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Hans-Theo Sparbier-Conradus, Synodalbeauftragter für Umwelt und Klimaverantwortung, Kerstin Herrenbrück, stellv. Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch, Sebastian Baer-Henney, zweiter stellv. Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch und Marc Gschlössl, Vorsitzender des Synodalen Jugendausschusses (v.l.).

„Was braucht es, um Kirche zu sein?“ – Zukunft, Klimaschutz und neue Struktur in der Jugendarbeit – Nachrichten von der Kreissynode des Ev. Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch

Pfarrer Christoph Breer.

„Grund zur Freude trotz schwerer Zeiten“ lautete das Thema des Gottesdienstes zum Auftakt der Kreissynode des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch. Pfarrer Christoph Breer betonte in seiner Predigt: „Lasst auch in schweren Zeiten unseren Atem nicht stocken.“ Es sei wichtig, auch in schwierigen Zeiten den Blick für das Schöne nicht zu verlieren. Breer bezog sich auf einen Text aus dem Lukasevangelium im 15 Kapitel, in dem es um einen verlorenen Groschen geht: „Das vergleichsweise sorglose Leben scheint für immer verloren“, sagte er mit Blick auf die Corona-Pandemie, den Krieg in der Ukraine und die Energiekrise. „Wenn die verlorene Welt unser ‚verlorener Groschen‘ ist, müssen wir lange suchen. Aber wer sucht schon gerne?“ Es brauche Mut, um sich nicht unterkriegen zu lassen, so der Bergisch-Gladbacher Pfarrer weiter.

Torsten Krall mit in seiner Videobotschaft.
Torsten Krall mit seiner Videobotschaft.

Torsten Krall, Superintendent des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch, wandte sich mit einer Videobotschaft an die 90 anwesenden Mitglieder der Kreissynode, da er an Corona erkrankt war und so nicht persönlich teilnehmen konnte. „Ich grüße euch ganz herzlich aus der Quarantäne in Köln-Dünnwald“, sagte der Superintendent. „Zum Glück haben wir eine Doppelspitze. Ich hätte gerne die Tauglichkeit unter anderen Umständen überprüft, aber jetzt zeigt sich, zum Glück haben wir eine Doppelspitze.“ Seit seiner Einführung im Sommer arbeitet Torsten Krall mit seiner Stellvertreterin, Assessorin Kerstin Herrenbrück, sehr eng zusammen. Gemeinsam bilden sie diese „Doppelspitze“ in der Leitung des Kirchenkreises.

Zukunft der Gemeinden – solidarisch unterwegs

Kerstin Herrenbrück.

Die Veränderungen in Kirche und Gesellschaft stellen auch die Kirchengemeinden vor wachsende Herausforderungen. Ihre Ressourcen werden in den kommenden Jahren deutlich kleiner werden. Dies zeigt sich auch in wichtigen Bereichen wie der Zahl der Menschen, die dort beschäftigt sein werden. Dies betrifft unter anderem Pfarrerinnen und Pfarrer, Jugendmitarbeitende, Kirchenmusikerinnen und Kirchenmusiker, Küsterinnen und Küster und Gemeindesekretäre und -sekretärinnen. Auch der aktuelle Gebäudebestand wird überprüft und bewertet werden müssen. Kerstin Herrenbrück verwies darauf, dass in Zukunft Pfarrstellen nicht mehr eins zu eins wiederbesetzt werden könnten. „Dafür brauchen wir Umstrukturierungen. Wir kommen nicht umhin, größer zu denken.“ Dies gelte vor allem auch gemeindeübergreifend. „Einige Gemeinden stehen mittendrin, sich damit beschäftigen zu müssen“, erklärte Herrenbrück weiter. Eine Frage der Zukunft sei auch, wo Beschäftigte angesiedelt sein werden. Gemeinden sollten nicht „im Regen stehen gelassen“ werden, sondern man werde solidarisch unterwegs sein, auch wenn nicht mehr alles überall möglich sein werde. „Es wird sich etwas ändern, es wird sich auch etwas ändern müssen“, so die Assessorin weiter. „Neuanfang bietet aber immer auch eine Chance“, betonte sie. Damit alle Gemeinden ihre Aufgaben weiter gut erfüllen können, gelte es sich gegenseitig zu unterstützen. Dabei solle gewährleistet werden, dass der Kontakt vor Ort erhalten bleibt und gleichzeitig größere Verantwortungsgemeinschaften gebildet werden. „Was braucht es, damit wir uns Gemeinde nennen können?“, fragte Kerstin Herrenbrück in die Runde. „Da sind 1.000 Fragen, die wir anstoßen möchten.“ Mit diesen Worten leitete sie einen Diskussionsprozess ein, der ein erster Schritt zu neuen Strukturen sein soll.

Ergebnisoffene Diskussion – über Gemeindegrenzen hinaus

Die Arbeit in Kleingruppen.

Und so diskutierten die Synodalen im Anschluss in Kleingruppen ergebnisoffen einzelne Fragestellungen. In den Arbeitsgruppen ging es dann unter anderem darum, Kooperationsräume zu erkunden und auch die Zusammenlegung von Arbeitsbereichen wie der Kirchenmusik oder dem Küsterdienst zu diskutieren. Im Mittelpunkt stand auch die Frage, wie Menschen vor Ort engmaschig begleitet werden und weiterhin gutes kirchliches Leben vor Ort erleben können. Es wurde diskutiert, welche Aufgaben von Kirche auch künftig zu erfüllen sind und welche Ressourcen dafür benötigt werden. Dazu wurden Kriterien definiert, um in weiteren Schritten auf nachfolgenden Synoden überlegen zu können und so Strukturen zu entwickeln, die für die Zukunft am besten geeignet sind.

Auf gelben und roten Plakaten sammelten die Synodalen Stichworte zum Thema und diskutierten diese anschließend. Genannt wurden beispielsweise Flexibilität, menschliche Kontakte und Beziehungen, Vernetzung, Geborgenheit, Begeisterung für Gott und Gottes Segen, Gemeinschaft, Musik und Lieder, Personal, Formen für Verkündigung, Seelsorge, Geld und Personal sowie Zukunftsplanung.  Kooperationsideen waren gemeinsame Feste, Fahrten, Freizeiten und Kultur- und Jugend-Angebote. Auch Handlungsbereitschaft wurde dabei deutlich. In einer Gruppe ermutigten sich die Teilnehmenden beispielsweise, nicht nur über den eigenen Kirchturm, sondern auch über die eigene Konfession hinauszublicken. Alle Impulse aus den Arbeitsgruppen werden in einem so genannten „Denkerkreis“, der aus verschiedenen Personen aus dem Kirchenkreis besteht, weiter bearbeitet und in die entsprechenden Gremien eingebracht. In Workshops und auf den kommenden Kreissynoden wird im Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch weiter intensiv an diesem Thema gearbeitet.

Bericht des Superintendenten und der Assessorin – 77 Tage im Amt

Die stellvertretende Superintendentin Kerstin Herrenbrück stellte – auch in Vertretung für Torsten Krall – den ersten Bericht der Doppelspitze des Kirchenkreises vor: „Vor 77 Tagen wurden Torsten Krall und ich in unsere Ämter als Superintendent und Assessorin im Kirchenkreis eingeführt.“ Dabei gebe es natürlich eine Menge Themen, die sie antreiben und auch manche, die sie umtreiben. „Einige wesentliche Themen darunter sind heute Teil unserer Beratungen. Wie können Gemeinden in Zukunft zusammenarbeiten? Was heißt es überhaupt, eine Gemeinde zu sein?“ Manche Pfarrerinnen und Pfarrer seien in der Schule oder im Krankenhaus unterwegs. Aus Sicht der Leitung des Kirchenkreises bilden auch diese Orte in ihren Arten und Besonderheiten mit den Menschen dort Gemeinden. Als weiteres Beispiel nannte Pfarrerin Herrenbrück den Erprobungsraum der „beymeister“. „In Mülheim wird nun seit mehr als sieben Jahren erlebt, dass Gemeinde auch nochmal anders sein und funktionieren kann“, sagte die stellvertretende Superintendentin. Hier lohne es sich, den Blick bewusst zu weiten – gerade auch in der Frage, wie eine gute, eine bessere Vernetzung der vielfältigen Formen und Weisen, Gemeinde zu sein, gelingen könne.

