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Superintendent Markus Zimmermann entpflichtete Pfarrerin Almuth Voß.

Verabschiedung von Pfarrerin Almuth Voß nach 31 Jahren als Rösrather Schulpfarrerin

Superintendent Markus Zimmermann würdigte sie als „Reformatorin“, und viele ihrer nun ehemaligen Mitglieder des Kollegiums des Freiherr-von-Stein-Gymnasiums schätzten die Religionslehrerin als sympathische Person mit stets offenem Ohr für verschiedenartige Themen. Auch Schüler der Rösrather Lerneinrichtung werden Pfarrerin Almuth Voß durchaus vermissen: Sie wurde nach 31 Jahren aus ihrer Tätigkeit als Rösrather Schulpfarrerin in den Ruhestand verabschiedet.

Vornehmlich dem Stundenplan der Kollegen und Schüler geschuldet, hatten sich neben den aus dem Schulalltag bekannten Gesichtern zudem Gemeindemitglieder, Freunde und weitere Bekannte zu nachmittäglicher Stunde an einem Werktag anlässlich ihres Entpflichtungs-Gottesdienstes in der Versöhnungskirche eingefunden. Pfarrer Armin Kopper spürte bei der Begrüßung ein ihn umgebendes Gefühl der Traurigkeit, denn „ich hatte mich so daran gewöhnt, dass wir hier seit 20 Jahren an Weihnachten und Ostern gemeinsam Schulgottesdienste begehen und feiern konnten.“ Vor 31 Jahren wurde die in Düren konfirmierte Voß an gleicher Stätte in ihren Dienst eingeführt, und Kopper erinnerte sich gerne an das Krippenspiel mit ungewohnter, offener Wortwahl während ihres ersten gemeinsamen Weihnachtsgottesdienstes, durch das er sich in der „offenen und liberalen Gemeinde“ gleich willkommen fühlte und zu dem auch Almuth Voß wesentlich beitrug.

Beginnend mit einem Studium in Bonn und ihrem Vikariat in Köln-Höhenhaus und -Dünnwald (Ordination 1988) zog es die heute 64-Jährige 1985 an die Hamburger Missionsakademie als besonderen Ort des ökumenischen Lernens, wo sie ein Sondervikariat absolvierte und dort mit Theologen aus anderen Kontinenten im Seminarprogramm zusammenkam. Zurückblickend auf ihr Wirken als Pastorin im Sonderdienst im Kirchenkreis Köln rechtsrheinisch und ihrer dortigen Funktion als Frauenreferentin würdigte Superintendent Zimmermann sie als Reformatorin, da sie sich für die Anliegen der Frauen „in unserer Kirche eingesetzt hat – in einer Kirche, die damals auf toxische Weise männerlastig und -dominiert war. Du, liebe Almuth, warst und bist daher eine Reformatorin, da du dagegen gekämpft hast, und das war wahrlich nicht einfach. Du hast dich eingesetzt für die Rechte der Frauen und überhaupt dafür, dass sie von uns gesehen werden.“ Als weiteren Beweis nannte Zimmermann ihre vieljährige Tätigkeit als Herausgeberin der „Schlangenbrut“, einer Zeitschrift für feministisch-theologisch und spirituell interessierte Frauen. „Du warst mutig und widerspenstig genug, uns darauf aufmerksam zu machen, was alles so falsch läuft.“

Zum 1. Februar 1993 kam die ehrenamtlich auch auf Gremienebenen engagierte Voß (u.a. beim Weltgebetstag) schließlich ans Rösrather Gymnasium, wo sie die Schüler auf ihrem Weg vom Fünftklässler zum Abiturienten begleitete und die schöne kollegiale Zusammenarbeit nicht nur in der Religionsfachschaft genoss. „Ich habe dieses Amt stets seelsorgerisch verstanden, sowohl den Schülern gegenüber als auch interkollegial. Seelsorge bedeutet für mich Begegnung, und daher war es für mich immer toll, mit den Schülern inhaltlich arbeiten zu können“, erklärt Voß, die ferner die Ehre hatte, als erste Pfarrerin im Kölner Dom predigen zu dürfen. Dabei fand sie es spannend, Gruppen länger zu begleiten und die jeweiligen geistigen Entwicklungen der Schüler besonders in der Oberstufe mitzuerleben, „wie das zusammenwächst, was man reingepflanzt hat, also zu beobachten, wie sich das eigenständig weiterentwickelt und sie ihre eigenen Gedanken und Formulierungen finden. Das hat mir immer viel Spaß gemacht.“

