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Pfarrerin Erika Juckel.

Gemeinde Volberg-Forsbach-Rösrath: Pfarrerin Erika Juckel geht in den Ruhestand

Am 31. Juli endet nach 29 Jahren der Dienst von Pfarrerin Erika Juckel in der Forsbacher Christuskirche. Mit einem von verschiedenen Chören und der Kantorei mitgestalteten Festgottesdienst, zahlreichen Grußworten sowie einem unterhaltsamen Bühnenprogramm nahm die Gemeinde Abschied von der gebürtigen Hückeswagerin.

Freie Stühle gab es ohnehin nicht mehr, und selbst auf den Stehplätzen musste trotz schweißtreibender Temperaturen zusammengerückt werden, als die Kirchenglocke den Beginn des Abschiedsgottesdienstes von Pfarrerin Erika Juckel verkündete. Gemeinsam mit Superintendent Torsten Krall, ihren Gemeindepfarrern Armin Kopper und Thomas Rusch sowie weiteren Kollegen anderer benachbarter Gemeinden zog sie zur Musik von Carsten Klomp „Jauchzet dem Herrn, alle Welt“ zu ihrem vorgesehenen Platz. „Heute verabschieden wir unsere Pfarrerin in den Ruhestand beziehungsweise Unruhestand, denn von einem Tag auf den anderen von 100 auf null herunterfahren, das wird sie bestimmt nicht. Schon allein wegen der Arbeitsfelder, in denen sie sich weiterhin ehrenamtlich engagieren wird“, sagt Kopper einleitend.

Die Gemeinde sei ihr unheimlich ans Herz gewachsen, verrät die 65-Jährige im Gespräch, und, auch wenn sie diese Floskel nicht mag, gehe sie daher mit einem lachenden und einem weinenden Auge. „Da meine Stelle aus finanziellen Gründen nicht neu besetzt wird, weiß ich, dass die vielfältigen Aufgabenbereiche von Haupt-, aber auch Ehrenamtlern gewuppt werden müssen. Ich hoffe sehr, dass die Gemeinde hierfür Verständnis hat und versteht, dass aufgrund der neuen Situation bisweilen nicht alles geschafft werden kann.“

Individueller konsequenter Weg

Ihr beruflicher Weg mag für manchen Betrachter ungewöhnlich erscheinen, „aber für mich war es ein gerader, konsequenter Weg. Es war mein Weg“, blickt Erika Juckel gerne zurück. Nach dem Abitur und einem freiwilligen sozialen Jahr im Sonderkindergarten der Lebenshilfe Wermelskirchen zog die in dieser Stadt Aufgewachsene nach Düsseldorf, um an der Fachschule für Sozialpädagogik eine Erzieherin-Ausbildung zu starten. Das Anerkennungsjahr absolvierte sie auf dem „Benninghof“, einem Heim für geistig Behinderte in Mettmann, wo sie anschließend noch vier Jahre blieb, bevor sie sich zur Fachlehrerin an Sonderschulen für geistig Behinderte ausbilden ließ.

Auch in Forsbach sollte die Seelsorge an Menschen mit Behinderungen aus Lebenshilfe-Wohnhäusern und des AWO-Sommerbergs zu einem ihrer Arbeitsschwerpunkte werden. „Von meinen Eltern hatte ich gelernt, einen eigenen Blick für Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit zu entwickeln, und ich fand schon als Kind Hänseleien gegenüber Benachteiligten schlimm. Als Jugendliche hatte ich dann in einem Jugendclub für Menschen mit und ohne Behinderung mitgewirkt. Es gehört irgendwie zu mir, mich für Menschen einzusetzen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Ich will mit ihnen auf Augenhöhe kommunizieren und nicht über ihnen stehen.“

