Angesichts des Kriegs in Israel und im Gazastreifen mit unzähligen Toten und Verletzten und menschlichen Leid und Elend hat der Rhein-Erft-Kreis ein öffentliches Zeichen gesetzt. Auf Initiative des Landrats Frank Rock und mit Unterstützung der Bürgermeister der zehn zum Kreis gehörenden Städte versammelten sich zahlreiche Gläubige zu einem ökumenischen Friedens-Gottesdienst in der katholischen Kirche St. Audomar.
Unter Gestaltung von Superintendent Bernhard Seiger und Kreisdechant Msgr. Achim Brennecke sowie unter Mitwirkung von Presbyter und Prädikant Wolfgang Raspe der Evangelischen Kirche in Frechen begrüßte „Gastgeber“ Pfarrer Christof Dürig die Anwesenden zu dieser besonderen Zusammenkunft und gab die Intention für die nächsten 80 Minuten vor. „Wir werden für den Frieden beten, denn zu viele unschuldige Kinder, Jugendliche, Frauen und Männer, Jüngere wie Ältere leiden in Israel unter brutaler Gewalt.“ Dürig schloss in seine Grußworte auch den griechisch-orthodoxen Erzpriester Athanasios Palaskas aus Brühl ein, der aus Termingründen indes verhindert war, und betonte: „Wir sind alle gemeinsam versammelt im Zeichen des Todes, aber auch der Hoffnung.“
Aufruf zum Zusammenhalt
Eingebettet in emotional berührende Gesangsbeiträge des Chors „Vincent´s friends“ aus Oberaußem und der Gemeinde verlas Superintendent Seiger mit Kreisdechant Brennecke die Stellungnahme des „Rates der Religionen der Stadt Köln zum Terrorangriff der Hamas auf israelische Ortschaften“, dem Seiger als Vertreter der Evangelischen Kirche angehört. Neben der Verurteilung des schrecklichen Angriffs auf die israelische Zivilbevölkerung sei es für den Rat inakzeptabel, „dass Religionen für Terror und Hass missbraucht werden. Ebenso wenig ist verhandelbar, dass die Würde eines jeden Menschen und die Achtung der Menschenrechte das oberste Gut verkörpert, das es zu verteidigen gilt. Inakzeptabel ist es auch, dass religiöse Bekenntnisse oder die Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft Gewalt und Terror legitimieren.“ Den lokalen Aufruf zum Zusammenhalt übertrug Seiger auf den Rhein-Erft-Kreis. „Wir hier in diesem Gottesdienst möchten die Bewohner des Kreises gerade in diesen schweren Tagen und Stunden dazu aufrufen, ebenfalls zusammenzuhalten.“
Friedenskerze als Zeichen der Solidarität
Als Zeichen der Solidarität wurde kurz darauf eine große Friedenskerze angezündet, deren Flamme nach der Verteilung kleinerer Friedenskerzen an die Besucher durch die Sitzreihen weitergegeben wurde. Weitere Kerzen, die mit der Weltkugel und weißer Friedenstaube sowie den Worten „Peace, Shalom, Frieden und Pax“ geschmückt waren, konnten nach dem Ende des Gottesdienstes ebenso entzündet und als Zeichen der Verbundenheit mitgenommen werden. Superintendent Bernhard Seiger wandte sich sodann mit einem kurzen Impuls an die versammelte Gemeinde und sprach von einer unruhigen und unübersichtlichen Zeit, in der die Menschen Orientierung suchen.
Bestürzt verwies er auf den Sachverhalt, „dass wir in vielen Ländern und auch bei uns in Deutschland erleben, dass es nicht nur Gleichgültigkeit und Kälte gegenüber den jüdischen Opfern gibt, sondern dass sich offener Antisemitismus Bahn bricht auf Demonstrationen und in den sozialen Netzwerken. Er zeigt sich in Schmierereien an Wänden und Parolen auf Schulhöfen. Man hat fast das Gefühl, Antisemitismus ist salonfähig geworden und nicht mehr nur ein Thema der extremen Rechte, sondern auch in Teilen des linken, des migrantischen und des kulturellen Milieus.“ Seiger rief dazu auf, wachsam zu bleiben und sich für den Dialog und die Verständigung zwischen Menschen unterschiedlicher Religionen und Herkünfte einzusetzen sowie für einen aufrechten Umgang miteinander.
Zehn Puzzlestücke ergeben einen Landkreis
Zur Verlesung der Fürbitten bat der Superintendent Vertreter der zehn Kreisstädte (Erftstadt, Brühl, Wesseling, Hürth, Kerpen, Frechen, Elsdorf, Bergheim, Pulheim und Bedburg) in den Altarbereich, die nach ihrer Bitte unter regelmäßigem Liedruf „Du sei bei uns“ der Gemeinde „ihre“ Stadt als Puzzlestück in eine Karte des Rhein-Erft-Kreises einfügten. Auch Landrat Frank Rock beteiligte sich an der Einheit demonstrierenden Aktion und bedankte sich anschließend bei allen Aktiven für die Gestaltung des Friedens-Gottesdienstes. „Es ist eine schwierige Zeit, die wir gemeinsam mit den Christen aller Religionsgemeinschaften erleben dürfen, müssen und können. Ich wünsche mir daher, dass Sie heute mit dem Gedanken hinausgehen, Frieden mit den Kerzen in Ihre Gemeinden und Städte unseres Heimatkreises zu tragen.“
Foto(s): Holger Hoeck