Almuth Voß, die auch als Stufenkoordinatorin in der Oberstufe und Klassenleiterin in der Unterstufe wirkte, beteiligte sich auch am Schulleben, etwa mit spirituellen Impulsen auf Weihnachtskonzerten oder als Krisenmanagerin während großer politischer Ereignisse durch die Schaffung von „Gedankenräumen“ für Schüler mit Bedarf an internem Austausch. „Das war für mich selbstverständlich und empfand ich einfach als meine Aufgabe.“ Gerne erinnert sie sich auch an die Organisation von Spendenaktionen, die Durchführung schulpsychologischer Angebote, die Beratungsarbeit wie auch an die zehnjährige Oberstufen-Koordination mit beratender Tätigkeit der angehenden Abiturienten.

Die gesangliche Überraschung gelingt

Vor der offiziellen Entpflichtung lobte auch Superintendent Markus Zimmermann die schulische Integrität von Almuth Voß. „Du wurdest wie selbstverständlich wahrgenommen, und zwar als Kollegin und nicht als Pfarrerin. Du hast an der Schule die gute Botschaft Jesu Christi gepredigt und im Unterricht auf ganz vielfältige und kreative Weise weitergegeben. Viele Früchte deines Wirkens werden jedoch weiterhin wahrgenommen, heute am Tag deines Abschieds und weit darüber hinaus.“ Als Beleg ihrer hohen Akzeptanz und aus großer Dankbarkeit zog das Kollegium zum Lied „Du bist ein Gott, der mich ansieht“ singend in den Altarraum ein und überraschte die scheidende Kollegin mit dieser emotionalen Inszenierung.

Mit dem Eintritt in den Ruhestand beginnt für Almuth Voß nun eine neue Lebensphase. Die neu gewonnene Freizeit möchte sie gerne in Reisen, in den Besuch von Kulturveranstaltungen oder in häufigere Begegnungen mit Freunden investieren. „Ich werde mir einen ganz neuen Alltagsrhythmus organisieren. Ich kann Spätvorstellungen besuchen und mich jetzt auch mal vor 16 Uhr verabreden. Ich freue mich sehr auf diese Zeit und die schönen Aussichten“, sagt sie und kündigt indes an, in bisherigen Vernetzungen weiterhin ehrenamtlich mitwirken zu wollen.

Als jetzt ehemalige Schulpfarrerin hatte sie mit Menschen zu tun, die nichts oder nur wenig mit Kirche gemeinsam haben. „Daher habe ich eher von diesen Menschen, also vom Rand, auf die Kirche geschaut. Da ergeben sich zwangsläufig andere Perspektiven, wie sie etwa eine Gemeindepfarrerin hat. Ich bin geschult darin, zu wissen, dass die Relevanz der Kirche im Alltag der Menschen ganz stark abgenommen hat.“ Für den religiösen Schulalltag sei in zunehmendem Maße eine Alphabetisierung hinsichtlich religiöser Fragen und Erfahrungen nötig. „Da ist im Laufe der Jahre einiges weggebrochen, denn die Schüler haben ja viele Eltern, die nicht mehr kirchlich gebunden sind. Das ist eine Tatsache, mit der wir umgehen müssen. Die Herausforderung besteht meines Erachtens darin, dass der Unterricht einerseits an die Lebenswirklichkeit der Schüler anknüpfen soll, andererseits hierfür aber erstmal religiöse Aspekte gefunden werden müssen.“

Text: Holger Hoeck
Foto(s): Holger Hoeck