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Ökumeneachse: Berlin – München – Köln-Dellbrück

Berlin und München hatten ihre ökumenischen Kirchentage. „Warum nicht auch in Dellbrück und Holweide?“ dachten sich die beiden evangelischen Pfarrer Otmar Baumberger, Klaus Völkl sowie der katholische Kollege Bernd Michael Fasel und organisierten den ersten ökumenischen Gemeindekirchentag für beide Stadtteile. Im Straßenbahnmuseum Thielenbruch versammelten sich Gemeindemitglieder und Vertreter von rund 30 Vereinen unter dem Motto des Ökumenischen Kirchentags München 2010 aus dem 1. Petrusbrief „Damit ihr Hoffnung habt“.

Was tut ein Stadtsuperintendent oder ein Stadtdechant eigentlich?
Arnd Henze, im Hauptberuf stellvertretender Leiter der Programmgruppe Ausland des WDR, musste die versprochene Moderation des eröffnenden Podiumsgesprächs von Stadtsuperintendent Rolf Domning und dem stellvertretenden Stadtdechanten Monsignor Rainer Fischer absagen, wurde aber von Dr. Gerhard Kock, dem Leiter des Medienzentrums „KOMED“ vertreten. „Zu welchen Fragen äußert sich die Kirche im öffentlichen Leben?“ war eine der Fragen, zu denen beide etwas zu sagen hatten. Sonntagsöffnungen und Kürzungen im sozialen Bereich gehören nach ihrer Ansicht dazu, auch Heikles wie die im vergangenen Jahr aufgedeckten Missbrauchsskandale kam zur Sprache. „Wir wissen alle, dass wir das Thema nicht abwälzen können sondern miteinander angehen müssen. Evangelische und katholische Kirchen müssen sich bewusst werden, dass das Thema damals schon drangewesen wäre“ betonte Baumberger dazu. „Es war ein gutes Gespräch, vor allem weil den Leuten so einmal bewusst wurde, was ein Stadtsuperintendent oder ein Stadtdechant machen“ zog er Bilanz.

Katholisch oder evangelisch?
Unter den Jazzklängen der Paulus Big Band konnten die rund 300 Besucherinnen und Besucher nach Eröffnungsgottesdienst und Podiumsgespräch eine kleine Stärkung einnehmen oder sich an den Infoständen der rund 30 Vereine informieren. Köpfchen und Kenntnisse musste bemühen, wer sich auf das Ökumene-Quiz der Gemeindejugendlichen einließ: „Evangelisch, katholisch oder beides?“ – die Antwort auf diese Frage ist bei dem Liedklassiker „Ein´ feste Burg ist unser Gott“ eindeutig, bei „Sonne der Gerechtigkeit“ wird die Zuordnung zum „richtigen“ Gesangbuch schon schwieriger. Auch bei Fragen wie „woran erkenne ich an der Ausstattung, ob die Kirche katholisch oder evangelisch ist?“ oder „welche Bücher sind im Alten Testament der evangelischen, katholischen oder orthodoxen Kirchen zu finden?“ musste schon die Allgemeinbildung bemüht werden. Neben dem Ökumenischen Hospizdienst Köln Dellbrück/Holweide e.V., der Karnevalsgesellschaft KAJUJA und weiteren Initiativen mit kirchlichem Hintergrund gab es ein buntes Spektrum des Stadtteillebens: Der Bürgerverein Holweide war ebenso zu finden wie die Freiwillige Feuerwehr Dellbrück, die Frauen der Christuskirche priesen boten ihr Kochbuch „Himmlische Rezepte“ an und die Polizei gab Tipps zum Schutz vor Einbrüchen.

Katholischer Preis für evangelisches Kabarett
Gerade diese Vielfalt an Vereinen und Initiativen, die beide Stadtteile aufweisen, hatte Baumberger, Völkl und Fasel zum ökumenischen Kirchentag ermutigt: „Es gibt hier schon events wie die Jazzmeile und die Kunstmeile, darum wollten wir auch einmal als Kirchengemeinde so etwas ausprobieren“ betonte Baumberger. Fasel schätzte vor allem den Austausch unter Menschen, die sich sonst im Gemeindealltag nicht begegnen. Ein dickes Lob hatten alle drei für den Veranstaltungsort, das Thielenbrucher Straßenbahnmuseum, und die dazugehörige Gastronomie „Lezuch´s“: „Man ist uns in vielem sehr entgegengekommen“ freute sich Baumberger. Kaffee, Mineralwasser und Suppe spendierten die Gemeinden, mit einem Auftritt des Kabaretts „Klüngelbeutel“ kam auch der Spaß nicht zu kurz. Ökumenischer Touch im Kabarettprogramm war die Verleihung der „Honnefer Zündkerze“, den das protestantische Kirchenkabarett aus Köln als erster Preisträger mit nach Hause nehmen durfte, obwohl – oder gerade weil? – er vom katholisch-sozialen Institut Bad Honnef, einer renommierte Einrichtung des Erzbistums Köln ausgelobt wird.

