You are currently viewing Bau des Campus Kartause ohne Gegenstimme beschlossen – Nachrichten von der Verbandsvertretung des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region
Hans-Günter Lübben, (von links), Kaspar Kraemer, Sabine Marx, Bernhard Seiger, Markus Zimmermann und Wolf Schlünz

Bau des Campus Kartause ohne Gegenstimme beschlossen – Nachrichten von der Verbandsvertretung des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region

Mit dieser Entscheidung haben die Mitglieder der Verbandsvertretung des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region Geschichte geschrieben. Ohne Gegenstimme beschlossen sie den Bau des Campus Kartause. Damit ist der Weg frei für ein Leuchtturmprojekt des Kirchenverbandes. Schon in den nächsten Tagen wird man mit den vorbereitenden Arbeiten für den Bildungs- und Wohnort am Kartäuserwall beginnen. Dort sollen ab Ende Jahr 2026 die Melanchthon-Akademie, die Evangelische Familienbildungsstätte, das Evangelische Jugendreferat, das Schulreferat, das Pfarramt für Berufskollegs und ein Teil der Verwaltung der linksrheinischen Kirchenkreise ein neues Zuhause finden. Darüber hinaus sind Wohnungen und ein Studierendenwohnheim geplant. Auch eine evangelische Kommunität wird einziehen.

Stadtsuperintendent Bernhard Seiger

Stadtsuperintendent Bernhard Seiger informierte die Delegierten bei der Tagung im Haus der Evangelischen Kirche über den aktuellen Stand der Dinge. Man habe Verhandlungen mit Generalunternehmern für den Neubau aufgenommen. Dabei sei herausgekommen, dass die ursprüngliche Planung, den Campus in zwei Bauabschnitten zu realisieren, verworfen werden musste. „Die Baukosten bis zum Jahr 2028 sind nicht seriös zu prognostizieren. Wir bauen den Campus daher in einem Abschnitt in drei statt ursprünglich geplanten fünf Jahren.“ Somit werden die Bestandsgebäude am Kartäuserwall schon zeitnah zurückgebaut. Für die Bildungseinrichtungen hat man in der Südstadt Ausweichquartiere am Sachsenring und An den Siebenburgen gefunden, in denen die Arbeit nahtlos fortgesetzt werden kann. Darüber hinaus werde man das Haus der Evangelischen Kirche „bis zum Anschlag“, so der Stadtsuperintendent, für Veranstaltungen nutzen. Die Planung der Umzüge im Frühjahr habe bei allen Beteiligten Stress ausgelöst. Seiger lobte die Beweglichkeit bei den Mitarbeitenden.

Architekt Kaspar Kraemer

Architekt Kaspar Kraemer stellte den Campus in groben Zügen noch einmal vor. Die Verbandsvertreterinnen und -vertreter waren schon mehrfach mit dem Bauvorhaben befasst. Kraemer und seine Mitarbeiter haben drei Jahre intensiv mit den städtischen Ämtern gearbeitet. 20 Gutachten hätten eingeholt werden müssen. 51 Wochen nach Einreichen des Bauantrags sei die Genehmigung erteilt worden. „Das ist für Köln Rekordzeit“, so der Architekt. Das Gebäude wird nach dem KfW-40- Standard gebaut. „Dieses Haus ist ökologisch gesehen auf dem heutigen Stand.“ Fernwärme und Photovoltaik seien selbstverständlich. Der Campus leiste einen Beitrag zur Verbesserung des Kölner Stadtbildes. „Der Innenhof mit dem Campanile hat ein fast italienisches Ambiente.“

Sabine Marx, Leiterin der Evangelischen Familienbildungsstätte

Sabine Marx, Leiterin der Evangelischen Familienbildungsstätte, freute sich, dass der Seminarbetrieb am Standort in der Südstadt aufrechterhalten werden kann. „Die Bürosituation wird eine Herausforderung. Uns trägt die Aussicht auf den Neubau. Ich finde es großartig, dass die Kirche so viel in Bildung investiert.“ Wolf Schlünz ist Projektsteuerer für den Neubau. Er beschrieb seine Aufgabe mit einem Satz: „Ich bin dafür verantwortlich, dass der Bauherr das bekommt, was er bestellt hat.“ Das betreffe die Kosten, die Termine und die Qualität. Was die Qualität angehe, sei der Entwurf von Kaspar Kraemer über jeden Zweifel erhaben. Mit der Erteilung der Baugenehmigung sei ein Quantensprung gelungen. Bislang liege das Projekt perfekt im Zeitplan. Schlünz rechnet mit Baukosten in Höhe von insgesamt rund 65 Millionen Euro. Ursprünglich hatte man mit rund 58 Millionen Euro gerechnet. „Das war vor der Ausschreibung. Mit dem Eingang der Angebote haben wir bei den Kosten die nächste Erkenntnisstufe erreicht.“ 30 Prozent der Gesamtkosten seien sogenannte Baunebenkosten, die feststünden und deshalb kein Risiko darstellten. Dabei handelt es sich zum Beispiel um Honorare, die bei der Aufstellung des Bebauungsplans gezahlt worden seien. Auch das Honorar des Projektsteuerers und des Architekturbüros ist fix. „Das Projekt ist voll auf Kurs. Es wurden alle Risiken abgewogen. Da der künftige Generalunternehmer an den Festpreis für seinen Zuständigkeitsbereich gebunden sei besteht Kostensicherheit“, bilanzierte Schlünz.

