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„Meine Wünsche – Deine Wünsche“ beim Frauentag im Kirchenkreis Köln-Süd: Nicht nur individuelle Wünsche, sondern auch, was „wünschenswert für die Zukunft der Welt“ ist

Begegnung, Austausch, Nachdenken, Luft holen, sich anregen lassen, kreativ arbeiten, gemeinsam feiern und beten – das und mehr bieten die Frauentage in den Kirchenkreisen des Evangelischen Kirchenverbands Köln und Region. Den Auftakt machte in diesem Jahr Ende Januar der Kirchenkreis Köln-Süd: Rund hundert Teilnehmerinnen nahmen das offene Angebot wahr. Junge wie ältere Frauen aus dem Kölner Süden und dem südlichen Rhein-Erft-Kreis trafen sich dazu im Berufsförderungswerk der Diakonie Michaelshoven im Kölner Stadtteil Rodenkirchen. Derweil sie den Eingangsvortrag, eine Arbeitsgruppe ihrer Wahl und die abschließende Vesper besuchten, genossen ihre mitgebrachten Kleinkinder eine separate Betreuung.
„Meine Wünsche – Deine Wünsche“ lautete das Thema des Tages. Was es damit konkret auf sich hatte, erläuterte im Namen des Vorbereitungskreises Pfarrerin Almuth Koch-Torjuul: „Eigene Wünsche wahrnehmen und formulieren, fremde Wünsche kennen lernen – und dabei im Blick haben, was wünschenswert ist für die Zukunft der Welt.“ Bei den Teilnehmerinnen habe die Themenwahl großen Anklang gefunden, so die Frechener Pfarrerin, „entsprechend gut ist die Stimmung und Beteiligung“.

Wünsche an das „Miteinander“
Ein Blick auf die Inhalte der Arbeitsgruppen zeigte, dass es eben nicht um gängige materielle Wünsche ging, sondern um offenbar maßgebliche Anliegen und Bedürfnisse sozialer und künstlerischer Natur: Um „innere“ Zufriedenheit mit dem „Selbst“, um ein gutes Miteinander in Partnerschaft und Familie, um ein harmonisches Agieren mit anderen Menschen.
Ebenso um Verständnis unter den Religionen, wie die sehr große Resonanz auf das Angebot von Hanim Ezder, Leiterin des muslimischen Familienbildungswerks Köln, und Christina Schlarp, Frauenreferentin im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region, belegte. Beide bieten seit geraumer Zeit Dialogveranstaltungen zwischen Christinnen und Musliminnen an. Anlässlich des Frauentages wurden die Wünsche beider Seiten für ein friedvolles Zusammenleben erneut ausgetauscht.

Eine große Bandbreite an Wünschen
Wenn Lebenswünsche auf die Realität stoßen, und was Frau tun kann, um ihre Wünsche nicht aus dem Blickfeld zu verlieren, das thematisierte Silvia Arndt, Leiterin des Frauenaufnahme- und -wohnheims Elisabeth-Fry-Haus der Diakonie Michaelshoven gGmbH. Förderlich ist dabei ein funktionierendes Zusammenleben, sind der Dialog in Familie und Umfeld.
Wie Frau auf gute Weise Konflikte mit dem Lebenspartner, oder in der Familie lösen kann, wie beide Seiten miteinander ins Gespräch kommen können, dazu bot Dr. Juliane Arnold, Leiterin des Amtes für Erziehungs-, Ehe- und Lebensberatung im Kirchenverband, eine Einführung mit dem Titel: „Bevor die Türen knallen…“
In der Aula des Berufsförderungswerkes leitete Carmen Schroeder-Meißner etliche Damen unter verschiedenen, meditativen Klangfarben und in diversen Tanzformationen zu harmonischem Geben und Nehmen an. In einem anderen Gebäudeteil hatte Kirchenmusikerin Barbara Bannasch diverse Instrumente für eine Vertonung von Wünschen, für Klangschöpfungen bereit gestellt. Derweil vertiefte sich Hannelore Häusler, Pfarrerin im Ruhestand und ehemalige Superintendentin des Kirchenkreises Köln-Süd, unter dem Motto „Mehr als du dir wünschen kannst“ mit Interessierten in das Johannes-Kapitel 4, 5-42.