"Mal sehen, was die andere Seite macht"
Neuland war der ökumenische Kirchentag nicht nur für Veranstalter, sondern auch für Gäste: „Wir dachten, wir müssen endlich einmal etwas von der Ökumene mitbekommen, die wir bisher vernachlässigt haben“ begründeten Norbert und Erika Kohn ihren Besuch im Straßenbahnmuseum. Beide haben ihre Wurzeln in der katholischen Kirche, sind aber auch der ökumenisch orientierten Taizé-Bewegung verbunden. „Beim Podiumsgespräch war es spannend, dass einmal zwei Offizielle über Dinge sprachen, die man sonst nur in den Medien hört“. Miriam, 17 und Katharina, 16, vom katholischen Holweider Jugendforum fanden es dagegen nur spannend, einmal „zu sehen, was die andere Seite macht“.

Kinderkirchentag im Gemeindehaus
„Das Basteln hat uns am besten gefallen“ berichten Meike und Annette, beide acht Jahre alt. 46 Kinder im Grundschulalter versammelten sich abseits des Treibens im Straßenbahnmuseum im Gemeindehaus der Pauluskirche. „Wir wussten, dass die Kinder im Straßenbahnmuseum nicht gut aufgehoben sein würden“ betonte Klaus Völkl, Pfarrer an der Pauluskirche. Dank der Unterstützung von 14 ehrenamtlichen Helfern konnten sie bei ihrem eigenen Kinderkirchentag spielen, basteln und der spannenden Geschichte von Jona und seinem Weg nach Ninive lauschen. Wie sich Jona im Bauch des Wales gefühlt haben könnte, erfuhren sie im „Krabbeltunnel“, wovor sie persönlich Angst haben, schrieben sie anschließend auf kleine Papierwolken. Als Andenken bastelten sie zum Abschluss kleine Mobiles mit Schiffen und Walen.

"Wir sitzen in einem Boot"
Ein großes Transparent, das sie beim Kinderkirchentag gestaltet hatten, präsentierten die Kinder auch zum Abschlussgottesdienst. Schiff und Sturm bildeten auch die Bilder ab, die in Predigt und Liedgut des Gottesdienstes aufgenommen wurden. „Wir Christen vertrauen darauf, dass wir in einem Boot sitzen“ zog Fasel in seiner Predigt Bilanz. „Wir sollten nicht gegeneinander arbeiten, sondern miteinander glauben“. Ein voll besetzter Saal zum Abschlussgottesdienst zeigte, dass er damit nicht alleine stand. Während sich tagsüber niemand um einen freien Sitzplatz Sorgen machen musste, war der Saal zum Abschlussgottesdienst bis auf den letzten Platz gefüllt.

Ökumenische Aktionen gehen weiter
Die gemeinsame Aktion war nicht die erste und wird nicht die letzte bleiben, da waren sich alle drei Pfarrer einig: Die gemeinsame „Wanderschaft“ hat in den evangelischen und katholischen Gemeinden von Holweide Tradition: Die ökumenische Eliasprozession beginnt seit 1975 mit einem ökumenischen Wortgottesdienst unter freiem Himmel und führt anschließend zum Festzelt der Holweider Kirmes. Zum „Jahr der Taufe“ 2011 planen die Gemeinden eine gemeinsame Taufgedächtnisfeier.
Die nächsten ökumenischen Gottesdienste der drei Gemeinden der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Dellbrück/Holweide finden am Mittwoch, 17. November – dem Buß- und Bettag – um 19 Uhr in der Pauluskirche, Thurner Straße 105, Christuskirche, Dellbrücker Mauspfad 361, und in der Versöhnungskirche, Buschfeldstraße 30, statt.

Text: Annette v. Czarnowski
Foto(s): avc