Auch beim Gottesdienst zur Entpflichtung von Wolfram Behmenburg von seiner Pfarrstelle in der Evangelischen Kirchengemeinde Weiden/Lövenich war alles anders als sonst. Keine rappelvolle Kirche, kein Händeschütteln, kein Fest und keine direkte Kommunikation mit der Gemeinde. Corona-bedingt saß diese zum größten Teil vor dem heimischen Computer und verfolgte den Gottesdienst im Livestream. In der Kirche vor Ort waren nur die direkt am Gottesdienst Beteiligten, so konnte der geforderte Mindestabstand gewahrt werden. nach 36 Jahren hat sich Wolfram Behmenburg mit dem Ablegen seines Talars im Gottesdienst als Pfarrer und von der Gemeinde verabschiedet.
Mit einem Gebet in den virtuellen Gottesdienst
Pfarrerin Monika Crohn begrüßte die Gemeinde und machte gleich auf die besondere Situation aufmerksam. „Wir hoffen, dass die Erfahrung im Livestream für alle auch eine gottesdienstliche Erfahrung wird.“ Nach der Begrüßung der Gäste begann der Gottesdienst mit einem Dankesgebet von Pfarrer im Ruhestand Thaddäus Ochs: „Danke Gott, dass wir so kommen dürfen, wie wir sind.“ Nach dem Glaubensbekenntnis war der aaronitische Segen Thema der Lesung aus dem Buch Moses 6, Kapitel 4: „Der Herr redete mit Moses. So sollen die Priester sagen, wenn sie segnen. Sie sollen meinen Namen auf die Israeliten legen.“ Genau dieses Thema griff Wolfram Behmenburg in seiner Predigt auf.
„Was soll ich predigen in Corona-Zeiten?“
Wolfram Behmenburg musste nicht lange überlegen, bis er ein passendes Thema für seine Abschiedspredigt gefunden hatte. „Was soll ich predigen in Corona Zeiten? Ich greife den Text der Lesung auf, ein passendes Thema unabhängig von Corona.“ Das Kernthema „Der Herr segne und behüte dich, der Herr gebe dir Frieden“ sei in allen Zeiten aktuell.
Wer segnet eigentlich? Der Herr habe sich in dem Text an Religionsbeamte, also die Priester gewendet. Was lernt man daraus? „Religionsbeamte sprich Pfarrer sind wichtig, kommen sogar in der Bibel vor. Aber so wichtig auch nicht, das eigentliche Subjekt ist der Herr, die Priester sind nur die Ausführenden.“ Wolfram Behmenburg stellt fest: „Heute sind hier Menschen versammelt, die 1984 auch schon hier waren als ich kam. Leider gibt es für diese Menschen heute kein besonderes Fest.“ Das minimalistische Fest sei für ihn persönlich ok, der Gemeinde werde aber etwas Schönes weggenommen: „Ein Gemeindefest zum Austausch, zur Erinnerung, Umarmungen, Leute Treffen – all das fällt weg. Dass es das nicht gibt, ist heute das eigentlich Bittere.“
Was ist der Inhalt des Segens? „Der Herr behüte dich. Es gibt jemand auf dich Acht, das wirst du da draußen brauchen. Der Herr lasse sein Angesicht über dir leuchten. Wenn es dunkel wird in deinem Leben, möge Gott das Licht in der Dunkelheit für dich sein. Der Herr sei dir gnädig. Wenn du das selber nicht kannst, lass dir Gottes gnädigen Blick auf dein eigenes Leben geben.“ Nur so könne man diese Gnade auch an andere weitergeben. „Der Herr gebe dir Frieden. Damit dieser Frieden kommen kann, gebe ich mein inneres Einverständnis.“
„Sind das zu große Worte? Das ist ja alles zu schön, um wahr zu sein.“ Es stelle sich die Frage, was dieser Segen für jeden Einzelnen bedeute, wenn er mit diesem Segen in die Woche entlassen werde? „Ich würde das gerne jeden Einzelnen fragen. Das entfällt wegen Corona. Ich erzähle von mir. Ich erzähle von dem Segen, den ich empfangen habe.“ Da findet sich an erster Stelle der Pfarrberuf. Zunächst habe er mit diesem Beruf immer wieder gefremdelt. Dann habe sich eine Tür geöffnet: Die Gründung des Kirchenkabaretts Klüngelbeutel gemeinsam mit meiner Frau Ulrike und die damit verbundene Reduzierung der Pfarrstelle auf 50 Prozent. „Das war damals nicht einfach, ich habe manchem Einiges zugemutet. Aber der schwierige Spagat hat gehalten bis heute. Dafür bin ich sehr dankbar.“
„Meine Bilanz ist von Dankbarkeit geprägt“
„Ich bin dankbar. Ich kann auf viele Erfahrungen in Gottesdiensten und mit der Gemeinde, auf viele Begegnungen und ökumenische Projekte und meine persönliche Spiritualität zurückblicken.“ Nicht zuletzt sei er auch dankbar für den materiellen Segen sowie den „Ruhestand mit coronafester Pension.“ Mit einem extra von Stephen Harrap komponierten Orgelstück „Bagatelle for Wolfram“ wird zur formellen Verabschiedung übergeleitet.
