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Melanchthon-Akademie: Wohnen lernen und aktiv werden

Die Melanchthon-Akademie in Köln und der Verein WQ4 (Verein zur Förderung der Quartiersarbeit e. V.) in Düsseldorf begleiten seit vielen Jahren das wachsende Interesse an den Themen „Wohnen und Leben im Alter“ und „zukunftsfähiges Quartier für alle Generationen“ und haben dementsprechend Bildungsprogramme entwickelt, die über Informationsveranstaltungen zu Wohnprojekten, Hochglanzbroschüren von Baugesellschaften und allgemeinen Beratungsstellen der Wohnungswirtschaft und sozialer Einrichtungen hinausgehen. Seminareinheiten wurden systematisch analysiert und führten 2013 zur Gründung der „Wohnschule Köln“. Dabei stand die Frage im Raum: „Muss man Wohnen lernen?“, und die Antwort darauf wurde mit einem deutlichen „Ja“ bewertet.

Der Begriff „Wohnschule“ hat sich inzwischen bundesweit etabliert und steht für ein vielfältiges und wachsendes Bildungsangebot. Das Spektrum reicht von kreativen Workshops für Einsteigerinnen und Einsteiger, über Exkursionen zu Modellprojekten bis hin zu komplexen Qualifizierungsprogrammen. In allen Modulen geht es um Sensibilisierung für die Herausforderungen des demografischen, gesellschaftlichen und klimatischen Wandels, um die Aktivierung der Teilnehmenden, den Aufbau von Netzwerken und vor allem um die Förderung von Selbsthilfe und Selbstorganisation.

Alternatives Wohnen – der persönliche Zugang

Sie wollen wissen, wie man eine Altenwohngemeinschaft gründet, ein Generationen-Wohnprojekt startet und finanziert, ein Nachbarschaftsprojekt auf den Weg bringt oder nachbarschaftliche Netzwerke aufbaut? Wichtig ist es, so betonen die Gründerinnen und Gründer der Wohnschule, Karin Nell (WQ4 Düsseldorf) und Joachim Ziefle (Melanchthon-Akademie), Interessierte auf ihrer Suche nach alternativen Wohnformen kritisch begleiten, sie dazu befähigen, Entscheidungen zu treffen wie auch eigene Ideen umzusetzen. Ziel ist es, die Komplexität des Themas verständlich zu machen und mit kreativen Übungen einen Perspektivwechsel zu ermöglichen und dabei entscheidende Lebensfragen zu erörtern.

Handlungskonzept Keywork

Der Aufbau und die Weiterentwicklung der Wohnschule orientieren sich am Keywork-Ansatz. Dieses Handlungskonzept wurde in enger Zusammenarbeit von hauptamtlichen und freiwilligen Kräften aus der sozialen, der kulturellen und der Bildungsarbeit entwickelt. Wesentliche Faktoren von Keywork sind Innovation, Partizipation, neue Lernformen, neue Lernorte und neue Gestaltungsräume. Für die Wohnschule gilt daher: Alle Angebote werden gemeinsam mit den Teilnehmenden entwickelt und erprobt. Hauptamtliche Mitarbeitende und Teilnehmende bringen ihre Kompetenz und ihre Lebens- und Berufserfahrung gleichberechtigt ein (Stichwort: neuer Profi -Laien-Mix).

Experimentelle Lernformen unterstützen die Verknüpfung von Ideen und Wissen und lösen traditionelle Formate der Wissensvermittlung ab. In den Angeboten der Wohnschule wird großer Wert auf die Aktivierung der Teilnehmenden gelegt. Es geht dabei darum, Menschen für Veränderungsprozesse zu begeistern und sie bei kleinen wie auch größeren Projekten zu ermutigen, zu beraten und zu unterstützen. Lernorte und Gestaltungsräume wie Museen, Theater, Bibliotheken, Wartezimmer, Künstlerateliers werden neu entdeckt. Einen hohen Stellenwert hat die Entwicklung der Verantwortungsrollen („role making“ statt „role taking“). Prozessqualität wird großgeschrieben, Scheitern ist erlaubt.

Die Verantwortung der Gesellschaft

„Die Erwachsenenbildung muss reagieren und sich von der programmatischen Gestaltung hin zu einer partizipativen Mitwirkung bewegen. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass dieser Trend des ,aktivierenden Staats‘ von politischen und sozialpolitischen Akteuren unter marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten insofern gerne gesehen wird, als sie darauf setzen, dass soziale Probleme von der Zivilgesellschaft selbst gelöst und Staat und Wirtschaft sukzessive aus der Verantwortung genommen werden sollen“, so Joachim Ziefle, stellvertretender Akademieleiter und Studienleiter an der Melanchthon-Akademie.  „Auch darf man die Vermutung äußern, dass die neu entdeckte Vergesellschaftungsform fehlende Investitionen in öffentlichen Haushalten ersetzen soll. Bei der ,Altersaktivierung‘ in unserer Gesellschaft darf man aber diejenigen nicht vergessen, die es nicht gelernt haben, sich selbst zu helfen und nicht in der Lage sind, ihr Leben allein zu bewältigen. Ganz besonders für sie brauchen wir Konzepte und pädagogische Antworten. In der Wohnschule Köln wollen wir dem gerecht werden.“

Wohnen im Alter – Informationsabend über mögliche Wohnformen

Die Referentin Anne Dellgrün zeigt am Donnerstag, 9. November 2023, 19 bis 20.30 Uhr, die Vielfalt von Möglichkeiten von Wohnen im Alter auf, wie etwa alternative Wohnformen, Betreutes- oder Service-Wohnen, Wohnen gegen Hilfe, Senioren-WG, Mehrgenerationenhaus und berichtet auch über Projekte wie Demenz-WG und unterstützende Pflege.  Der Informationsabend bei der Melanchthon-Akademie (Nr. 2307Z) kostet fünf Euro.

Text: Joachim Ziefle
Foto(s): Canva/APK