Stephan Neugebauer

Stephan Neugebauer, derzeit kommissarischer und ab 1. Januar 2024 neuer Verwaltungsleiter beim Kirchenverband, erläuterte die Finanzierung des Projektes. Das Geld kommt aus mehreren Töpfen. Zum einen setzt der Verband Eigenkapital ein, zum anderen werden KfW-Fördermittel für Wohn- und Nichtwohngebäude sowie Gelder der NRW-Bank beantragt. „Wir bilden alle Kosten aus dem 20-Prozent-Block ab“, erklärte Stephan Neugebauer. 20 Prozent des in Köln zu verteilenden Kirchensteueraufkommens erhält der Verband für seine Aufgaben, 80 Prozent werden an die Gemeinden nach Zahl der Gemeindeglieder verteilt. In die Berechnung müsse eingehen, dass die Aufwendungen für die Bestandsgebäude wegfielen und man in dem Neubau auch Erträge etwa als Mieten verzeichne. „Es handelt sich um ein belastbares Finanzierungskonzept. Der 20-Prozent-Block wird nicht überlastet. Wir als Verband werden unsere Hausaufgaben machen müssen. Die Landeskirche unterstützt nach ausführlicher Prüfung unser Modell.“

Der Stadtsuperintendent fasste noch einmal zusammen: „Wir bauen ein Zukunftsprojekt der Kirche. Wir sind sichtbar in der Stadt und sichern die Bildungsarbeit. Der Campus wird den Diskurs der Stadtgesellschaft mitprägen. Wir wenden uns mit dem Studierendenwohnen und dem Jugendreferat jüngeren Menschen zu. Wir erfüllen unseren sozialen Auftrag, weil 50 Prozent der Wohnungen öffentlich gefördert sind.  Es ist auch ein geistliches Vorhaben, weil dort eine Kommunität einzieht. Es ist eine werthaltige Liegenschaft und eine große Investition in unsere Arbeit. Wir generieren langfristige Erträge für den Verband. Wir setzen ökologische Standards, der Energieverbrauch ist bezahlbar.“ Nach der Beschlussfassung hielt Seiger einen Moment inne: „Das ist schon ein besonderer Moment.“

Oberkirchenrätin Dr. Wibke Janssen

Oberkirchenrätin Dr. Wibke Janssen ist in der Landeskirche für die Begleitung der Kölner Kirchenkreise zuständig. Sie sprach in ihrem Grußwort über die westfälische Schwesterkirche. „Die haben gerade eine schwierige Synode ohne Präses mit komplexen Finanzentscheidungen. Wir kooperieren. Ich hoffe auf gute Entscheidungen.“ Die Kommunikation von Ex-Präses Annette Kurschus sei fehlerhaft gewesen. „Sie wurde schlecht beraten.“ Der Fall offenbare aber auch, wie „ungeübt“ die evangelische Kirche im Umgang mit dem Thema Missbrauch sei.

Seiger freute sich über das Ergebnis der Diakoniespende im vergangenen Jahr. 264.000 Euro konnten an das Wohnungslosenprojekt „Gulliver“ in Hauptbahnhofsnähe überwiesen werden. In seinem Bericht ging der Stadtsuperintendent auf vier Themen besonders ein. Die Ausstellung zur Geschichte des Kirchenverbandes, den Klimabericht, die VIA REFORMATA und das Eintreten gegen Antisemitismus. Am 11. April 2024 wird die Ausstellung „Evangelisch leben hält Kirche agil. 1904 – 1934 – 1964 – 2024“ in der Trinitatiskirche eröffnet. „Auf Tafeln und mit Vitrinen sowie mit interaktiven Displays werden wir die Veränderungen in diesem Zeitraum darstellen. Wir werden zeigen, wie die besondere Gestalt des Kirchenverbandes Köln und Region seit 1904 entstanden ist.“ Der Verband in der heutigen Form wurde 1964 gegründet. Die Ausstellung kann von den Gemeinden ausgeliehen werden.

Erstmals gab Seiger einen Klimabericht: „Wir weiten in 2024 unsere Photovoltaikversorgung aus. Das Gebäude E, also über dem Amt für Presse und Kommunikation, wird auf dem Dach gedämmt und mit einer neuen Anlage und Speicher versehen. Wir prüfen alle Gebäude des Verbandes auf Ertüchtigungsmöglichkeiten und gehen die Maßnahmen bei den Gebäuden, die bleiben werden, in sinnvoll getakteten Schritten an. Und der Campus wird natürlich das neueste und weitgehend klimaneutrale Gebäude des Verbandes sein.“ Seiger rief die Gemeinden auf, weitere Vorschläge zu machen, um Ressourcen zu sparen und das Klima zu schützen.

