You are currently viewing Abseits der gewohnten Pfade Kasualien ganz neu denken: Anfang April nimmt das Segensbüro seine Arbeit auf
Pfarrer Sebastian Baer-Henney und Pfarrerin Inga Waschke.

Abseits der gewohnten Pfade Kasualien ganz neu denken: Anfang April nimmt das Segensbüro seine Arbeit auf

„Es soll einfach schön werden“, sagen Pfarrerin Inga Waschke und Pfarrer Sebastian Baer-Henney über die neue Kasualagentur, die gerade unter dem Arbeitstitel „Segensbüro“ geformt wird. Und in diesen fünf Worten steckt jede Menge Inhalt, denn die beiden Pfarrpersonen sprudeln über vor Ideen und freuen sich sehr, im Laufe des Frühjahrs das Team um drei Mitarbeitende zu erweitern, die das Projekt gemeinsam mit ihnen auf multiprofessionelle Füße stellen sollen. Fünf halbe Stellen wird es geben, gearbeitet wird kommunikativ, kreativ und vor allem auf Augenhöhe. Innerhalb des Teams natürlich, aber auch in Bezug auf die Menschen, die sich an die Kasualagentur wenden.

Als Kasualien bezeichnet die Evangelische Kirche in Deutschland Gottesdienste, die anlässlich wichtiger Stationen im Leben von Menschen gefeiert werden. Dazu gehören die Taufe, die Konfirmation, die Trauung und die Beerdigung – oft unvergessliche Ereignisse im Leben, die immer noch sehr wertgeschätzt werden, und die mit Unterstützung des Segensbüros ganz neu gedacht werden könnten. So erklärt Sebastian Baer-Henney: „Wir werden uns sicherlich ein Stück weit abseits der gewohnten Pfade bewegen. Warum nicht den Wunsch einer Trauung, begleitet von Metal-Musik, erfüllen oder statt des Schulgottesdienstes eine Segnung zum Schulabschluss anbieten.“ Inga Waschke, derzeit noch in einer sechsmonatigen Hospitanz beim WDR, ergänzt: „Wir denken darüber nach, Segnungen anlässlich des Coming-out anzubieten, zum Jobwechsel oder nach einer Trennung. Wenn das Leben einen Umbruch erfährt, ist es gut und wichtig, diese Zeit unter den Segen Gottes zu stellen.“

Wichtig sei es, so sagt der Pfarrer, die Menschen in ihren Wünschen und Bedürfnissen gut zu sehen und zu hören. Denn natürlich richten sich die Angebote der neuen Einrichtung, deren Standort aktuell noch in der Kartause ist, im Hinblick auf sinkende Mitgliederzahlen, auch an Menschen, die der Kirche schon länger nicht mehr nah sind und an diejenigen, die ihre Heimat innerhalb der Kirche gerade schwinden sehen. „Wir möchten unter anderem Menschen kurz vor dem Austritt gute Erfahrungen schenken – um zu zeigen: Ihr seid uns wichtig und wertvoll. Und wir möchten kirchenfernen Menschen zeigen, dass hier etwas in Bewegung ist, dass wir uns über intensive Begegnungen mit ihnen freuen“, betont Sebastian Baer-Henney und fügt hinzu: „Das gilt natürlich für das ganze Verbandsgebiet, nicht nur für Köln selbst.“

Da das Projekt so neu ist, ist es zunächst auf fünf Jahre angelegt, nach drei Jahren soll ein erstes Fazit gezogen werden, zumal die Kosten für das Segensbüro die Gemeinden übernehmen werden.

Im Augenblick sind Inga Waschke und Sebastian Baer-Henney noch dabei, sich zu vernetzen. Kontakte zu bestehenden Kasualagenturen in Berlin, Essen oder Hamburg bestehen schon, ein Austausch findet statt und auch das jährliche Treffen aller Teams haben die beiden Pfarrpersonen im Blick. „Wir wissen natürlich, dass diese Kontakte vor allem Impulsgeber sind und haben selbstverständlich vor, unser ganz eigenes Profil, auf die Menschen in Köln und Umgebung zugeschnitten, zu erarbeiten“, kündigt die Pfarrerin an. Sie lacht, als sie davon erzählt, wie positiv schon jetzt die Reaktionen aus ihrem Umfeld sind. „Ganz viele Menschen haben große Lust, sich auf irgendeinem Weg einzubringen, finden die Idee, Kasualien anders und offener zu denken, faszinierend und bieten uns schon jetzt ihre Hilfe an.“

„Wir müssen etwas in Bewegung bringen“

Warum sie den Aufbau der Agentur gerne mitübernommen hat, begründet die 33-Jährige so: „Ich freue mich auf die Kontakte zu Menschen, die – wie ich im Übrigen selbst auch – nicht immer nur klassisch in Kirche unterwegs sind. Kreativ und frei zu arbeiten, reizt mich sehr, gerade auf Kasualien habe ich große Lust.“

Ein bisschen spricht sie Sebastian Baer-Henney damit aus dem Herzen. Er ist überzeugt, dass der Bedarf an Innovationsunterstützung da ist, dass zudem gerade Aufbruchsstimmung herrscht. „Darum möchten wir Gemeinden stärken, sehen, was wird gebraucht und wo ist die richtige Person dafür. Wir möchten Kontakte vermitteln, Kräfte bündeln, Fähigkeiten sichten und dabei die Schätze heben, die unsere Kirche zu bieten hat.“

Zum Hintergrund: Im Juni des vergangenen Jahres hatten die Delegierten der Gemeinden bei der Tagung der Verbandsvertretung mit großer Mehrheit für die Einrichtung der Kasualagentur gestimmt. Damals sagte Torsten Krall, Superintendent im Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch: „Kasualien werden immer weniger nachgefragt. Wir müssen etwas in Bewegung bringen.“ Der Verbandsvorstand hatte also schon im Herbst 2022 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die das Konzept erarbeitete, das dann den Arbeitstitel „Segensbüro“ erhielt. Als Aufgaben des neuen Teams wurden definiert: Neue Formate und Angebote rund um die Kasualien und die Liturgie zu entwickeln, als Servicestelle für interessierte Menschen erreichbar sein. Im Rahmen ihrer Tätigkeit sollen zum Beispiel Brautpaare an die richtige Gemeinde weitergeleitet werden, Kontakte zu Pfarrerinnen und Pfarrern hergestellt oder bei Personalknappheit in Gemeinden auch Verbandspfarrerinnen und Verbandspfarrer für Kasualien vermittelt werden.

Text: Katja Pohl
Foto(s): Joanna Blusch