Ein komplexes Thema hatte die Frühjahrssynode des Kirchenkreises Köln-Süd in den Mittelpunkt ihrer Beratungen gestellt. „Der Schöpfung verpflichtet: Auf dem Weg zur Klimaneutralität“ hieß es bei der Tagung in der Trinitatiskirche am Filzengraben. Prof. Dr. Heino Falcke, Professor für Astroteilchenphysik und Radioastronomie in Nijmwegen sowie Prädikant in der Kirchengemeinde Frechen, und Dr. Martin Horstmann, Studienleiter an der Melanchthon-Akademie, hatte man als Referenten zum Thema gewinnen können.
Weisheit Gottes im Eröffnungsgottesdienst
Die Synode begann mit einem Gottesdienst unter der Leitung von Pfarrerin Laura Kadur aus Wesseling und Pfarrer Oliver Mahn aus Zollstock. In ihrer Dialogpredigt stand die Weisheit Gottes im Fokus. Die sei immer schon da gewesen. Noch vor dem ersten Staubkorn. „Die Weisheit will gefunden werden. Nicht erdacht“, erklärte Mahn. „Wer mich findet, findet Leben und erlangt das Gefallen des Herrn“, zitierte der Pfarrer aus dem Buch der Sprüche. Die Frage sei nur wie. Die Weisheit des Herrn sei immer schon „Teil von uns“, ergänzte Laura Kadur. Sie war sich nicht sicher, ob man Klimapolitik mit dem Buch der Sprüche betreiben könne. Zunächst gelte es, „die Schöpfung in uns selbst zu entdecken“. Zum Schluss wünschte sich die Pfarrerin einen kindlichen Blick auf die Bewahrung der Schöpfung.
Wissenschaft und Schöpfung umarmen
Professor Heino Falcke zog in einem fulminanten Vortrag die großen Linien. „Zu Beginn des Universums war die Materie noch Licht. Aber dann nahm das Wunder seinen natürlichen Gang. Licht und Materie trennen sich, das All wird überspült von einem Meer von einfachem Wasserstoff, der sich unter dem Einfluss der kleinsten und schwächsten Kraft sammelt: Der Schwerkraft.“ Die Schwerkraft eines einzelnen Teilchens mache nicht viel her. „Aber wenn viele Teilchen zusammenziehen, dann kann auch schwächste Kraft Welteninseln bilden. Da, wo viel ist, wird viel sein.“
Es entstanden Kohlenstoff, Sauerstoff und Stickstoff. „Die Elemente des Lebens“, so Falcke. Und Abermillionen Jahre später betrete der Mensch die Szenerie. „Klein, bedroht und nackt. Aber auch begabt und beschwingt.“ Und mit einer neuen schöpferischen und kreativen Kraft versehen, die der Planet vorher nie gekannt habe. „Wir können auch zerstören.“ Aber die Spezies habe vom Baum der Erkenntnis gegessen. „Wir können messen. Wir sind nicht unschuldig.“ Aber selbstverständlich habe der Mensch die Verantwortung, die Schöpfung zu gestalten. Und: „Auch durch die Wissenschaft spricht Gott.“ Die Menschen wüssten vom Treibhauseffekt seit vielen Jahren. Die Welt drohe zum Schnellkochtopf zu werden. „Trotz der Wissenschaft sind wir nicht in der Lage zu handeln.
Immer wieder würden Weltuntergangsbotschaften verbreitet, die die Menschen lähmten. „Ich vermisse den Glauben an die Zukunft und an die Liebe“, sagte der Wissenschaftler. Die ganze Bibel spiele sich ab zwischen Auferstehung und Apokalypse. „Die Kirche hat den Glauben. Wir müssen Wissenschaft und Schöpfung umarmen, selber zeichensetzend leben und nicht Wasser predigen und Wein trinken“, forderte Falcke. „Wir Wissenschaftler machen das schon mit der Wissenschaft. Aber Wissen allein wird die Welt nicht retten. Für Glaube und Hoffnung ist die Kirche zuständig.“ Er schlug vor, einen Schöpfungstag als kirchlichen Feiertag einzurichten. „Wir geben die Hoffnung nicht auf. Die Apokalypse wird kommen. Aber wir müssen sie ja nicht herbeiführen.“ Die Synode applaudierte begeistert. Superintendent Bernhard Seiger bedankte sich bei dem Astrophysiker für die „Botschaft des Staunens und Hoffens“ und für den Brückenschlag zwischen Naturwissenschaft und Theologie.
Öko-Engagement ein geistliches Thema
Dr. Martin Horstmann hängte die Latte ein klein wenig niedriger und referierte über die Möglichkeiten der Gemeinden, im Sinne des Klimaschutzes tätig zu werden. „Wir müssen der Natur helfen, sich zu regenerieren. Längst ist der Punkt erreicht, an dem wir ihr mehr geben müssen als zu nehmen.“ Öko-Engagement war Horstmanns Stichwort: „Das ist ein durch und durch geistliches Thema. Genauso wie die Öko-Krise.“ Die Theologie sei immer auf den Menschen gerichtet betrieben worden. „Die gesamte Schöpfung sehnt sich nach Erlösung.“ Es gehe um die gesamte Schöpfung, nicht nur um den Menschen. „Im Raumschiff Erde gibt es keine Passagiere, sondern wir sind alle Besatzung“, zitierte Horstmann den kanadischen Philosophen und Medientheoretiker Marshall McLuhan.