Schöpfen aus den Schalen des Lebens

Als Erika Juckel letztmals die Empore für ihre Predigt bestieg, überkam sie angesichts der proppenvollen Kirche ein Gefühl der Glückseligkeit. „Ich bin überwältigt, dass ihr alle an diesem Tag hier seid, wo sich für mich ein Kreis schließt.“ Ausgehend vom ersten Halbvers 10 des Psalms 36 („Gott ist die Quelle des Lebens“), stellte sie den Satz „Jeden Tag soll die Schale des Lebens aufgehalten werden, um aufzunehmen, zu tragen und weiter zu geben“ eines schwedischen Friedensnobelpreisträgers hinzu. „Auch ich habe immer wieder aus dieser Quelle schöpfen dürfen, und ich habe geschaut, was ich in meiner Schale des Lebens aufnehmen konnte. Mich erfüllt es mit Dankbarkeit, was ich alles empfangen habe“, führte die Pfarrerin aus und nannte explizit Liebe und Glaube, Akzeptanz und Zuspruch wie auch Gemeinschaft und Segen.

Immer wieder habe sie sich die Frage nach dem Zusammenhang von Glaube und Leben gestellt. Und so war es für Erika Juckel nicht sonderbar, nach ihren Ausbildungen ein Studium der Evangelischen Theologie in Wuppertal und Bochum zu beginnen sowie ein Vikariat in Ratingen zu absolvieren. Als sie von ihrer besten Freundin, die Juckels Cousin geheiratet hatte, erfuhr, dass in Rösrath und Umgebung einige Wohnhäuser für Menschen mit geistiger Behinderung existieren, schrieb sie ans Landeskirchenamt. Ihre Bitte: für eine Hilfsdienststelle im Wermelskirchener Umkreis von 50 Kilometer berücksichtigt zu werden – schon mit Rösrath im Visier. Schließlich wurde ihr Traum wahr und sie wurde 1994 beim Erntedankfest der Gemeinde vorgestellt. Nach Tätigkeiten im Hilfsdienst und später im Sonderdienst in Rösrath wechselte sie im Sommer 1999 schließlich als Pfarrerin in den Gemeindebezirk Forsbach.

Tränen und stehende Ovationen

Im Rahmen der offiziellen Entpflichtung fand Superintendent Torsten Krall herzliche Dankesworte für die scheidende Pfarrerin. „Du hattest die besondere Gabe, in einem anderen Menschen etwas zu entdecken und dies zu fördern sowie ihn in Bewegung zu setzen und ihm zu sagen: Ich glaube, das kannst du. Davon können viele hier berichten, dass du ein besonderer Mensch bist. Und weil wir das jetzt nicht alle erzählen können, möchte ich diesen Dank in einen herzlichen Applaus umwandeln“, gab Krall das Startzeichen für minutenlange stehende Ovationen der Versammelten, die die Geehrte sichtlich bewegten. Er appellierte aber auch an die Gemeinde: „Erika Juckels Lücke wird sich füllen mit Menschen, die ihre Gaben einbringen. Setzt auch ihr daher eure Gaben ein, übernehmt Verantwortung und fördert euch gegenseitig.“

Nach der offiziellen Entpflichtung fiel es auch manchem Kollegen schwer, Emotionen beim vorbereiteten Votum zu unterdrücken, die in erster Linie jedoch von großer Dankbarkeit für den gemeinsam beschrittenen Weg geprägt waren.

Der Blick nach vorne

Erika Juckel freut sich nun, mehr Zeit mit ihren Liebsten aus der Familie, Verwandtschaft und dem Freundeskreis verbringen zu können. „Vielleicht werde ich auch in einem Tierheim aushelfen und die dortigen Mitarbeiter unterstützen, indem ich etwa die Käfige reinige. Mehr Gartenarbeit habe ich mir auch vorgenommen, und einen Englisch-Kurs könnte ich besuchen. Mal schauen.“ Vermissen werde sie jedoch die Gestaltung und Leitung der Gottesdienste. „Diese waren für mich immer meine persönliche ´Tankstelle´, an der ich auftanken und neue Kraft für meine Tätigkeit schöpfen konnte.“

Text: Holger Hoeck
Foto(s): Holger Hoeck