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„Kirche läuft“: ökumenisch und inklusiv im RheinEnergie-Stadion

„Ökumenisch und inklusiv“: über 1.050 Menschen aus Köln und Umgebung nahmen das Motto des vierten Stadionlaufs „Kirche läuft“ beim Wort und trabten rund ums RheinEnergie-Stadion. Je nach Alter und Trainingsstand legten sie Strecken von fünf Kilometern bis zu zehn Meilen – was rund 16 Kilometern entspricht – zurück. Entsprechend dem Motto wurden außerdem ein Handbike- und ein Rollstuhl-Lauf angeboten, auch Sehbehinderte konnten mit Begleitperson bei den Läufen mitmachen. Die Veranstaltung wurde gemeinsam von DJK – dem katholischen Bundesverband für Breiten- und Leistungssport -, dem Evangelischen Kirchenverband Köln und Region, dessen Diakonischem Werk, dem Erzbistum Köln, der Diakonie Michaelshoven, der Caritas, dem Rollstuhlsportverein Cologne 99ers, der Stadt Köln und weiteren Sportverbänden sowie zahlreichen Sponsoren ausgerichtet.



„Joggen ist weniger anstrengend“
„Der eine Kilometer, das geht mir so von der Hand“, ist sich der 18-jährige Julian sicher. Trainiert hat er für den Handbike- und Rollstuhl-Lauf, für den in wenigen Minuten der Startschuss fallen wird, nicht, ebenso wenig wie Philipp und Lissa, beide 20 Jahre alt. Alle drei leben in einer so genannten „Verselbständigungs-Wohngruppe“ der Diakonie in Hürth, und besuchen ein Gymnasium für Menschen mit Körperbehinderungen. Auch Jutta Esser, Leiterin der Wohneinrichtung, rollt mit – auch wenn sie ansonsten keine Rollstuhlnutzerin ist. Trainiert hat auch sie nicht, aber für die richtige Handhabung ist ohnehin Dr. Horst Strohkendl da, Experte für Rollstuhlsport und emeritierter Mitarbeiter der Universität zu Köln. Der Daumen gehört auf den Metallring, erläutert er kurz vor dem Startschuss, auf keinen Fall die Finger um den Ring schließen, und die Hand nach dem Abrollen nach vorne strecken – auch Rollstuhlfahren will gelernt sein. Statt eines Fortbewegungs-Hilfsmittels für Behinderte ist er mittlerweile als Sportgerät anerkannt, betont Strohkendl. Nach dem Rollstuhl- und Handbike-Lauf ist sich Jutta Esser ebenfalls sicher: „Joggen ist weniger anstrengend“.

„Ökumene ist Bewegung“
Der Startschuss zum Rollstuhl- und Handbike-Lauf ist nicht der erste, den Karl-Heinz Iffland, Sportbeauftragter der Evangelischen Kirche im Rheinland, und sein Kollege Christoph Stanzel vom DJK an diesem Tag mit einem kurzen Gebetsimpuls begleitet haben. Schüler und Kinder starteten beim Bambini-Lauf, kurz danach begannen der Fünf-Kilometer-Volkslauf und der „Family& Friends-Lauf“.
Geistliche Präsenz im Sport ist eigentlich nichts Neues: Seit Mitte der fünfziger Jahre, so Iffland, der auch Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde-Ehrenfeld ist, gibt es bereits die Bewegung „Kirche und Sport“, einen übergreifenden Dachverband wie die Katholischen Amts- und Glaubensbrüder mit dem DJK-Sportverband haben sie jedoch nicht. Da traf es sich gut, dass der DJK den Arbeitskreis Sport der Evangelischen Kirche im Rheinland ansprach, um ihren Stadionlauf ökumenisch auszurichten. Der Schritt über Konfessionsgrenzen war der eine, der politische Wille zur Inklusion, seit der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung 2006 auch öffentlich formuliert, der nächste. Der Rollstuhl- und Handbikelauf ist deswegen einzigartig, weil auch Menschen ohne Behinderung mitfahren dürfen „Dass die Resonanz unter Behindertensportverbänden so groß war, hat uns sehr gefreut“, betont Iffland. Schließlich bedeute Ökumene ja auch, „gemeinsam lernen, sich zu bewegen“, ist sich Iffland sicher.

Wie im richtigen Leben“
Auch beim „Friends&Family-Lauf“ geht es um die Überwindung von Grenzen: Alle teilnehmenden Gruppen mit mindestens vier, höchstens sechs Teilnehmenden, von denen zwei nicht älter als 18 Jahre alt sein dürfen, müssen gemeinsam einlaufen, auch Rollstuhlfahrer und Sehbehinderte nehmen mit Unterstützung teil. Die 16-jährige Daniela hat gerade mit vier Schülerinnen und Schülern und ihrem Lehrer Dieter Brochhagen in einem der ersten Teams die Ziellinie beim „Friends&Family-Lauf“ passiert. „Ein bisschen aufgeregt war ich“, gibt sie hinterher zu, aber die fünf Kilometer zu laufen, war für sie keine große Herausforderung, schließlich trainiert sie regelmäßig in der Lauf-AG der Schule. „Die gute Hand“ nennt sich die Förderschule für „emotionale und soziale Entwicklung“ in Kürten. Die Teilnahme an Laufwettbewerben ist für Brochhagen, der die Lauf- und Triathlon-AG betreut, eine besonders reizvolle Aufgabe: „Das ist hier wie im richtigen Leben – man muss aufeinander achten und miteinander auskommen lernen“, ist er sich sicher.

Text: Annette v. Czarnowski
Foto(s): v. Czarnowski