Superintendent Markus Zimmermann: „Du warst ein sehr guter Seelsorger.“
Zur offiziellen Entpflichtung von Wolfram Behmenburg ergriff Superintendent Markus Zimmermann das Wort. „Ich kenne dich lange und schätze dich sehr, du bist ein sehr gewissenhafter Mensch.“ Damit hänge auch sein anfängliches Fremdeln mit dem Pfarrerberuf zusammen. „Du hast unkonventionell auch Menschen in die Gemeinde geführt, die Störer waren. Du warst ein sehr guter Seelsorger.“ Auch das Kabarett Klüngelbeutel weiß der Superintendent zu schätzen: “Ihr habt im Kabarett immer den Nerv getroffen und niemals irgendwen verletzt, du hast uns zum Nachdenken gebracht und geerdet. Wir werden dich vermissen. Du warst ein Segen für die Gemeinde und den Kirchenkreis.“
Mit einem gemeinsamen Dankesgebet und Fürbitten für den weiteren gemeinsamen Lebensweg von Ulrike und Wolfram Behmenburg endete seine Zeit als Pfarrer auch formell. Vollzogen wurde das mit dem öffentlichen Ablegen seines Talars.
Nach dem Segen durch Pfarrerin Monika Crohn hatte Wolfram Behmenburg noch einmal das Wort: „Das letzte Wort heißt danke. Ich sage das zu ganz vielen Menschen. Ich danke besonders für diesen Gottesdienst.“
Interview
Jetzt sind Sie kein Pfarrer mehr – was fühlt man am Tag danach?
Ich war erstaunt, wie schön das trotz allem war. Vom Gefühl her war das ein sehr schöner Abschied.
Haben Sie sich eigentlich lange auf Ihren Abschied vorbereitet?
Ja, ich mache mir schon lange Gedanken. Man muss aber Beruf und Privates unterscheiden. Gestern das war mein Abschied aus dem Beruf, mein Abschied von der Gemeinde. Privat folgt jetzt etwas ganz anderes – ich ziehe mit meiner Frau nach Leipzig und möchte dort noch einmal Wurzeln schlagen. Ich mache ja seit 30 Jahren Kabarett mit meiner Frau, das soll weiter gehen, ich möchte weiter kreativ sein und Texte schreiben. Mal sehen, wie das dort alles funktioniert.
Stehen Sie weiter der Kirche zur Verfügung?
Ich werde sicher weiter als Christenmensch aktiv sein, allerdings als einfaches Gemeindemitglied. Wo und wie, das wird sich noch zeigen, die Sache als Pfarrer ist aber definitiv beendet.
Dann hat Sie der abgespeckte Abschiedsgottesdienst also nicht traurig gestimmt?
Nein ganz im Gegenteil. Ein wichtiger Teil meiner Arbeit war die Musik. Ich hatte eigentlich geplant, alle Kirchenmusiker, mit denen ich gerne gearbeitet habe, dabei zu haben. Das hat jetzt ja nur abgespeckt geklappt, es war trotzdem sehr bewegend für mich. Auch der Dialog mit der Gemeinde fiel im und nach dem Gottesdienst aus. Dafür habe ich sehr wertschätzende Post bekommen, Vieles lag heute im Briefkasten, einige haben mir das noch in die Hand gedrückt.
Foto(s): Dr. Klemens Surmann