Weit geöffnete Türen und Fenster und rund 50 einzelne Stühle in eineinhalb Metern Abstand: Seit Montag ist die Antoniterkirche in der Kölner City wieder ein offener Raum für Ruhesuchende und Betende. „Zu Gottesdiensten, Konzerten oder anderen Veranstaltungen dürfen wir bis auf Weiteres noch nicht einladen“, bedauert Pfarrer Markus Herzberg, „aber wir können mit dem Kirchenraum wieder einen ruhigen Rückzugsort bieten – einen Ort der Stille und zum Gebet.“ Bei aller Unsicherheit finden sich auch schöne Dinge in der Krise. „Und die sollten wir uns heraussuchen!“
Die Ruhe im Sturm
Noch in der Nacht wurden die gewohnten Bankreihen der „Schildergassen-Kirche“ auseinandergeschraubt und ihre Sitzflächen entfernt, bis nur Stühle übrig blieben. Was karg wirken müsste, hat durchaus seinen Charme. „Polsterfrei und weit auseinander schwankt die Atmosphäre für mich zwischen Beklommenheit und Kunst“, beschreibt Herzberg den Innenraum seiner Kirche amüsiert-erstaunt. Tatsächlich wirkt die Aufstellung wie der Auftakt zu einer Lesung oder einem klassischen Konzert. Und von jedem Platz aus ist der Altar zu sehen. Sobald den Kirchen die Erlaubnis erteilt wird, wieder gemeinsame Gottesdienste zu feiern, könnte diese Anordnung als Vorsichtsmaßnahme beibehalten werden.
„Unserer Sorgfaltspflicht möchten wir jetzt und natürlich auch dann so gut wie irgend möglich wahrnehmen“, betont Pfarrer Herzberg. „Das tun wir unsere Gäste betreffend, aber auch unseren Ehrenamtlichen gegenüber, die zum einen hinter Plexiglaswänden vor zu engem Kontakt mit Besuchern geschützt werden. Zum anderen bitten wir sie, auch an warmen Tagen Mäntel dabei zu haben, denn wir sorgen konsequent für Durchzug vom Eingangsbereich bis zum Altar.“
Unerwartet viel gelernt
Vier Wochen lang war die AntoniterCityKirche entsprechend der landesrechtlichen Bestimmungen komplett geschlossen, ohne Ausnahmen. Auch die für Ostern geplante Eröffnung des neuen Citykirchenzentrums musste verschoben werden. Ob ab Anfang Mai wieder öffentliche Gottesdienste unter Einhaltung der Hygieneregeln möglich sind, ist noch ungewiss. Und selbst wenn, sind viele Fragen offen – gerade Gemeindemitglieder haben reichlich davon und richten sie auch an Markus Herzberg. „Ich bekomme viele E-Mails und Anrufe, in denen ich gefragt werde, ob wir beispielsweise zusammen Abendmahl halten oder singen dürfen“, erzählt er. Beantworten kann er sie noch nicht.
„Wird das hier so bleiben?“ und „wie lange wird es so bleiben?“ sind für ihn die zentralen Fragen, die auch über die Gestaltungsmöglichkeiten des Gemeindelebens in absehbarer Zukunft entscheiden. Aktuell werden Gottesdienste und musikalische Angebote online gestellt oder in Echtzeit „gestreamt“ – Optionen, die viele Gemeinden nutzen, um weiterhin möglichst nah bei ihren Gemeindegliedern sein zu können, solange sie eben nicht bei ihnen sein können.
Das Schöne im Schwierigen
„Niemand von uns war auf so eine Situation eingestellt und auch kaum jemand war technisch und organisatorisch dafür aufgestellt“, fasst Pfarrer Markus Herzberg seine Eindrücke der vergangenen Wochen mit Covid-19 zusammen. Über Anfangshürden stolperte er deshalb ebenso wie die meisten anderen und musste sich zwangsläufig in kurzer Zeit einiges an Knowhow aneignen, um geeignete Kommunikationswege nach außen zu finden.
Was im Anschluss an diese weltweite Krise bleiben wird und was wir alle an positiven Dingen daraus mitnehmen können, wird sich zeigen. „Im Moment hoffen wir, dass unsere 10-Minuten-Andachten ab dem 4. Mai wieder möglich sind“, sagt Herzberg. In jedem Fall möchte er weiterhin diejenigen erreichen, die bisher vielleicht nicht in den regulären Gottesdiensten dabei waren, aber jetzt über die Social-Media-Kanäle und die Antoniter-Website anknüpfen: „Ich möchte nicht zwischen den Einen und den Anderen wählen – ich bin Pfarrer für alle in meiner Gemeinde. Es gilt auch weiterhin, die guten Dinge in der Krise zu erkennen und sie sich herauszusuchen.“
Die AntoniterCityKirche in der Schildergasse ist geöffnet:
Montag bis Freitag von 11 bis 19 Uhr
Samstag und Sonntag von 11 bis 15 Uhr.
Foto(s): Claudia Keller