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Stadtsuperintendent Rolf Domning spricht vor rund 1000 Demonstranten

Stadtsuperintendent Rolf Domning fand deutliche Worte beim Bündnis gegen Antisemitismus „Köln trägt Kippa“

„Es erfüllt mich mit Zorn, dass Menschen jüdischen Glaubens hier bei uns Angst haben müssen, sich zu ihrem Jude-Sein zu bekennen“, sagte Rolf Domning, Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region gestern bei einer Demonstration auf der Kölner Domplatte und fand weitere deutliche Worte: „Dieser Juden-Hass ist 80 Jahre nach der Reichspogromnacht in Deutschland mit erschreckender Offenheit an die Oberfläche, auf die Straßen und Plätze, zurückgekehrt. Es ist unfassbar und ein Abgrund menschlicher Niedertracht, wenn jüdische Menschen mitten unter uns körperliche, aber auch verbale Gewaltattacken erfahren, wenn sie sich öffentlich zu ihrem Glauben bekennen. Das ist nicht hinnehmbar und das ist durch Strafverfolgungsbehörden in aller Konsequenz zu ahnden.“

Rund 1000 Demonstranten waren gestern auf der Domplatte zusammengekommen, um ein Zeichen gegen Antisemitismus zu setzen. Dazu aufgerufen hatte der Regisseur und Autor Gerd Buurmann und dabei gleichzeitig das Motto „Köln trägt Kippa“ ausgegeben. Mitglieder der Kölner Synagogengemeinde verteilten Kippas unter den Demonstranten im Schatten des Kölner Doms. „Die jüdische Gemeinde ist die älteste Gemeinde in Köln. Die gab es schon, da existierte nicht ein Karnevalsverein. 371 wurde sie erstmals erwähnt. Diese Gemeinde gehört zu uns und wir werden nicht zulassen, dass dieser Gemeinde irgendwas passiert“, rief Buurmann den Zuhörenden zu. Anlass für die Demonstration war die Schlägerattacke auf einen Kippa tragenden Juden in Berlin.

Domning ruft zu Solidarität auf
In seiner Rede rief Stadtsuperintendent Rolf Domning die Zivilgesellschaft zur Solidarität auf: „Es ist unsere Aufgabe, Menschen jüdischen Glaubens zur Seite zu stehen und sie nicht allein zu lassen. Es ist unsere Aufgabe als Christinnen und Christen, das Gift des Antisemitismus, gerade weil wir es aus unserer eigenen Geschichte so gut kennen, beim Namen zu nennen und dabei auch mit Selbstkritik nicht zu sparen. Die jüdische Philosophin Hannah Arendt hat im Oktober 1941 bitter gefragt: ,Gibt es für uns wirklich nur die Alternative zwischen übelwollenden Feinden und leutseligen Freunden? Gibt es für uns nirgendwo echte Verbündete…?‘ Diese Frage berührt mich zutiefst. Kann das immer noch sein? Ja. Und wir müssen uns offenbar fragen: Wann sind wir die ,leutseligen Freunde‘, die lieber wegsehen und verschwinden, wenn es ernst wird? Wann sind wir die, die offen und mutig Stellung beziehen? Nicht nur hier am Römerbogen! Wir sollten in Zukunft genauer hinsehen und nicht wegschauen.“

Der Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region regte an, die „Kölner Botschaft“, die nach den Vorfällen in der Silvesternacht 2016 verfasst wurde, zu ergänzen: „Eine Absage an jede Form offenen Antisemitismus gehört hinein. Das gehört in die DNA der ,Kölner Botschaft‘. Köln hieß einmal das ,rheinische Jerusalem‘.“

„Diesmal werden  wir nicht schweigen“
Zwei Worte wiederholte Dr. Felix Schotland von der Synagogengemeinde während seiner Ansprache immer wieder: „Es reicht!“ Es dürfe nicht sein, dass jüdische Schülerinnen und Schüler auf dem Schulhof gemobbt würden. Es dürfe auch nicht sein, dass der Brandanschlag auf die Wuppertaler Synagoge als „anti-israelisch“ bezeichnet werde. Der Anschlag sei ganz eindeutig antisemitisch. „Was hat eine Synagoge in Wuppertal mit dem Staat Israel zu tun?“ Judenfeindlichkeit sei in Deutschland unter dem Deckmantel der Israelkritik angekommen. Das werde man nicht hinnehmen: „Es reicht: Diesmal werden  wir nicht schweigen. Diesmal kämpfen wir alle gemeinsam gegen Antisemitismus und Ausgrenzung.“

Jüdinnen und Juden sind „unsere älteren Geschwister“
Bekir Alboga, Beauftragter für interreligiösen Dialog der „Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion“ (DİTİB), erklärte, der Übergriff in Berlin habe ihn erschrocken. „Antisemitismus ist absolut inakzeptabel und muss konsequent geächtet werden. Wir alle, auch die Muslime, stehen in der Pflicht, gegen Ausgrenzung aufzustehen. Unsere konfessionelle Verschiedenheit ist ein Aufruf, uns zu begegnen. Sie ist ein Aufruf zur Solidarität.“ Stadtdechant Monsignore Robert Kleine erinnerte daran, dass Papst Johannes Paul II. die Jüdinnen und Juden „unsere älteren Geschwister“ genannt habe. Kleine empfahl allen, „die von Antisemitismus reden, einen Besuch in der israelischen Gedenkstätte Yad Vashem“. Zum Eintreten gegen Antisemitismus und jegliche Form von Ausgrenzung riefen auch Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes, Bezirksbürgermeister Andreas Hupke sowie Vertreter zahlreicher im Stadtrat vertretenen Parteien auf. Nach einer guten Stunde endete die Versammlung, die ohne Zwischenfälle stattgefunden hatte. In Berlin war eine ähnliche Veranstaltung nach 15 Minuten abgebrochen worden, weil die Teilnehmenden attackiert wurden.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann