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Hexenprozesse in Köln: »Sagt, was ich gestehen soll«

„Sagt, was ich gestehen soll“ – am Dienstag, 29. Juni 2004, beschäftigt sich eine Veranstaltung des Frauenraferats im Gemeindehaus der evangelischen Kartäuserkirche  ab 19 Uhr mit der Kölner Hexenverfolgung. Hier die traurige Geschichte der „Catarina ohne Vornamen“, die in Köln der Hexerei bezichtigt wurde, nur eine von vielen ähnlichen Geschichten, in der die mittelalterliche Kirche wenig Barmherzigkeit zeigte: 

Auf dem Höhepunkt der Kölner Hexenverfolgung, im Jahr 1630, wurde in Köln eine Bettlerin namens Catharina Bly der Hexerei bezichtigt und verhaftet. Den Nachnamen Bly hatte sich Catharina vermutlich selbst gegeben. In den offiziellen Akten erscheint sie als Catarina sine cognomine (ohne Nachnamen). Und eben diese Akten, Verhör- und Prozessprotokolle, erzählen die tragische Lebensgeschichte einer jungen Frau, die der Großzügigkeit eines Kölner Geistlichen ihr Leben verdankte und der der Denunziationseifer und die Verblendung von Kölner Geistlichen das Leben nahmen. Ihr Schicksal steht für das von vielen Frauen und auch Männern in dieser dunklen Zeit. Als Findelkind wurde Catharina vom Pastor von St. Severin in die Obhut von zwei alten Leuten gegeben, bei denen sie aufwuchs und für die sie arbeitete.

Als Catharina zwanzig Jahre alt war, ging sie nach Neuss, um für die Familie des Johann von Rattungen als Magd zu arbeiten. Vom Dienstherren wurde die junge Frau vergewaltigt und geschwängert. Als die Magd sich ihrer Dienstherrin anvertraute, wurde sie von Herrn von Rattungen aus dem Haus geworfen. Er verfolgte Catharina und drohte sie zu erstechen, weil sie seine Vaterschaft offenbart hatte. Sie floh nach Köln. Wegen des unehelichen Kindes aber hatte der Pastor von St. Severin, der sie bislang unterstützt hatte, „die handt von ihr abgethan“. So blieb Catharina nur das Betteln, um sich und ihr Kind zu ernähren, denn durch die Lähmung eines Armes konnte sie keine Arbeit finden. Hilfe erwartete sie besonders von den Geistlichen der Stadt. Um sich bei ihnen interessant zu machen beziehungsweise auf deren Nachfrage gab sie während der Beichte an, eine Hexe zu sein. Catharina verließ sich dabei auf das Beichtgeheimnis und die Barmherzigkeit ihrer Beichtväter.

Ein verhängnisvoller Fehler war dieses Vertrauen, denn zwei Geistliche, ein Pater namens Lem und der Kaplan von St. Peter, zeigten sie an und sorgten für ihre Verurteilung. Während der Verhöre wurde Catharina gefragt, ob sie auch außerhalb der Beichte geäußert habe, eine Hexe zu sein. Catharina verneinte dies und fragte: „…was das für Priester wären, welche aus der Beichte schwätzten…?“. Die Vernehmungsbeamten waren über ihre Schlagfertigkeit und Klugheit erstaunt und wollten wissen, wer ihr solche Worte aufgetragen habe. Catharina erklärte, kein Mensch, sondern der all-mächtige Gott habe ihr solchen Verstand gegeben, und sie wolle nicht hoffen, dass er ihr den nehmen würde, so lang sie lebe. Am 23.1.1630 wurde Catharina dem obersten Richter überstellt. Nach vielen Folterqualen gestand sie, eine Hexe zu sein und Schadenszauber begangen zu haben.

Am 6.2.1630 wurde Catharina Bly zum Tode verurteilt und zu Melaten stranguliert und verbrannt. So endete das traurige Leben einer couragierten jungen Frau, von der noch nicht einmal der volle Name bekannt war. Die Beichtväter, die Catharina denunziert hatten, wurden nicht belangt, da sie aussagten, Catharina in der Sakristei und nicht im Beichtstuhl ausgefragt zu haben. Ihnen glaubte man, der jungen Frau nicht.

Literaturtipps



  • Hetty Kemmerich, Sagt, was ich gestehen soll! Ingrid Lessing Verlag, 2003

  • Irene Francken und Ina Hoerner, Hexen. Verfolgung in Köln, Emons Verlag, 2000

Veranstaltungshinweis
„Weise Frau, böse Alte, Kräuterkundige, alte Hexe“ lautet der Titel eines Vortrags von Silvia Hecker, Frauenbeauftragte des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch, am Donnerstag, 1. Juli, ab 19 Uhr im Gemeindehaus der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Kalk, Eythstraße 7. Hecker spricht über die Hintergründe der Hexenverfolgung und über Beispiele von Prozessopfern aus Köln und Umgebung.

Text: Christina Schlarp, Frauenreferentin
Foto(s): Ulrich Molitor, Köln, 1498