Es lebe die Liebe! Die Evangelische Kirche in Köln und der Region wird am 26. August ein Popup-Hochzeitsfest ausrichten. Im Folgenden erklärt Pfarrer Sebastian Baer-Henney, was die Beweggründe für die Ausrichtung des Hochzeitsfests sind und welche Bedeutung der Segen hat – und er geht auf die Bedeutung von Vielfalt und individueller Gestaltung von Hochzeiten für die evangelische Kirche in Köln und der Region ein:
Sebastian Baer-Henney: Wir bekommen mit, dass es bei Menschen, egal ob „kirchlich“ oder eher kirchendistanziert, ein großes Bedürfnis nach Segen gibt, nach der Begleitung durch Gott. Viele wollen für ihre Partnerschaft um Segen bitten – sind aber aus verschiedenen Gründen bisher nicht vor den Altar getreten. Sei es, dass es rechtliche Hürden gab (z.B. den fehlenden Aufenthaltsstatus), sei es, dass dadurch schwierige Konsequenzen zu befürchten sind (Verlust einer Hinterbliebenenrente) – sei es, dass sie einfach das große Fest gescheut haben. Warum sollte diesen Menschen der Segen versagt bleiben? Wir möchten ihnen den Raum für Segen geben.
Was bedeutet das Motto „Vielfalt feiern“ für die Organisation und Umsetzung des Festes?
Sebastian Baer-Henney: Vielfalt feiern, das war schon das Motto unseres großen Tauffestes im vergangenen Jahr. Wir glauben, dass Gottes Schöpfung vielfältig ist, und dass es eine Vielzahl von Beziehungskonstellationen gibt. Daher wollen wir Paare in all ihrer Vielfalt segnen – und dabei selber auch vielfältig auftreten. Menschen können sich aus vielen Elementen eine sehr individuelle Hochzeit zusammenstellen. Das fängt beim Ort an: lieber in der Kirche klassisch, oder unterm Baum? Im kleinen Rahmen mit Konfetti von oben oder draußen im Park beim Picknick mit Freund:innen? Oder vielleicht unterm Colonius op Kölsch? Dazu können sie verschiedene Arten Musik wählen: Chanson oder Stehgeiger, Orgel oder das Lied vom ersten Date. Alles möglich. Und wer mag, kann sich noch Extras buchen: Picknickpakete für die Gäste, Sekt, Blumen, Waffeln – oder auch eine Fahrt in der Hochzeits-Rikscha. Wir wollen den Menschen vielfältig begegnen.
An wen richtet sich das Popup-Hochzeitsfest?
Sebastian Baer-Henney: An alle Paare, die sich segnen lassen wollen. Wir glauben, dass Beziehungen zwischen Menschen etwas Geschenktes sind, und wir glauben, dass wir als Menschen zwar Vieles aber doch nicht alles im Griff haben. Entsprechend kann es hilfreich sein, um Gottes Begleitung als Paar zu bitten, um Geistkraft, die den liebenden Blick füreinander stärken und die Beziehung so um eine Dimension erweitern kann. Während übrigens eine Trauung in unserer Kirche die Segnung einer bestehenden Ehe ist, also von Paaren, die schon beim Standesamt waren, ist es bei dieser Hochzeit anders: Man muss nicht staatlich verheiratet sein. Natürlich kann man das später noch machen.
Wie können Paare sich für das Hochzeitsfest anmelden?
Sebastian Baer-Henney: Eine Anmeldung ist möglich, aber nicht notwendig. Wer will, kann gerne ganz spontan kommen. Wem es hilft, der kann sich aber auch anmelden unter info@hochzeits-fest.com.
Welche Bedeutung hat der Segen für die Paare?
Sebastian Baer-Henney: Segen ist kein Glücksbringer. Es geht nicht darum, einen Talisman zu bekommen, dem man dann das Gelingen der Beziehung aufdrücken kann. Segen ist eine Kraft, die von Gott gegeben wird. Sie begleitet uns und schenkt uns den Blick dafür, dass das, was wir am Gegenüber haben, ein von Gott gegebenes Geschenk ist. Das gibt Erleichterung, weil es uns zeigt, dass wir nicht alle Fäden selbst zusammenhalten müssen – zugleich ist es die Verantwortung, mit diesem Geschenk gut umzugehen und die Beziehung zu pflegen. So ist Segen Stärkung für das, was wir nicht lenken können und ein Aufruf an uns, verantwortungsvoll mit der Beziehung umzugehen. Vielleicht könnte man sagen: Segen ist ein Gütesiegel für eine Beziehung. Das Siegel der Geistkraft Gottes.
Welchen Stellenwert hat die individuelle Gestaltung für die Evangelische Kirche in Köln und der Region?
Sebastian Baer-Henney: Für die Menschen ist es wichtig, dass sie den Glauben so leben können, wie er ihnen von Gott geschenkt worden ist. Das bedeutet für uns als Kirche, dass wir ernst nehmen müssen, dass es Menschen gibt, denen unsere Ausdrucksformen des Glaubens nicht zugänglich sind. Diese Menschen wollen wir nicht allein stehen lassen. Wir wollen mit ihnen im Dialog Ausdrucksformen des Glaubens finden, die menschliche Bedürfnisse und christliche Traditionen zusammenbringen. So entstehen neue Formen von Relevanz – denn vielen Menschen ist die Relevanz dessen, was wir tun, nicht klar. Hier setzen wir an und finden Wege, die Menschen in ihren Bedürfnissen wahrzunehmen und gemeinsame Ausdrucksformen zu finden. Und das auf allen Ebenen: Von der Taufe bis zur Bestattung, bei der Hochzeit ebenso wie bei allen anderen Umbrüchen im Leben. Wir wollen zuhören und mit den Menschen gestalten.
Wie sind die bisherigen Reaktionen auf das Popup-Hochzeitsfest?
Sebastian Baer-Henney: Wir haben tolle Rückmeldungen bekommen. Da gibt es Menschen, die sagen, dass sie unbedingt mitmachen wollen – übrigens auf beiden Seiten: Als Segnende und als Paare. Und, obwohl der große Schritt an die Öffentlichkeit erst noch bevorsteht, gibt es schon tolle Resonanzen. Wir sind sehr gespannt!
Was ist generell das Besondere an evangelischen Hochzeiten?
Sebastian Baer-Henney: Vielleicht ist genau das schon das Evangelische: Dass man das nicht sagen kann. Unser Bemühen ist es doch, in den Vorgesprächen die Hochzeiten so auf die Menschen zuzuschneiden, dass es für sie passt – ohne dabei ein festes Bild vor Augen zu haben. Viele bringen Bilder mit, aus Filmen oder von Hochzeiten, die sie erlebt haben – daraus aber etwas Individuelles zu bauen, das den Segen so vermittelt, wie die Menschen ihn auch aufnehmen können, das ist unsere Aufgabe als Kirche. Deswegen gibt es übrigens auch ganz verschiedene Formen bis hin zu Heavy-Metal-Hochzeiten oder einer Anfrage neulich, ob es eine Pfarrperson gibt, die reiten kann und ein Paar auf dem Pferd segnen könne. Es geht, was Relevanz vermittelt, was authentisch ist – letztlich, was dem Glauben dient.
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