Auch ein Wunsch: globale, ökologische Zukunftssicherung
Weil Wünsche nicht nur auf das private Umfeld beschränkt bleiben, sondern das Nachdenken über sie in weitaus größere Dimensionen führen sollte, entschied sich der Vorbereitungskreis für einen zusätzlichen politisch-ökologischen Akzent des Frauentages. So wurde eingangs die Problematik des Klimawandels behandelt. „Das Klima ist ein Sorgenkind, das heutzutage alle beunruhigt und bewegt“, so Koch-Torjuul.
Richard Brand, Referent für Klima und Energie bei dem 1999 gegründeten Evangelischen Entwicklungsdienst e.V. (EED) in Bonn, stellte in groben Zügen die Studie „Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten Welt“ vor. Erarbeitet wurde sie im Auftrag des EEP, von „Brot für die Welt“ und des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (B.U.N.D.) 2008 vom Wuppertaler Institut für Klima, Umwelt, Energie. Gedacht als „ein Anstoß zur gesellschaftlichen Debatte“, wartet die Arbeit mit Analysen globaler Zusammenhänge und der Aufforderung zum Umsteuern auf.
Brand nannte drei besondere Herausforderungen: Erstens die Bekämpfung und Überwindung der Armut. „2,6 Millarden Menschen leben von weniger als zwei US-Dollar pro Tag“. Zweitens die Vermeidung der Klimakatastrophe. „Der Wandel ist Realität. Es droht eine Naturkatastrophe.“ Klimaschutz müsse einher gehen mit Sicherung der Ernährung und Wasserversorgung. Drittens müsse das Recht auf Entwicklung, das Menschen wie Länder geltend machten, gleichberechtigt in Einklang gebracht werden mit dem schrumpfenden Umweltraum. In einer begrenzten Welt sei das Modell grenzenlosen Wachstums überholt.

Schon kleine Schritte können helfen
Einigkeit herrschte unter den Teilnehmerinnen, dass das Umwelt-Thema kein abstrakt-entferntes sei, sondern alle und jede(n) betreffe. Resignation angesichts der Komplexität des Stoffes sei falsch. Vielmehr sei persönliches, ebenso kirchengemeindliches Engagement gefordert bei der Suche nach anderen Lebensmodellen im Umgang mit der Natur und den Lebensgrundlagen. Schon kleine Schritte könnten helfen. Entsprechend brachten einige der Teilnehmerinnen neben Erwartungen an die Politik praktische Vorschläge ein. Sie betonten die Notwendigkeit, im Alltag bescheidener und umsichtiger mit Ressourcen umzugehen. Vorschläge betrafen etwa den Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs (insbesondere in ländlichen Gebieten) und die vermehrte Bildung von Mitfahrgemeinschaften (beispielsweise auch zum Frauentag). Zudem wurde die Forderung laut, dass sich die nationale wie internationale Politik noch stärker erneuerbaren Energien zuwenden solle.

„Frieden und Gerechtigkeit bedingen sich gegenseitig“
„Lösungen müssen zukunftsfähig, nachhaltig sein“, forderte Brand. „Es gibt keine Ökologie ohne Gerechtigkeit und umgekehrt“, mahnte der Wirtschaftswissenschaftler eine globale Partnerschaft an. Entwicklungsländer bedürften der Unterstützung der Industrieländer. Dabei müsse ein Gastrecht für alle in der Welt sicher gestellt werden. „Wir haben die Erde zu treuen Händen“, sieht Brand das Thema gerade auch unter einem biblischen Aspekt. Bewahrung der Schöpfung, Frieden und Gerechtigkeit bedingten sich gegenseitig. So sei die Studie ein weiterer Versuch, die entsprechende Debatte in Gesellschaft und, als ein Teil von ihr, in Kirche anzuregen.
„Es ist eine klassische Stärke des christlichen Glaubens, diese Gedanken zu denken“, stellte Koch-Torjuul fest. Und so wurde in der abschließenden Vesper noch einmal über den (selbst)zerstörerischen Einfluss des Menschen auf die Natur nachgedacht. Über sein verändertes Verhalten ihr gegenüber, das weitgehend geprägt sei von der „Kosten-Nutzen“-Frage, von Ausbeutung und Vernichtung ihrer Ressourcen. Dabei sei die Erde von Gott den Menschen anvertraut, der achtsame Umgang mit der Schöpfung also Grundlage unserer eigenen Existenz.

Die Kollekte des Gottesdienstes, bestimmt für das Frauenaufnahmeheim und -wohnheim Elisabeth-Fry-Haus der Diakonie Michaelshoven, erzielte eine Summe von über 400 Euro.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Broich