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Neugier, Interesse, Spielfreude und Musikgenuss: Der Orgel-Emporen-Tag im Evangelischen Kirchenkreis Köln-Süd war ein voller Erfolg

Ein Gottesdienst ohne Orgel ist für viele Christinnen und Christen kaum vorstellbar. Nur die Menschen, die die Orgel spielen, treten kaum in Erscheinung. Außerdem bietet die „Königin der Instrumente“ auch außerhalb des Gottesdienstes unendlich viele musikalische Möglichkeiten. Beim Orgel-Emporen-Tag im Evangelischen Kirchenkreis Köln-Süd konnten auch Nicht-Organisten einmal ausprobieren, wie es sich anfühlt, mit Manualen und Registern zu hantieren. Vor allem Kinder waren von dem Rieseninstrument beeindruckt.

Orgelerkundung für Jung und Alt
Eigentlich spielt Bengt, 9 Jahre alt, Cello. Jetzt sitzt er auf der Orgelempore der Erlöserkirche in Rodenkirchen, greift in die Tasten und hört – nichts? „Da klappert etwas“ stellt er schnell fest. Erst als Barbara Mulack, Kreiskantorin des evangelischen Kirchenkreises Köln-Süd, das elektrische Gebläse einschaltet, erklingt ein Ton. „Früher musste man dafür einen Blasebalg treten“ weiß Bengt immerhin schon.
Jonas spielt Klavier und kennt bereits die Register einer Orgel, die die Klangfarbe bestimmen.
Nach und nach wagen sich alle neun Kinder, die zur Orgelerkundung in die Erlöserkirche gekommen sind, einmal an die Tastatur und bekommen zwischendurch von Mulack Erläuterungen: Was sind „Abstrakte“ und „Manuale“, wozu dienen die merkwürdigen „Jalousien“ vor den Pfeifen und wie unterscheiden sich die Klangfarben der Register „Prinzipal“, „Plenum“ oder „Kornett“? „Das Rieseninstrument ist faszinierend für Kinder, es ist schon etwas Besonderes, wenn man da mal dran darf“ stellt letztlich auch Bengts Mutter fest, die die „Probierstunde“ gemeinsam mit den anderen Eltern verfolgt. Die vier Erwachsenen, die nach den Kindern an die Orgel dürfen, sind nicht weniger neugierig als die Kleinen.

Raus aus dem „Spielschrank“
Genau diese Neugier und die Nähe zum Instrument wollten Mulack und ihre Kollginnen und Kollegen aus dem Kirchenkreis mit dem „Orgel-Emporen-Tag“ erreichen. „Die Orgel ist ein Gottesdienst-Instrument. Kaum ein Instrument ist so gut geeignet, den Gemeindegesang zu unterstützen, indem es den ‚Cantus Firmu’s‘, die Melodie des Liedes, hervorhebt.“
Aber daneben gibt es natürlich auch immer eine Tradition des Orgelspiels außerhalb des Gottesdienstes. Dass die Orgel im musikalischen Bewusstsein trotzdem so wenig verankert ist, liegt an ihrer distanzierten Position: „Meistens verschwindet der Organist im Rückpositiv oder in seinem Spielschrank, ohne gesehen zu werden. Im Gottesdienst hört man immer `die Orgel spielt´ ohne den Organisten zu sehen“, ist Mulacks Erfahrung.
Die Architektur der Rodenkirchener Erlöserkirche mit ihrer niedrigen, zum Gottesdienstraum hin geöffenten Empore trägt neben dem Programm dazu bei, diese Distanz zwischen Orgel und (Gottesdienst-)Publikum zu verringern. Einen Eindruck von den klanglichen Möglichkeiten konnten Besucher des Orgel-Emporen-Tages in allen teilnehmenden evangelischen Kirchen durch professionelle Musik-Aufführungen bekommen.
In der Erlöserkirche zum Beispiel trug Willi Kronenberg seine Orgelbearbeitung von Edvard Griegs „Peer Gynt“ vor, während Dr. Fritz Langensiepen zwischen den einzelnen Abschnitten Hendrik Ibsens Geschichte rund um den ruhelosen Bauernsohn kindgerecht nacherzählte.

Kinderklassiker“ auf der Orgel
In der evangelischen Christuskirche Brühl war eine Orgelfassung von Sergej Prokofjews Kinderklassiker „Peter und der Wolf“ zu hören – ebenfalls eigentlich ein Orchesterstück. Zur anschließenden Probierstunde kamen Kinder im Alter von fünf bis acht Jahren – eigentlich noch nicht im Lernalter für die Orgel: „Kinder sollten erst einmal Klavier spielen, dann ist der Zugang zur Orgel deutlich einfacher“ ist Mulacks Erfahrung. Drei bis fünf Jahre Klavierunterricht sollten eine gute Basis sein, um auch mit dem Orgelspielen zu beginnen, obwohl es auch „Quereinsteiger“ gibt. „Realistisch ist es, wenn Kinder im Alter ab elf bis zwölf Jahren an einer Orgel sitzen – vorher sind sie körperlich noch zu klein, um Pedale und Tastatur zu erreichen. Aber das heißt nicht, dass man ihnen das Instrument nicht vorher schon vorführen kann“.

„Orgelmaus“ in Zollstock
Kinder, natürlich mit Eltern und interessierten Erwachsenen, waren auch die Hauptzielgruppe beim Orgel-Emporen-Tag in der Zollstocker Melanchthonkirche. Hier stellte die Organistin Barbara Bannasch die Klangmöglichkeiten der Orgel vor. Ein Highlight war eine szenische Aufführung von Karl-Peter Chillas Kinderbuch „Die Orgelmaus – ein Gesprächskonzert für Kinder“.
Dass die beteiligten Kinder „Feuer fingen“ ,konnte jeder sehen und hören, der die Jungmusiker/innen andächtig vor dem Rieseninstrument stehen und sitzen sah. Diese Faszination weiter zu geben, war eines der Ziele des Orgel-Emporen-Tags: „Die Nachwuchssituation unter Organisten ist nicht so „prickelnd“ weiß Mulack. „Es lohnt sich auf jeden Fall, dieses Feld zu beackern“.

Im nächsten Jahr soll der Orgel-Emporen-Tag überall in Köln und Region stattfinden
In diesem Jahr beteiligten sich aussschließlich Gemeinden des Kirchenkreises Köln-Süd am Orgel-Emporen-Tag. Mit einer Ausnahme: Spontan war die Kirchengemeinde Köln-Dellbrück – im evangelischen Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch gelegen – dazu gestoßen. Wegen der positiven Resonanz planen Mulack und ihre Musikerkolleginnen und -kollegen aus den anderen drei Kölner Kirchenkreisen bereits jetzt den zweiten Orgel-Emporen-Tag am 5. Februar 2011 und hoffen, dass Gemeinden aus ganz Köln und Region teilnehmen.

Text: Annette v.Czarnowski
Foto(s): v. Czarnowski