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Nachlese zum 35. Deutschen Evangelischen Kirchentag

Im Anschluss an den Evangelischen Kirchentag in Stuttgart hat die Online-Redaktion einige Eindrücke von Kirchentagsbesucherinnen und -besuchern erbeten. Hier eine kleine Nachlese.

Ich war als KLÜNGELBEUTEL solo kabarettistisch aktiv in der Mitgestaltung des Kirchentages. Besonders schön war diesmal die Zusammenarbeit mit den Kabarettkollegen bei dem großen gemeinsamen Abschlussabend im Kursaal Bad Cannstatt und die gemeinsame Veranstaltung mit der urschwäbischen Deutschen Bibelgesellschaft Abteilung Württemberg. Bei dieser Veranstaltung gab es Bibeltexte und zugehörige Kabarettstücke. Eine sehr spezielle, aber auch sehr reizvolle Kombi.

Persönlich hat mich daneben am meisten das Thema Trialog beschäftigt. Konkret erlebt habe ich in Stuttgart eine Bibelarbeit mit einer Muslima, einer Jüdin und einer ehemaligen Bischöfin, dann ein Auswertungsgespräch zu einem sehr eindrucksvollen trialogischen Musikprojekt („Trimum“) und ein Theaterstück der renommierten Berliner Compagnie zum Thema Religionen, Gewalt und Gerechtigkeit. Mein Gefühl: Das Aufeinander-Zu der Religionen ist dann am beeindruckendsten, wenn sie etwas miteinander auf die Beine stellen.
Pfarrer Wolfram Behmenburg, Kabarett KLÜNGELBEUTEL

Es hat mich beeindruckt und gefreut, wie leicht es war, in Stuttgart mit den anderen/fremden Kirchentags-Besuchern ins Gespräch zu kommen und wie erstaunlich intensiv diese Gespräche dann wurden. Das war zum Beispiel so rund um Veranstaltungen zu aktuellen gesellschaftspolitischen Themen wie Big Data, Flüchtlinge oder Synthetische Biologie – aber auch nach intensiven Bibelarbeiten. Das hat ein wunderbares Gemeinschaftsgefühl ausgemacht.

Ein Highlight des Kirchentages war für mich das Planspiel "Willkommenskultur". Es hat viele Aspekte auf ganz erstaunliche Weise real erfühl-bar gemacht. Beim nächsten Kirchentag bin ich wieder dabei, werde mir aber dann nach den vier Tagen "Druckbetankung" einen freien Montag gönnen…
Pfarrer Armin Beuscher, Kirchengemeinde Köln-Lindenthal

Kirchentag existenziell: So würde meine Überschrift lauten. Zum einen, weil es bei den tropischen Temperaturen sehr konkret um die Wasserversorgung und Sonnenschutz, sprich tägliche Existenzsicherung ging. Dabei fiel mir auf, dass nicht nur „der Kirchentag“ mit zusätzlich eingerichteten Wasserstellen zeitnah und unkompliziert reagierte, sondern auch die Besucherinnen und Besucher, besonders auch die Jugendlichen sehr vernünftig agierten, indem sie Schutz im Schatten suchten und Sonnenschutzcreme zur Grundausrüstung gehörte. Beeindruckend war zudem wieder einmal die friedliche Stimmung bei einer solchen Großveranstaltung, auch wenn es mal eng wurde oder gar kein Platz mehr ergattert werden konnte.

Existenziell war es auch thematisch: Hervorheben möchte ich da natürlich die Rheinische Bühne am Karlsplatz, auf der wieder einmal bekannte wie unbekannte Profis zum Thema „Klug leben und klug Sterben“ auftraten, durchsetzt mit ausgewählter Musik, Kabarett und Tageszeitgebeten. Mehrfach wurde ich gefragt, ob ich „dumm“ angereist und jetzt klüger oder gar klug geworden sei! Meine Antwort: Jeden Tag, durch jede Begegnung, jedes Erlebnis, tägliche Arbeit und Mühe, aber auch durch Muße werde ich klüger. Also auch in den vier Tagen in Stuttgart auf dem Kirchentag! Klug leben heißt für mich bewusst leben – klug sterben, wenn ich mir meiner Endlichkeit bewusst bin und genau aus diesem Grund noch bewusster und in vollen Zügen mein Leben als Geschenk genieße!
Pia Blome-Drees, Synodalbeauftragte für den Kirchentag im Kirchenkreis Köln-Süd

Für mich war wieder einmal beeindruckend, wie viele Jugendliche aus ganz Deutschland zum Kirchentag gekommen sind. Es war toll zu sehen, wie viel Mühe sie sich mit den einzelnen Angeboten gemacht haben, aber besonders beeindruckt hat mich, wie sie Stück für Stück ihre anfänglichen Berührungsängste abgelegt haben und den Kirchentag zu einem Jugendevent gemacht haben mit Kreativität, Spaß und Begegnung.
Daniel Drewes, Evangelisches Jugendpfarramt

Zwei wunderbare Gottesdienste zur Eröffnung und zum Abschluss rahmten einen fröhlichen Kirchentag ein. Tolle Lieder, bewegende Texte und Gebete, aufmerksame, nachdenkliche und beteiligte Menschen in einer nicht alltäglichen Gemeinschaft. Es hat viele berührt, manche in einer besonderen Art ein wenig klug gemacht und ermutigt für ein gesellschaftliches Zusammenleben, das für Christinnen und Christen nicht leichter wird.

