere Zeit. Und ich glaube daran, dass am Ende alles gut wird.“
Oberkirchenrätin Dr. Wibke Janssen bezog sich auch auf das Wunder der Schöpfung: „Hammerhaie, Seeotter, Lupinen, Dill, Hafer und Brombeeren: Schöpfung ist Fülle. Und noch immer entdecken wir neue Spezien. Die Schöpfung ist Fülle.“ Aber unendlich sei sie nicht. Vor kurzem habe sie in einer Mail aus Tansania gelesen, dass die Kaffee-Ernte dort ausfalle. Ein Viertel aller Tierarten sei in ihrer Existenz bedroht. Fülle sei nicht gleichbedeutend mit Überfluss. Fülle bedeute, sich aus der Schöpfung zu ernähren, sich zu kleiden und zu schützen. In Hülle und Fülle. „Gott die Unendliche hat die Hülle erschaffen, in der sich die Schöpfung entfaltet. Die Fülle müssen wir im Sinne von versorgt sein verstehen. Die Schöpfung steht in Gottes hüllenden Händen.“ Leben in Fülle sei das Gespräch mit Gott, um die wirklich wichtigen Themen zu erspüren.
Nach einigen weiteren Impulsen von Vertreterinnen und Vertretern anderer Religionen traf man sich zum Austausch wiederum im Innenhof. Unter anderem diskutierten Superintendentin Susanne Beuth und die Superintendenten Bernhard Seiger und Torsten Krall an etlichen Informationsständen.
Foto(s): Stefan Rahmann