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Pfarrer Bernhard Seiger, Ute Dorow-Müller, Alexandra Wisotzki und Malte Rachow (von links)

Das Wasser zu denen bringen, die durstig sind – Stadtsuperintendent Bernhard Seiger seit 25 Jahren Pfarrer in Bayenthal

Zehn Jahre wollte er bleiben. Mindestens. Das hat er beim Bewerbungsgespräch gesagt. Nun sind es 25 Jahre und es geht immer weiter. Mit einem Gottesdienst in der Reformationskirche feierte Stadtsuperintendent Bernhard Seiger sein Dienst-Jubiläum. Seit 25 Jahren ist er Pfarrer in der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Bayenthal. Genauer gesagt ist er sogar zwei Jahre länger tätig in der Gemeinde, die an den Rhein grenzt. Denn vor seiner Wahl zum Pfarrer war er zwei Jahre als Pastor im Hilfsdienst an der Seite von Pfarrer Siegfried Weiß tätig. 74 Bewerbungen hatte das Presbyterium zu bewerten, bevor es am 25. Januar 1996 in einem Gottesdienst Seiger zum Pfarrer wählte.

Geboren wurde Bernhard Seiger in Vorst bei Krefeld. In die Schule ging er in Leichlingen und Leverkusen. Dort entflammte seine Liebe zum ortsansässigen Fußball-Werksclub. Theologie studiert hat Seiger in Bonn, Tübingen und in den USA. Das Vikariat absolvierte er in Bad Godesberg. Er arbeitete vier Jahre lang als wissenschaftlicher Mitarbeiter am systematisch-theologischen Seminar der Bonner Universität und erlangte während seiner danach folgenden Zeit als Pastor im Hilfsdienst den Doktorgrad. Klaus von Harleßen, von 1988 bis 2020  Presbyter der Gemeinde, erinnert sich an das Auswahlverfahren: „Bei der Vorstellung vor dem Pfarrerwahlausschuss am 1. November 1995 hatte seine Frau Christine Seiger ihn einladungsgemäß begleitet, von ihrer Tätigkeit als Ernährungsberaterin bei einer Innungskrankenkasse berichtet und auf eine Nachfrage betont, dass sie selbstredend ihrem Mann zur Seite stehen wird, aber auch im Hinblick auf ihre eigene berufliche Tätigkeit nicht an dem immensen Einsatz in der Gemeinde von Frau Weiß als Pfarrfrau gemessen werden möchte. Das Gremium fand dies sehr positiv, weil erfrischend klar und überzeugend, und hat sich später in den Folgejahren sehr über ihre dann doch sehr häufige Präsenz und Mitwirkung gefreut.“

Die Ökumene war Seiger von Anfang an wichtig. Im Jahr 2000 organisierte er das erste ökumenische Gemeindefest mit den Geschwistern von St. Matthias und Maria Königin. Die gutnachbarschaftlichen Beziehungen mündeten 2013 in einem ökumenischen Partnerschaftsvertrag. Zum 100-jährigen Bestehen der Bayenthaler Gemeinde schrieb der Pfarrer eine Chronik in Buchform. Presbyter Malte Rachow erinnerte in einem Grußwort im Anschluss an den Gottesdienst an die vielfältigen praktischen Aufgaben, denen sich Seiger im Gemeindeleben gestellt hat. „Da ging es um die neue Orgel, die neue Heizung. Und jetzt wird auch noch das Dach saniert.“ Rachow bedauerte, dass es für Bayer Leverkusen wieder mal nichts werde mit der Qualifikation für die Champions League. „Das liegt aber eindeutig nur daran, dass der wichtigste Fan seit über einem Jahr nicht im Stadion war.“

Schon bald warteten weitere Aufgaben auf Seiger. Am 7. Juli 2008 wählte in die Synode des Ev. Kirchenkreises Köln-Süd zum Superintendenten. Das Amt übt er seitdem aus. Darüber hinaus wählten ihn die Verbandsvertretung der vier Kölner Kirchenkreise am 6. Juli 2019 zum Stadtsuperintendenten. Das hatte auch Einfluss auf die Gemeinde. Mittlerweile ist Seiger aufgrund seiner übergemeindlichen Aufgaben zu 100 Prozent von seinen Verpflichtungen als Gemeindepfarrer entlastet. Allerdings ist er weiter regelmäßig als Prediger in der Reformationskirche zu hören. „Er ist eigentlich nicht da und doch immer noch präsent“, beschrieb Rachow die Situation. „Da kann die Brühler Straße schon mal zum zweiten Zuhause werden“, merkte er mit einem Schmunzeln an. Seiger müsse schließlich permanent zwischen dem Haus der Evangelischen Kirche und der Superintendentur in Brühl pendeln.

Der Jubilar bedankte sich für die guten Worte und die Geschenke, die ihm die Presbyterinnen Ute Dorow-Müller und Alexandra Wisotzki überreichten. Ein Korb mit kulinarischen Köstlichkeiten und der erste Band der vielbändigen „Kölner Stadtgeschichte“: „Ich glaube, dass dieses Buch über das römische Köln nicht so leicht aufzutreiben war.“ Seiger nannte die Reformationskirche einen besonderen Raum für Köln. „Räume sind gut für unsere Seele.“ Und er bedankte sich bei André Kielbik, der als Pfarrer in der Bayenthaler Gemeinde tätig ist.

Kielbik leitete auch den Jubiläums-Gottesdienst. Er predigte über Johannes, 7. Kapitel, 37 – 39. Wasser sei ein zwiespältiges Element. Man müsse trinken, um zu leben, könne aber auch darin ertrinken. „Das Wort Gottes macht das Wasser zum lebendigen Wasser.“ Denn es gehe um mehr als das bloße Überleben. Auch in Zeiten von Corona: „Wir konnten uns mit Lebensnotwendigem versorgen. Aber es fehlte die Fülle des Lebens.“ Jesus Christus habe etwas in die Welt gebracht, „woraus wir leben können: Gnade.“ Die habe er von seinem Vater empfangen. „Jesus Christus, der den Durst zu stillen weiß, weiß auch, wie es ist, durstig zu sein.“ Wer von der Quelle gekostet habe, kann andere dorthin führen. Bernhard Seiger habe mal gesagt, es gebe nichts Schöneres als eine Predigt zu schreiben. „Das Wort der Bibel wird zum Wort Gottes, wenn andere es aus ihrem Alltag auslegen.“ Es gelte: „Wir müssen das Wasser zu denen bringen, die durstig sind, aber die Quelle aus den Augen verloren haben.“

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann