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Resolution: Unverbrüchliche Solidarität mit den Jüdinnen und Juden in Köln – Die Synode des Ev. Kirchenkreises Köln-Nord tagte in der Auferstehungskirche in Bocklemünd

In einer Resolution hat die Synode des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Nord ihre unverbrüchliche Solidarität mit den jüdischen Menschen erklärt: „Die Synode des Kirchenkreise Köln-Nord steht fest an Seite der jüdischen Gemeinden in Köln und stellt sich gegen Antisemitismus ohne Wenn und Aber. Sie verurteilt jede Form von Antisemitismus und Terror“, heißt es in dem Aufruf, dem alle Synodalen zustimmten.

Pfarrer Johannes Böttcher leitete den Gottesdienst zu Beginn der Synode

Begonnen hatte die Synode mit einem Gottesdienst in der Auferstehungskirche in Bocklemünd, der unter dem Motto „Dem Volk aufs Maul schauen“ stand. Die Predigt hielt Johannes Böttcher, Pfarrer an der Gnadenkirche in Pulheim. Er predigte über Kapitel 14 des ersten Korintherbriefes von Paulus, über die Vielzahl der Sprachen, die damals in der multikulturellen Stadt gesprochen wurden und hatte eine Zeile aus einem Lied von Tim Bendzko als Unterstützung gewählt. „Wenn Worte meine Sprache wären…“.

Nur wer sich verstehe, könne eine Gemeinde aufbauen, habe Paulus den Korinthern damals geschrieben. Verstünden die Menschen noch die Sprache der Kirche? Wer wüsste zum Beispiel mit dem Begriff „Abkündigung“ noch etwas anzufangen. Im Internet finde man die Definition „Lieferende eines Produkts“. „Die Krise der Kirche liegt auch an ihrer Sprache“, erklärte Böttcher. „Die evangelische Kirche ist die Kirche des Wortes. Im Kern haben wir nicht mehr und nicht weniger als die Sprache.“ Aber es gelte neue Worte zu finden, „um in Zukunft glaubwürdiger zu sein für uns selbst und für die anderen“. „Das wandernde Volk Gottes bricht noch einmal auf zu neuen sprachlichen Ufern mit leichtem Gepäck und leichtem Herzen. Wir dürfen auf ein neues Pfingstwunder hoffen. Es war der Heilige Geist, der die Apostel sprachfähig gemacht hat.“

Der Gottesdienst und erst recht die Predigt waren eine Steilvorlage für Philipp Gessler. Der „Zeitzeichen“-Redakteur, der auch schon für den Deutschlandfunk und die „taz“ gearbeitet hat und Mitautor des Buches „Phrase unser“, war zur Synode eingeladen worden und hielt einen Vortrag zum Thema „Dem Volk aufs Maul schauen. Evangelisch leben. Wie machen wir uns heute als Kirche verständlich?“ Er zitierte zu Beginn seiner Ausführungen Dorothee Sölle: „Evangelisch sein, heißt keinen Papst zu haben, aber ein Buch.“ Und fuhr dann mit dem Gedicht „Gib mir die gabe der tränen gottder Theologin und Poetin fort und formulierte Themen zu den Zeilen von Sölle.

Philipp Gessler hielt seinen Impulsvortrag auf der Synode

Kirchliche Sprache, hat Gessler bei seinen Recherchen für sein Buch herausgefunden, sei allzu oft eine uneigentliche aber persönliche Sprache. Weiter sei „sie immer ehrlich und steckt voller emotionaler Ich-Aussagen“. Alles sei immer „spannend, kostbar, wertvoll“. Die inflationäre Verwendung solcher starken Worte entwerte sie. Gessler nannte die Verwendung dieser Begriffe einen „Bestätigungszirkus“ im innerkirchlichen Raum. Gessler kritisierte die „Fachsprache“, die in Gottesdiensten und Predigten gesprochen werde. Niemand verstehe, was mit Gott oder Kreuz gemeint sei, „und wenn wir von Sünde sprechen, denken die Menschen an Schokolade“.

Eine schlanke, nichttheologische, alltagstaugliche Sprache sei immer möglich. „Dem Volk aufs Maul schauen ohne ihm nach dem Mund zu reden“, hält Gessler für einen Schlüssel zum Erfolg. Innerhalb der Kirche grassiere die Angst vor Austritten. „Deshalb ist die Sprache der Kirche die einer ängstlichen. Sie nimmt sich als bröckelnde Institution wahr. Niemand soll erschreckt, alle sollen mitgenommen werden.“ Die Kirche sei mit ihrer Sprache Opfer ihres eigenen Erfolgs geworden. Seit den 70er Jahren habe sich die Gesellschaft modernisiert. Der Glaube an Pädagogik und die Gestaltungskraft der Gesellschaft sei stark geworden. Die Kirchen seien auf diesen Zug aufgesprungen. „Es gab weniger Kult und mehr Einsatz für den Nächsten. Die Kirche hat den Slang jener Zeit übernommen, der heute ziemlich abgenudelt wirkt.“

Gessler übte auch Kritik an der großen Rolle, die Achtsamkeit gerade in den Gemeinden spiele. „Achtsamkeit erschwert den innerkirchlichen Dialog. Man vermeidet das klare Wort. Wie in fast allen Familien wird über manches nicht geredet. Gessler hatte Beispiele parat: „Ich kann das gut hören. Ich lege jetzt mal meins daneben.“ Die Lacher aus dem Plenum waren ihm sicher. „Wörter, die im Alltag nicht vorkommen, bedeuten nichts“, setzte der Referent seine Kritik fort. Er empfahl der Kirche mehr Vertrauen in die starken Sätze der Bibel, etwa der Propheten und in den Psalmen. Und bloß nicht der Jugendsprache hinterher zu hetzen. „In der ,Volxbibel‘ war die Szene mit Maria Magdalena und einer Gefährtin am Grab überschrieben der Zeile: Jesus: Fettes Comeback.“ Das sorgte für Heiterkeit auf der Synode. Und im Übrigen könne alles ganz einfach sein: „Segen und Handauflegen erklären sich von selbst. Bilder und Gesten sind wichtiger als früher. Das kann für Kirche eine Hoffnung sein.“

Superintendent Markus Zimmermann berichtete über die Ereignisse der vergangenen Monate

In seinem Jahresbericht ging Superintendent Markus Zimmermann auf die aktuelle Situation in Israel und dem Gaza-Streifen. „Der Terrorangriff der Hamas hat Spuren in den jüdischen Gemeinden unserer Stadt hinterlassen. Die Jüdinnen und Juden wissen nun, dass sie kein sicheres Land mehr zum Rückzug haben.“ Zimmermann erinnerte an den Rat der Religionen in Köln, der sich mit den Jüdinnen und Juden solidarisiert hat. Auch die muslimischen Verbände hätten dem zugestimmt. Der Superintendent rief alle auf zur Teilnahme an dem Schweigegang, der am Mittwoch, 8. November, um 18 Uhr am Kölner Dom startet. Er steht unter dem Motto „Wir trauern um die Opfer des Terrors gegen Israel. Wir stehen an der Seite unserer jüdischen Mitbürger*innen!“ Vom Dom gehen die Teilnehmenden schweigend zur Synagoge an der Roonstraße. Neben dem Kirchenverband Köln und Region laden auch das katholische Stadtdekanat und der Kathodenanschluss sowie zahlreiche weitere Unterstützer ein.

An die Vertreterinnen und Vertreter der Gemeinden gewandt erklärte Zimmermann mit Blick auf die Lage der evangelischen Kirche, dass es „überhaupt keinen Grund gibt, uns klein zu reden“. Man könne getrost der Jahreslosung „Gott sieht uns“ vertrauen. „Wir haben Austritte, aber wir haben auch viele Taufen.“ Im Januar wird eine Studie über sexuellen Missbrauch in der evangelischen Kirche veröffentlicht. „Endlich“, so Zimmermann. Die Kirchenleitungen seien angewiesen, diese Studie an alle Ebenen der Kirche weiterzugeben. „Dann sollten wir den selbstverständlichen Haltungswechsel wirklich vollziehen und uns zuerst den Opfern zuwenden.“

Der Superintendent bedankte sich bei allen Beteiligten für ihre Arbeit auf dem Weg zur Regionalisierung im Kirchenkreis. „Das ist anstrengend, es gibt auch Rückschläge und Bedenken. Aber ich sage ihnen ganz ehrlich: Ich kann das Wort ,Sorge‘ nicht mehr hören. Ich habe Zuversicht. Wir alle können entdecken, dass auch jenseits unserer Gemeindegrenzen Menschen Gutes tun. Es liegt so viel Potential in den Fusionen der Gemeinden.“ Der Kirchenkreis Düsseldorf werde zu einer Gemeinde, berichtete er aus der Landeskirche. „Das muss bei uns nicht sein“, sagte Zimmermann mit einem Schmunzeln. „Aber es gilt die Erkenntnis: Gemeinsam sind wir stark.“ Ein schwieriges Kapitel seien die Gebäude. Da gebe es bittere Abschiede. „Wir sollten den Mut haben, Gebäude abzugeben, und das, was wir behalten, richtig schön zu machen.“

Die Gespräche mit den beiden anderen linksrheinischen Kirchenkreisen liefen gut, berichtete der Superintendent weiter. Nach der Fusion werde der neue linksrheinische Kirchenkreis der größte in der Landeskirche sein. Im Jahr 2026 rechnet Zimmermann mit einem gemeinsamen Kirchenkreisamt. Der Superintendent beendete seine optimistischen Ausführungen mit einer tröstlichen Gewissheit: „Gott sieht uns.“

Finanzkirchmeisterin Gaby Orbach berichtete den Synodalen von einem „sehr erfreulichen“ Jahresüberschuss für 2022 in Höhe von 486.726 Euro. Die Summe erklärt sich aus Sondererträgen wie etwa einer nachträglichen Mieterstattung des Kirchenverbandes für die Superintendentur. Zudem seien wegen Corona viele Veranstaltungen ausgefallen und hätten somit keine Kosten verursacht. 414.343 Euro des Überschusses werden an die Gemeinden ausgeschüttet mit der dringenden Empfehlung, daraus eine freiwillige gemeindliche „Rücklage Treibhausgasneutralität“ zu bilden, um einen Teil der später notwendigen Investitionen bezahlen zu können. Je 16.000 Euro spendet der Kirchenkreis einem Projekt des Kirchenkreises Moers zur Armenspeisung in Ägypten, der Dr. Deubner-Stiftung für das Kölner Obdachlosenfrühstück und an United4Rescue.

Gaby Orbach informierte auch über den Stand der Fusionsverhandlungen mit den Kirchenkreisen Köln-Mitte und -Süd. Nach der Fusion werde es nur noch einen Superintendenten oder eine Superintendentin geben. Mehr als zwei Synodalassessoren werde die Landeskirche wohl nicht zulassen. Das gemeinsame Kirchenkreisamt werde deutlich weniger Gemeinden zu betreuen haben, weil die Zahl der Gemeinden wegen deren Fusionen kleiner werde. Man überlege, ob das Amt des Stadtsuperintendenten oder der Stadtsuperintendentin turnusmäßig zwischen dem links- und rechtsrheinischen Kirchenkreise wechsle.

Die Braunsfelder Pfarrerin Ulrike Graupner und Sammy Wintersohl, Leiter des Amtes für Presse und Kommunikation, informierten über den Stand in Sachen Kasualagentur, deren Einrichtung die Verbandsvertretung im Sommer beschlossen hat. „Kasualagentur ist nur ein Arbeitstitel“, erklärte Graupner und berichtete von zwei Ereignissen, die Anlass für die Gründung der Agentur sind. Das Tauffest am Rheinufer im vergangenen Jahr und die Pop-up-Hochzeit in diesem Jahr rund um die Christuskirche. „Das Bewerbungsverfahren für die geplanten zwei halben Pfarrstellen läuft“, sagte Wintersohl. Ende des Jahres sollen die besetzt sein. „Es wird eine Arbeitsgruppe geben, die die Agentur begleitet und berät. Alles, was in der Agentur getan wird, passiert im Rahmen der kirchlichen Ordnung. Wir wollen einen guten Service anbieten.“

Einstimmig wählte die Synode Pfarrerin Maike Pungs in das Amt der 1. Stellvertretenden Skriba und in den Synodalen Finanzausschuss. Außerdem nahm die Synode zur Kenntnis, dass die langgeübte Praxis von sechs Synodalältesten im Kreissynodalvorstand Köln-Nord nach der Fusion der drei linksrheinischen Kirchenkreise nicht fortgesetzt werden kann. Im Hinblick darauf sollen auch dem Kreissynodalvorstand Köln-Nord ab der Wahlsynode 2024 die in der Kirchenordnung vorgesehenen vier Synodalältesten angehören.

Den Kirchenkreis Köln-Nord gibt es seit 1964 nach Teilung des alten Kirchenkreises Köln in vier Kirchenkreise. Gemeinsam mit den ihm angeschlossenen Kirchengemeinden gehört er zur Evangelischen Kirche im Rheinland. Die nächste Synode findet am 12. Juni 2024 statt. 

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann / APK