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Die Verabschiedung von der Pfarrerin Susanne Marie Koschmider (M.): Superintendentin Susanne Beuth (M.,r.) motivierte die Gemeinde per Auflegen von Händen auf Schultern zur Bildung eines Bündnisses.

Beten, singen, sonnen – und ein Lebewohl von Pfarrerin Susanne Marie Koschmider

Radfahrer hielten an, vorbei eilende Jogger verlangsamten ihr Tempo, und Hundebesitzer mussten die Leine ihrer vierbeinigen Freunde festhalten. Neben Tennisplätzen und Ruderhaus bot ein Teil der Poller Wiesen an diesem Morgen einen ungewöhnlichen Anblick: Denn auf dem Areal mit Spielfeldbegrenzungsspuren, das ansonsten von Sportvereinen für Fußballspiele angemietet wird, waren ein improvisierter Altar, Sitzbänke und Pavillons aufgebaut. Wie in den zurückliegenden rund 20 Jahren hatte die Gemeinde Köln DeutzPoll die Grünfläche erneut zum Durchführungsort ihres traditionellen Pfingsmontag-Gottesdienstes und zur generationsübergreifenden Zusammenkunft der Gemeindemitglieder ausgewählt.

„Das Wetter spielt mit, die Sonne scheint, und das ist doch schön, oder? Ich freue mich aber auch, dass Sie alle da sind. Das ist cool“, freute sich Pfarrer Roger Brandl in seiner Begrüßungsansprache an die über 100 Besucher. „Heute ist ein besonderer Gottesdienst, auch zur Verabschiedung von unserer Pfarrerin Susanne Marie Koschmider, die in neue Gefilde aufbricht. Die Entpflichtung nimmt nachher Superintendentin Susanne Beuth vor, die ich ebenso herzlich begrüßen möchte.“

Alphabetische Reise in die Vergangenheit

Koschmider verlässt nach zwölf Jahren die Gemeinde und hatihre neue Tätigkeit als Dozentin für Religionspädagogik im Elementarbereich am pädagogisch-theologischen Institut der Evangelischen Kirche im Rheinland bereits angetreten. Ein letztes Mal konnte sie das Eingangsgebet sprechen – und dann nach weiteren, vom gemeindlichen Bläserkreis unterstützten Liedern einen persönlichen Rückblick präsentieren. „Es gibt verschiedene ABCs, etwa der Gefühle, der Farben oder des Herzens. Das Alphabet hilft, zu ordnen und sich zu orientieren. Als ich zurückgeblickt habe auf meine Zeit in der Gemeinde, hat sich eine große Vielfalt gezeigt, unter anderem mit zahlreichen persönlichen Begegnungen und strukturellen Prozessen. Zwölf Jahre immer ich, immer mit Gott, immer mit euch Menschen, immer hier und jetzt.“ An einer kleinen Auswahl ihrer anschließenden Erinnerungen „im alphabetisch-kreativen Chaos“ wollte sie gerne die Gemeinde teilhaben lassen. Dienstgespräche, Elternzeit, Freiheitsträume und Gottesdienste („Es waren unzählige. Ich habe sie nicht gezählt.“) fanden hierbei ebenso ihren Platz wie Kita, Lebendiger Advent im Veedel, Mittendrin – das Familien- und Gemeindezentrum oder Netzwerkarbeit.

Kreative Gemeinde

Damit ihr individueller Impuls auf fruchtbaren Boden fallen konnte, lud sie anschließend die Besucher ein, ihr nachzueifern und in Kleingruppen zu je einem zugeteilten Buchstaben eigene Worte für einen gemeinsamen Blick zurück zu finden – „leichte und schwere, fröhliche, traurige oder wütende. Komme, was da wolle.“ Bereitwillig fanden die Gäste schnell zusammen und hatten nach rund zehnminütigen Beratungen genügend Stichworte zusammengetragen, die anschließend von Pfarrer Brandl und Prädikant Bernd Franzen vorgestellt wurden. Selbst für die scheinbar ungeeignetsten Buchstaben wurden kreative Lösungen gefunden. Susanne Marie Koschmider bedankte sich für die geteilten Rückblicke „und all das, was darin steckt. Bei vielen Worten sind gleich ganze Welten aufgegangen.“ Zum Abschluss teilte sie mit allen ihr persönliches Ausblicksgebet, wofür sie erneut die alphabetische Reihenfolge wählte.

Freigegeben bei starkem Zusammenhalt

Zur festlichen Feier des Abendmahls verlagerte sich das „Spielfeld“ des Gottesdienstes um 180 Grad, und alle Besucher waren eingeladen, einen großen Kreis auf der Wiese zu bilden. Auch dieses imposante und hierbei durch gegenseitiges Festhalten Zusammenhalt vermittelnde Gemeinschaftsbild erntete aufmerksame Blicke Außenstehender, die die Teilung der Gaben gerne einige Minuten verfolgten. Superintendentin Susanne Beuth nahm diese Gruppengeste zur offiziellen Entpflichtung Koschmiders und ihrer Segensgebung gerne auf und motivierte die Gemeinde per Auflegen von Händen auf Schultern zur Bildung eines Bündnisses. Zuvor dankte sie jedoch der scheidenden Pfarrerin in persönlichen Worten. „Wir danken dir für deinen Dienst, für den Einsatz deiner Gaben und Kräfte sowie für die Liebe und Treue, mit der du hier das Evangelium in Wort und Tat bezeugt hast. Du hast dich mit vielen kreativen Ideen, insbesondere zur Gottesdienstgestaltung, eingebracht.“ Auch sie habe entscheidenden Anteil zum Gelingen des multiprofessionellen Teams in der Gemeinde geleistet, die nun neue Schritte gehen werde. Übergangsweise werde Pfarrer Tim Lahr ab Herbst einspringen, bevor in Ruhe im Presbyterium entschieden werden kann, wie es weitergeht. „Deshalb kannst du jetzt auch ohne schlechtes Gewissen gehen“, sagte Beuth und gab Susanne Marie Koschmider gemäß der Liturgie hiernach „frei von den dienstlichen Verpflichtungen in der Gemeinde Köln DeutzPoll.“

Die Fürbitten nutzten langjährige Weggefährten, sich bei ihrer Ex-Pfarrerin zu bedanken und ihr alles Gute für die Zukunft zu wünschen. „Guter Gott, wir danken dir für die gemeinsame Zeit mit ihr, mit all der Kreativität und den vielen Spuren, die sie hinterlassen hat“, sagt Diakonin Kerstin Schneider, und Pfarrer Roger Brandl ergänzte: „Danke, dass sie bei uns sein durfte. Dabei denke ich besonders an die Menschen, die von ihr betreut wurden – als Mentorin, als Seelsorgerin und als Mensch, der einfach da war.“

Text: Holger Hoeck
Foto(s): Holger Hoeck