Besonders wären da noch die vielen kleinen, oft unscheinbaren Veranstaltungen und Begegnungen mit Menschen, Worten und Thesen zu nennen. Sie haben auch ihre Nachhaltigkeit in den Herzen der Menschen. So wie die Bibelarbeit von Erhard Eppler, zum Abschied seiner aktiven Beteiligung. Er zieht sich aus Altersgründen zurück, aber hinterlässt allen die Bitte: „Lasst Euch nicht durch die Medien oder zu simple politische Antworten für dumm verkaufen. Bleibt kritisch und fragt nach. So wird man ein Stück klüger.“
Ernst Fey, Vorsitzender des Landesausschusses Rheinland des DEKT

Die Bibelarbeit von Nadia Bolz-Weber hat mich beeindruckt. Sie hat einen Weg aus der Drogensucht bis hin zur ordinierten Lutherischen Pfarrerin hinter sich gebracht. Obwohl sie sehr unkonventionell aussieht (beide Arme sind tätowiert), war die Bibelarbeit zu dem Text mit den törichten und weisen Jungfrauen, den ich wirklich sehr schwierig finde, großartig. Sie redet frei von der Leber weg, aber die Textauslegung fand ich hervorragend. Sie hat den Grundsatz, dass eine Predigt die gute Botschaft des Textes herausarbeiten soll. Sie ringt so lange mit der Textstelle, bis diese Botschaft sich zeigt.In einer jüdisch-christlichen Bibelarbeit mit Jonathan Wittenberg, einem Rabbiner aus

London, und Gabriele Wulz, Prälatin aus Ulm, und in der folgenden Veranstaltung mit dem Titel "Auf der Schrift stehen" mit Eva Harasta, einer Systematischen Theologin aus Berlin, Jürgen Ebach, Alt-Testamentler und Leah Hochman, Judaistin aus Los Angeles, hat mich die Frage sehr beschäftigt, wie das Alte Testament für zwei Religion die Grundlage sein kann und offenbar von jeder anders ausgelegt wird. Interessant war der Gedanke "Mit 2 beginnt die Wahrheit", dass man vielleicht durch das dialogische Verhältnis erst zum eigentlich Textverständnis kommt. Natürlich waren da noch ganz viele andere Eindrücke (es war heiß) und es war ein tolles Gruppenerlebnis…
Heike Henneken

Auf unsere Rheinisch-Westfälisch-Lippische Bühne bin ich sehr stolz, denn der Karlsplatz, wo unsere Bühne stand, war, trotz sehr heißer Sonne, permanent gut gefüllt und die Leute hörten wirklich aufmerksam zu. Das war kein Laufpublikum (wie oft üblich bei Open Air), sondern sie kamen wirklich gezielt wegen unserer Themen „Klug leben", „Klug werden“ und „Klug sterben“. Gerade das „Klug sterben“-Thema, bei dem wir in der Vorbereitung sehr unsicher waren, ob es auf eine Open Air-Bühne passt, stieß auf große Resonanz – es gab sogar Lob vom Präses. Für mich bedeutet Kirchentag mitwirken – diesmal in zwei Rollen, als Kabarettistin und Projektleitungsmitglied. Beides waren tolle Erfahrungen. Und die vielen Begegnungen und tollen Gespräche sind einfach immer wieder toll.
Susanne Hermanns, Kabarettistin und Projektleitungsmitglied der Rheinischen Bühne

Besonders beeindruckt hat mich die Podiumsveranstaltung "Die Welt aus den Fugen" mit Frank-Walter Steinmeier, Kofi Anan und Bischof Nick Baines, die ich aus der vierten Reihe vor der Bühne mitverfolgen konnte. Trotz aller Krisen weltweit finde ich es sehr beruhigend, dass vor allem unsere Außenpolitik in so guten Händen liegt! Aus diakonischer Sicht muss ich besonders die Podiumsdiskussion "Arbeitgeberin Kirche: Der Himmel auf Erden?" erwähnen. Die kontroverse Diskussion zwischen Diakonie-Präsident Ulrich Lilie, Vertretern von verdi und AGMAV uns besonders die fundierten Beiträge der Bundestagsabgeordneten Kerstin Griese haben mich wirklich klüger gemacht.

Toll und sehr anschaulich war auch der Vortrag meiner Kollegin Claudia Lautner aus der Schuldnerberatung zu "Schuldenfalle Alter". Ein bisschen klüger geworden bin ich auch durch die Bibelarbeiten: Finanzminister Wolfgang Schäuble zeigte sich als humorvoller Badener und blieb seiner politischen Linie auch angesichts der Bibelstelle über den Mammon treu. Sehr positiv überrascht hat mich Alois Glück, Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken: ein lebenskluger und doch bescheidener Mann, der die Bibelstelle vom "Klug sein angesichts der Unergründlichkeit des Lebens" sehr eindrucksvoll mit den Themen Glück, Gelassenheit und Gottvertrauen verband.
Herzlich gelacht habe ich beim Kabarett Hermanns & Putzler: "Großer Gott, wir loben Dich" auf die Melodie von Helene Fischers "Atemlos durch die Nacht" zu singen, ist wirklich originell und "ganz große Kunst".

Insgesamt war die ganze Atmosphäre geprägt von sehr gastfreundlichen und geduldigen Stuttgartern, von Posaunenmusik und Chorgesang an jeder Ecke – und von den vielen jugendlichen Helfern, die das Kirchentagsvolk auch kurz vor Mitternacht noch gut gelaunt durch Megaphone ermunterten: "Und jetzt alle schnell über die grüne Ampel und kommt gut nach Hause!"
Martina Schönhals, Pressesprecherin des Diakonischen Werks Köln und Region

Text: APK
Foto(s): DEKT/Nadine Malzkorn