Die VIA REFORMATA sei eine Erfolgsgeschichte. Alle zwölf Stationen seien errichtet, zwei noch provisorisch. „Wir stellen fest: Der Weg wird rege genutzt bei Führungen und Stadtspaziergängen. Inzwischen habe auch ein erster Reiseführer den Weg aufgenommen, sogar mit einem eigenen Kapitel. Wir machen das Evangelisch-Sein sichtbar. Das wird im Stadtbild bleiben.“ Erschüttert zeigte sich Seiger über den terroristischen Überfall der Hamas auf Israel. Israelis und Palästinenser hätten beide ein Lebensrecht und brauchten eine sichere Lebensperspektive. Antisemitismus habe sich danach auch in Deutschland gezeigt. Es habe Schmierereien an Wänden gegeben und sogar Angriffe auf jüdische Geschäfte.

Der Stadtsuperintendent hat den Eindruck, dass Antisemitismus in Teilen der Gesellschaft wieder salonfähig geworden ist. „Unsere primäre Aufgabe bei uns ist aber gleichwohl, eindeutig zu zeigen, dass wir an der Seite unserer jüdischen Mitbürgerinnen und -bürgern hier in Köln stehen. Mit dem Schweigegang am 8. November 2023 vom Dom zur Roonstraße konnten wir das sichtbar zum Ausdruck bringen. Wir haben uns ökumenisch zusammengefunden, die Nähe zur Synagogengemeinde gesucht und eine Form gefunden, die uns als Kirche würdig ist. Das wurde von unseren jüdischen Partnern und öffentlich verstanden. Die große Teilnehmerzahl – trotz heftigen Regens – war berührend.“ Seiger wies in seinem Bericht auch darauf hin, dass im Verband ehrenamtlich Mitarbeitende subventionierte Deutschland-Tickets erhalten können. Die kosten aktuell 29,40 Euro.

Lothar Ebert, Vorsitzender des Beratungsausschusses für Haushalts- und Finanzfragen

Danach standen die Finanzen im Mittelpunkt. Zur Kenntnis nahmen die Verbandsvertreterinnen und -vertreter, dass die evangelische Rechnungsprüfungsstelle Köln-Bonn-Hessen den Prüfungsbericht vorgelegt hat, der mit einem uneingeschränkten Prüfungsvermerk war. Das heißt: Alles in allerbester Ordnung. Der Kirchenverband schließt das Jahr 2022 mit einem Haushaltsergebnis in der Ergebnisrechnung in Höhe von 7.501.129,77 Euro ab. Vier Millionen fließen in die Allgemeine Ausgleichsrücklage. 2,8 Millionen Euro werden an die Gemeinden verteilt, 700.000 Euro fließen in die Ausgleichsrücklage des 20-Prozent-Blocks. Für 2024 rechnet Lothar Ebert, Vorsitzender des Beratungsausschusses für Haushalts- und Finanzfragen, mit einem Kirchensteueraufkommen im Verband in Höhe von 109.348.740 Euro. Nach Abzug aller landeskirchlichen Umlagen werden in Köln 57.475.367 Euro verbleiben. Der Verband erhält für seine übergemeindlichen Aufgaben 11.495.073 Euro, an die Gemeinden werden 44.530.292 Euro verteilt. Sie erhalten 182,76 Euro pro Gemeindeglied.

Am 1. Januar 2024 tritt die neue Satzung des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region in Kraft. Die bisherigen Fachausschüsse werden durch Geschäftsführungen ersetzt, die von Beiräten beraten werden. In den Beirat für die Geschäftsführung der Melanchthon-Akademie wählte die Verbandsvertretung Superintendent Markus Zimmermann als Vorstand und Dr. Evelyn Plamper, Dr. Beate Lehndorff, Antje Rinecker, Ulrike Gebhardt, Jörg Siceus, Christina Maria Purkert und Wilhelm Bethle. Stadtsuperintendent Seiger ist Vorstand im Beirat des Evangelischen Jugendreferates. Mitglieder im Beirat sind Joachim Schmieter, Marc Groll, Kerstin Herrenbrück, Andreas Werner, Nadja Agreiter, Christopher Braun, Sabine Gresser-Ritter und Klaus Völkl. Vorstand im Beirat der Evangelischen Beratungsstelle Köln und Region ist Superintendentin Susanne Beuth. Ihr zur Seite stehen Sabine Pankoke, Angelika Keil, Irmgard Ann MacDonald, Ulrike Grave und Wolfgang Jacobs.

Verbandsvertretung:
Das Leitungsgremium des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region ist die Verbandsvertretung, in die die vier Kirchenkreise und die 54 Kirchengemeinden ihre Delegierten entsenden. Die Verbandsvertretung beschließt unter anderem den Haushalt, den Stellenplan und weitere grundlegende Entwicklungen. Außerdem wird hier alle vier Jahre die Stadtsuperintendentin bzw. der Stadtsuperintendent gewählt. Getagt wird einmal im Frühjahr und einmal im Herbst jeden Jahres. Die Verbandsvertretung ist öffentlich.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): stefan Rahmann / APK