Horstmann nannte beispielhaft ein Zero-Waste-Projekt in Frechen. Natürlich habe man dabei Müll vermieden. Darüber hinaus seien aber sehr schnell Fragen aufgetaucht, die weiter reichten. Was brauchen wir eigentlich? Was macht uns zufrieden? Die Gemeinden sollten mit weben am ökologischen Netz des Lebens. Ökologische Handlungsfelder müssten auf allen Ebenen des Gemeindelebens verankert werden. Biodiversität rund um die Gemeindezentren nannte er als Beispiel. Das könnten auch schöpfungs-spirituelle Lernzentren sein. Zum Thema Ökologie könne man auch religionspädagogisch in Gemeinde-Kitas arbeiten. Auch die Seelsorge könne einbezogen werden: „Wie gehen wir um mit Schmerzen der Umwelt?“ Man müsse das Thema groß denken, weil man sich in den Details zu oft verliere und dann frustriert sei.
Groß gedacht werden müsse beispielsweise in Sachen Klimaneutralität der gemeindeeigenen Immobilien. „Wir können den ökologischen Wandel gestalten, wenn wir das wollen.“ Das Thema sei riesig. „Deshalb müssen wir auch keine Angst haben. Wir können überall anfangen.“ Im Anschluss stellte Superintendent Bernhard Seiger fest: „Nach den beiden Vorträgen ist unsere Motivation gestiegen, auf diesem Feld tätig zu werden.“ Jetzt gelte es, nicht mit umfangreichen Vorschriften und Gesetzen zu hantieren. Man müsse auf die freie Haltung eines Christenmenschen setzen, Freiheit und Verantwortung sei die Devise. Die Synoden der rheinischen Landeskirche und der EKD hätten einen zeitlichen Rahmen abgesteckt für die Klimaneutralität der kirchlichen Gebäude. „Der Zustand einiger unserer Immobilien kann einem Sorgen machen. Das kann teuer werden.“ Wichtig sei, zu entscheiden, welche Ebene was tue. „Im Juni wird unsere Verwaltung die Energieverbräuche von all unseren Gebäuden vorlegen.“ Überlegt werden müsse auch, von welchen Immobilien man sich trenne.
„Das wird ungemütlich“, sagte Seiger (Foto: Wintersohl). „Wir müssen erst einmal ein Gefühl für diese Frage entwickeln.“ Der Superintendent warnte vor Schnellschüssen und riet zu überlegtem Handeln nach einer klaren Strategie. Er verwies auf die Angebote der Melanchthon-Akademie zum Thema Klimaschutz, die von den Gemeinden genutzt werden können.
Haushalt: Gesamtergebnis in Höhe von 194.171 Euro
Finanzkirchmeister Lothar Ebert stellte die Jahresrechnung für das Haushaltsjahr 2021 des Kirchenkreises Köln-Süd vor. Das schloss bei einer Bilanzsumme in Höhe von 2,394 Millionen Euro und einem negativen Jahresergebnis in der Ergebnisrechnung mit 202.027 Euro ab. Nach einer Rücklagenentnahmen in Höhe von 36.874 Euro liegt das negative Bilanzergebnis bei 165.152 Euro. Dank eines Ergebnisvortrages aus dem Vorjahr in Höhe 359.324 Euro ergab sich für 2021 ein Gesamtergebnis in Höhe von 194.171 Euro, vorbehaltlich der Prüfung durch die Rechnungsprüfungsstelle. Diese werden für die Auffüllung von Pflichtrücklagen, Unterstützung für die Gemeinden und Projekte außerhalb des Kirchenkreises verwandt. Aus dem Überschuss wurden 100.000 € in eine Rücklage überführt, um für die Gemeinden Beratungsleistungen bezüglich der Aufgabe der Klimaneutralität finanzieren zu können.
Kurzmeldungen:
Die Synode beschloss die Einrichtung einer Entlastungspfarrstelle für die Assessorin/ den Assessor des Kirchenkreises Köln-Süd mit einem Dienstumfang von 50 Prozent. Die Stelle soll zum 1. August eingerichtet werden.
Um bei einer möglichen zukünftigen Zusammenlegung der Ev. Kirchenkreise Köln-Süd, -Mitte und -Nord weiterhin Einfluss bei der Landessynode zu haben, soll die Zahl der Kölner Delegierten aus den drei Kreisen in nunmehr einem Kirchenkreis nur minimal kleiner werden. Bisher werden die Kirchenkreise von jeweils vier Landessynodalen vertreten. Die Gesamtzahl soll am Ende bei zehn statt jetzt zwölf liegen. Die Synodalen aus dem Kirchenkreis Köln-Süd richteten einen entsprechenden Antrag an die Landessynode im nächsten Jahr. Die Thematik der Kirchenkreiszukunft soll auf den nächsten Kreissynoden zur Diskussion gestellt werden.
Ebenfalls an die Landessynode verwiesen wurde ein Antrag der Pfarrerin Laura Kadur und des Pfarrers Oliver Mahn. Die Kreissynode bittet die Landessynode zu beschließen, dass Prädikantinnen und Prädikanten bis drei Jahre nach ihrer Ordination ein erstes, bis fünf Jahre danach ein zweites Coaching durch zertifizierte Gottesdienst-Coaches verpflichtend absolvieren müssen.
Stichwort Kirchenkreis Köln-Süd:
Der Evangelische Kirchenkreis Köln-Süd umfasst insgesamt 16 Gemeinden. Dazu gehören: Brüggen/Erft, Brühl, Frechen, Horrem, Hürth, Kerpen, Köln-Bayenthal, Köln-Raderthal, Köln-Rodenkirchen, Köln-Zollstock, Lechenich, Liblar, Rondorf, Sindorf, Sürth-Weiß und Wesseling. Dort leben rund 61.200 Gemeindeglieder.
Foto(s): Stefan Rahmann / APK / Sammy Wintersohl