Die Adventszeit ist nicht weit. Während sich viele Kinder hierzulande auf gut gefüllte Adventsteller freuen, auf denen Schokolade nicht fehlen darf, gibt es am anderen Ende der Welt Kinder, die noch nie ein Stück der Süßigkeit in der Hand, geschweige denn im Mund hatten. Auch in Honduras ist dies der Fall. Das Land und sein Kakaoanbau waren Thema der letzten Beatmesse in der voll besetzten Johanneskirche.
„Das ist wohl so etwas wie ein musikalischer Gottesdienst“, rätselten Leif, Henry und Mona, alle 13. Die drei Konfirmanden warteten auf ihren Einsatz zur Beatmesse in der Klettenberger Johanneskirche, zu der Pfarrerin Anna Quaas, Pfarrer Ivo Mazanek und Pater Diethard Zils gemeinsam mit der „Hausband“ Ruhama viele musikalische Beiträge zusammengestellt hatten. Der Hauptakteur aber ist stumm, klein, braun und nahrhaft: Die Kakaobohne.
Abholzen von Regenwald
Sie war auch Gegenstand einer von Ivo Mazanek verfassten und von Diethard Zils vorgetragenen Textmeditation, aus der die Besucherinnen und Besucher einiges erfuhren: Klein und doch von Gewicht für die Menschen, die sie ernten, darunter Kinder. Das Abholzen von Regenwald, um Platz für Monokulturen zu schaffen, schädigt den Regenwald und langfristig das Klima. Verzichtet man auf hohe Erträge durch Monokulturen und entscheidet sich für nachhaltigen Anbau in Mischkulturen mit anderen Nutzpflanzen und natürlich vorkommenden Bäumen, kann sie Kleinbauern – auch in Honduras – Perspektiven bieten.
Strukturelle Verantwortung
Die Situation in Honduras legte Dr. Pedro Morazán, Mitarbeiter des Instituts für Ökonomie und Ökumene „Südwind“ in seinem Bericht eindrucksvoll dar: Vier Millionen Menschen leben in dem mittelamerikanischen Staat auf einer Fläche, die etwa ein Drittel der Bundesrepublik Deutschland umfasst. „Es ist eines der gewalttätigsten Länder der Erde“, räumte Morazán mit Illusionen auf. Gleichzeitig habe das Land eine Brückenfunktion für den Drogenhandel. Die Armut, auch verursacht durch ungerechte wirtschaftliche Strukturen, zum Beispiel die Landverteilung, sei so groß, dass das Land sie nicht aus eigener Kraft überwinden könne. Auch Einzelne, selbst wenn sie täglich zehn bis zwölf Stunden auf einer Plantage schufteten, fänden aus der Armut nicht aus eigener Kraft heraus. Dennoch habe das Land, so Morazán, eine fröhliche Bevölkerung, die Musik und Kunst liebe. Für Armut müssten reiche Länder eine strukturelle Verantwortung tragen – solange sie von niedrigen Preisen profitierten.
Von Nicaragua nach Honduras
Weiterhin schilderte Morazán, wie er im Auftrag des Schokoladenherstellers Ritter Sport ein Projekt in Nicaragua evaluierte. Der Hersteller bietet dort rund 3.000 Bauern in 23 Kooperativen die Möglichkeit, ihre Produkte zu fairen Preisen, ohne Verluste durch Zwischenhändler, zu verkaufen.
Eine Kakaopflanze, das hatten Gottesdienstbesucher bereits aus der Meditation erfahren, braucht vier Jahre, um Ertrag zu liefern. Als ihn eine Bonner Stiftung um Rat fragte, um ein vergleichbares Projekt in Honduras auf die Beine zu stellen, sei er skeptisch gewesen. „Das schaffen Bauern alleine nicht“, betonte Morazán. Dank Projektpartnern versuche man zurzeit, dort Hilfe für rund 160 Familien zu organisieren. Im Dezember wird Morazán selbst nach Honduras reisen. „Ich habe dort vom Kölner Schokoladenmuseum erzählt. Es gab Kinder, die keine Schokolade kannten, obwohl sie Kakao ernten, statt zur Schule zu gehen“, gab er den Gottesdienstbesuchern noch mit auf den Weg.
Ein Kreuz, das inspirierte
Aus Honduras berichtete auch Dr. Anna Quaas, Pfarrerin der Kartäuserkirche und Vorsitzende des Arbeitskreises Comisión Acción Social Menonita (CASM). Ein Kreuz, getragen von kleinen Figuren im Playmobil-Stil, illustrierte für sie Galater 6,2, „Einer trage des anderen Last“, praktische Solidarität, wie sie auch Morazán eingefordert hatte.
Die alltägliche Kriminalität
Quaas berichtete von Pfarrern, die die alltägliche Kriminalität am eigenen Leib erlebten und die Wohnung wechselten, weil sie mehrfach ausgeraubt und bedroht wurden. Ein befreundeter Pfarrer habe dort in einer fast verlassenen Vorstadt eine Schule aufgebaut – die bald wieder schließen musste, weil der Ort zum Kampfplatz rivalisierender Jugendbanden, sogenannter „Maras“, wurde. Die Lösung: Unterricht über das Radio. Der Pfarrer blieb trotz Kriminalität und Bedrohungen im Viertel, um ein Zeichen zu setzen. „Dies gibt mir Kraft, dass ich überall auf der Welt Menschen treffe, mit denen ich meinen Glauben teilen kann. Diese Menschen hoffen auf unsere Solidarität“, erklärte sie zum Abschluss. „Ich freue mich, dass wir dieses wichtige Thema, das in der Presse nicht oft zu finden ist, heute in der Beatmesse haben“, hatte sie bereits zum Gottesdienstbeginn betont.
Foto(s): Annette von Czarnowski