Ihr Fahrrad und ein Rollkoffer sind für die Arbeit von Nicola Thomas-Landgrebe unverzichtbar. Sie ist nämlich oft unterwegs. In der Antoniterkirche wurde sie jetzt von Superintendentin Susanne Beuth in ihre Ämter als Pfarrerin an der Thomaskirche und an der Lutherkirche eingeführt. Damit ist sie zuständig für das nördlichste Gotteshaus der Gemeinde Köln. Und für das südlichste.
Dementsprechend gilt es, häufiger mal „Strecke zu machen“. „Wir alle müssen beweglicher werden“, kommentiert sie ihre eigene Situation auch mit Blick auf die Kirche der Zukunft. Die werde mit weniger Menschen auskommen. Und mit weniger Kirchen. „Aber die Gemeindeglieder sind von mobiler als man denkt“, sagt die Pfarrerin. Es ist auch ein wenig Wehmut zu spüren, wenn sie einen Blick in die Vergangenheit wirft. „Früher gab es Gemeindeschwestern, die zu den Leuten ins Haus gekommen sind. Das hat die Bindung zu den Menschen gefördert.“
Die Kirche habe es schwer. „In der Großstadt findet jeder irgendwas.“ Ziel müsse sein, dass die Gemeinde alle sozialen Milieus abbilde. Von denen hat sie außerhalb von Gemeindegrenzen einige kennengelernt.
Besuch einer Schauspielschule
Denn der Beruf der Pfarrerin ist ihr nicht an der Wiege gesungen worden. Geboren wurde sie 1967 in Augsburg. Ihr Vater war evangelisch, ihre Mutter katholisch. Nicola Thomas-Landgrebe besuchte ein katholisches Gymnasium und fuhr bei evangelischen Jugendfreizeiten mit. „Das war selbstverständlich.“ Nach dem Abitur besuchte sie eine Schauspielschule und erhielt unter anderem Engagements am renommierten Thalia-Theater in Hamburg.
Noch renommierter als das Theater war der damalige Intendant: Jürgen Flimm. Thomas-Landgrebes erste bewusste Begegnung mit einem „kölsche Jung“. Unter Flimm hat sie alles gespielt, was der auf den Spielplan setzte. Darüber hinaus stand sie unter anderem in Mülheim an der Ruhr und in Bochum auf der Bühne. „Man kann durchaus sagen, dass ich vor dem Pfarrberuf viel erlebt habe“, zieht Thomas-Landgrebe ein positives Fazit ihres „ersten Lebens“. Dann lernte sie ihren jetzigen Mann kennen, einen Pfarrer.
Und mit 42 Jahren fasste sie einen weitreichenden Beschluss. Sie begann ein Theologiestudium. Nicht ohne Selbstzweifel, wie sie einräumt. „Die alten Sprachen: Hebräisch, Griechisch. Schaffe ich das?“ Die Bibel im Original lesen zu können, ist für die Pfarrerin ein hohes Gut. Sie bestand ihr Examen und machte sich auf den Weg zu den ersten Aufgaben in der evangelischen Kirche, wie das Vikariat und der Probedienst.
„Was wollt ihr von uns als Kirche?“
Ihr Ziel in ihrer ersten „richtigen“ Pfarrstelle ist es, die Gemeinde zu einem lebendigen Ort werden zu lassen. Und eine gute Pfarrerin für die Leute zu sein. Es gelte, Prozesse des Zusammenwachsens zu begleiten. „Wir müssen und werden Kräfte bündeln. Wir müssen ansprechbar sein für die Leute.“ Und man müsse rausgehen und die Menschen fragen: „Was wollt ihr von uns als Kirche?“ Aber: „Wir reden ja nicht über irgendwas. Wir reden über die Bibel. Und wir als Kirche haben auch einen Verkündigungsauftrag.“
Um attraktiver zu werden, könne man neue Gottesdienstformen erproben. Die Gottesdienste könnten später beginnen. Das käme dem Großstadtpublikum möglicherweise entgegen. „Die, die Kirchensteuer zahlen, haben ein Recht darauf, uns zu beanspruchen. Die, die dabei sind, stützen das, was wir tun.“ Die Pfarrerin möchte Menschen motivieren, ihre Projekte selbst zu beschreiben und umzusetzen. Aber man könne nur wirtschaften mit dem Geld, das da sei.
Thomas-Landgrebe wünscht sich eine konzentrierte Kirche, „keine Klagekirche“. Alles werde kleiner und intensiver, sagt sie und erinnert an das Priestertum aller Gläubigen. Die brauche die Kirche der Zukunft mehr denn je.
Aber jetzt schickt sich Nicola Thomas-Landgrebe erstmal an, ganz irdisch Geschichte zu schreiben. Sie bildet nämlich gemeinsam mit Prädikantin Alida Pisu und Pfarrerin Dorothee Schaper das erste theologische Kölner Damen-Dreigestirn. Mit der Mistgabel bewaffnet, ziehen sie in den Kampf gegen Rechts und natürlich für das Recht von Frauen, Prinz, Bauer und Jungfrau zu sein. Alaaf!
Foto(s): Stefan Rahmann