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Aufstellung zur Gedenkfahrt in Köln.

Bikerinnen und Biker trotzen dem Herbstwetter bei Motorrad-Gedenkfahrt zum Altenberger Dom

Bei schmuddeligem Herbstwetter kamen nur die härtesten Bikerinnen und Biker zum Treffpunkt am Militärring, um von Köln aus Richtung Altenberger Dom zu fahren und verstorbenen Bikern mit einem Gottesdienst zu gedenken. Veranstaltet wurde das Ganze von der Aktion Bauer Punkt, der Motorradorganisation innerhalb der evangelischen Kirche Rheinland. So konnte der Tross ziemlich pünktlich starten und ohne große Verzögerungen nach Altenberg fahren.

Ziel war der Altenberger Dom, wo Motorradpfarrer Ingolf Schulz und sein Kollege Thomas Rusch, ebenfalls begeisterter Motorradfahrer, auf die Bikerinnen und Biker warteten. Die Teilnehmenden mussten bei der Fahrt besonders aufpassen, nasse Straßen und feuchtes Laub sind nicht des Bikers Freund. Gefahren wurde mit Polizeibegleitung, einige Straßen und Kreuzungen waren für den Autoverkehr gesperrt. Die Gruppe war überschaubar, so kamen die Maschinen schnell voran, alle waren rechtzeitig am Altenberger Dom, um dem Gottesdienst zuzuhören und sich erst einmal mit einer Bratwurst zu stärken und vor allem wieder aufzuwärmen.

„Der Gottesdienst ist der Ursprung des Ganzen“

Pfarrer Thomas Rusch gab dem Ganzen gleich den richtigen Rahmen: „Die Fahrt ist ja ganz nett, aber der Gottesdienst ist der Ursprung des Ganzen.“ Im Dom gab es noch ein paar Vorbereitungen, der Küster war erst in letzter Minute zum Dom geeilt, um das Gotteshaus hochzufahren, ihm war der Termin gar nicht bekannt. Auch das vierte Mitglied der Band war überraschend noch dazu gestoßen, doch Pfarrer Ingolf Schulz behielt eine stoische Ruhe und konnte kurz vor 14 Uhr den Gottesdienst starten.

„Heute beginnen wir mal mit einem Dank an alle Ehrenamtlichen, die uns diese Veranstaltung ermöglichen“, begrüßte Ingolf Schulz die Gemeinde. „Auch das passt zu dem heutigen Tag – wir starten mit dem letzten Lied auf Eurem Liedblatt.“ Das war der Motorradfahrerblues, der sehr an Honky Tonk Woman der Stones erinnerte. „Wir denken jetzt daran, dass das hier keine Spaßveranstaltung ist, sondern der Erinnerung an die verstorbenen Bikerinnen und Biker dient.“ Dazu wurde eine Liste herumgereicht, in die jeder ‚seinen‘ Verstorbenen eintragen konnte, dessen Name dann später im Gottesdienst verlesen wurde.

„Dank Gott kommen wir am Fahrtziel unseres Lebens an“

Nach einem Eröffnungsgebet sprachen beide Pfarrer das Glaubensbekenntnis für Motorradfahrer. „Wir erleben Jesus als unsichtbaren Sozius, er kennt und leitet unser Leben, auch der Tod ist ihm nicht fremd. Gott brachte den Motor des Lebens bei Jesu wieder ans Laufen. Freude bestimmt unser Fahren, Gott zerreißt den Strafzettel unseres Lebens, dank Gott kommen wir am Fahrtziel unseres Lebens an.“

Die Kollekte war in diesem Jahr zugunsten traumatisierter Kinder und Jugendlicher, die aus ihrem Zuhause geholt werden mussten. „Wir sammeln hier nicht für uns, sondern das Geld geht komplett an diese Einrichtung.“

„Achtsamkeit kann Menschen verändern“

Die Predigt gestaltete Thomas Rusch in Teilen interaktiv. „Kennt jemand die Jahreslosung der evangelischen Kirche?“ Keine Hand ging in die Höhe, verschmitzt nutzte Thomas Rusch die Gelegenheit und machte das Angebot, nach dem Gottesdienst zu ihm zu kommen und wieder in die Kirche einzutreten. „Ich habe auch noch was Spezielles dabei – die ersten drei Eintritte bekommen einen besonderen Segen und ein kleines Kreuz von mir.“

Natürlich verriet er auch das Jahresmotto, was dann auch Thema seiner Predigt war: „Du bist ein Gott, der mich sieht.“ Er erzählte die Geschichte von Zachäus, einem Zöllner, der sich der herrschenden Klasse andiente und dort durch Betrügereien reich geworden ist. Vom Volk wurde er verachtet. Jesus kam in sein Dorf, er wollte unbedingt Jesus sehen und kletterte auf einen Baum. „Jesus ging an dem Baum vorbei, blieb stehen und redete Zachäus mit Namen an, er möge doch herunterkommen und mit ihm in sein Haus gehen.“ Der völlig überraschte Zachäus tat genau das, hörte Jesus zu und sagte ergriffen, dass er seinen Reichtum zur Hälfte teilen wolle und alles durch Betrug erwirtschaftete Geld zurückgeben werde. „Die tiefe Wertschätzung durch Jesus veränderte Zachäus, Jesus nahm ihm die Zöllnermaske ab.“ Jesus habe Zachäus Achtsamkeit geschenkt, das könne man auf das eigene Leben übertragen. „Wie ist unsere Blickführung im Leben? Schenken wir Achtsamkeit? Erfahren wir Achtsamkeit? Gerade auf dem Bike ist es wichtig, achtsam zu sein.“ Die Konflikte in der Welt würden sich erst lösen, wenn die Menschen sich wieder in die Augen schauen.

Gedenken an verstorbene Bikerinnen und Biker

Einer der Höhepunkte des Gottesdienstes waren die Fürbitten, während derer die verstorbenen Biker namentlich genannt wurden, die vorher in die Listen eingetragen wurden. Für jeden Toten wurde eine Kerze entzündet, zu jedem wurde ein persönliches Wort gesagt, was die Gemeinde still und bewegt zur Kenntnis nahm.

„Wir freuen uns auf nächstes Jahr und sehen uns alle gesund am 26. Oktober 2024 hier wieder“, verabschiedete Ingolf Schulz die Gemeinde, nicht ohne noch eine Rocknummer seiner Band zum Besten zu geben.

Text: Dr. Klemens Surmann
Foto(s): Dr. Klemens Surmann