Die Doppelspitze möchte für die Gemeinden im Kirchenkreis vor allem auch weiterhin gute Jugendarbeit gewährleisten. „Weil wir sie so dringend brauchen. Weil wir über Zukunft von Kirche nicht sprechen müssen, wenn wir die Kinder und Jugendlichen nicht mehr in den Blick nehmen“, betonte Kerstin Herrenbrück. Aber manche Strukturen erschienen nicht mehr stimmig und zukunftsfähig. Man müsse manches anpassen, „damit noch mehr der Kontakt zu Kindern und Jugendlichen im Fokus steht – und nicht die Gremien und Strukturen, die natürlich dazu gehören, aber so viel Zeit kosten. Wir erhoffen uns, dass die erarbeitete Struktur eines neuen, größeren Evangelischen Jugendreferates Köln und Region genau das erfüllen kann.“ In diesem Zusammenhang verwies sie auch auf die neue Jugendverbandsvollversammlung.

Herrenbrück betonte in Bezug auf die Klima- und Energiekrise die enorme Wichtigkeit dieses Themas. „Zum einen drängt uns das von der Landessynode erklärte Klimaziel, bis 2035 alle kirchlichen Gebäude treibhausneutral zu betreiben, und zum anderen die Preissteigerungen für Gas und Strom dazu, nicht mehr nur umzudenken, sondern kurz- und mittelfristig zu handeln.“ Und dann seien da noch die vielen inhaltlichen Themen: Antirassismus, Antisemitismus, Friedensethik, Vielfalt der Lebensformen und -identitäten, Gendersensibilität. „Die bleiben, sind wichtig und sollen nicht in Vergessenheit geraten.“ Zum Abschluss ihres Berichtes dankte Kerstin Herrenbrück, auch im Namen von Superintendent Torsten Krall, für die Unterstützung in den ersten 77 Tagen ihrer gemeinsamen Amtszeit: „Es ist ein großartiges Gefühl, den Weg mit so viel Rückendeckung, Vertrauensvorschuss und Unterstützung starten zu können.“

Geld und Personal für Klimaschutz

Bereits im Vorfeld der Synode hatte der Kirchenkreis die Gemeinden zur aktuellen Lage in Bezug auf die Energiesparmaßnahmen in diesem Winter befragt. Die Ergebnisse waren auf einem Übersichtsplan zusammengefasst worden. Hier könne man gut voneinander lernen, sagte Herrenbrück. Zu den Vorschlägen zählen zum Beispiel Wärme-Inseln in Gebäuden – es wird nur ein Raum beheizt –, klimaneutral heizende Wärmepumpen, Sitz- und Heizkissen für Kirchenbänke und -stühle, Unterbankheizungen, Temperaturabsenkung und Gottesdienste in Gemeindehäusern statt in den Kirchen („Winterkirche“).

Unabhängig von der aktuellen Situation hatte sich die Kreissynode bereits bei ihrer vorigen Tagung ausführlich mit dem Klimaschutz und dem Beschluss der Landessynode zum Thema Klimaneutralität befasst. Auf ihrer Herbstsynode beschloss sie jetzt, eine Stelle für eine Klimaschutzkoordinatorin bzw. Koordinator für die nächsten vier Jahre einzurichten. Mit dieser Stelle sollen unter anderem die Energie- und Klimaschutzmaßnahmen in den Kirchengemeinden umgesetzt werden. Außerdem richtete die Synode einen Klimaschutz-Fonds in Höhe von 200.000 Euro ein. Mit dem Geld sollen Maßnahmen der Kirchengemeinden und des Kirchenkreises zum Klimaschutz finanziert werden, die Kriterien hierzu legt der Kreissynodalvorstand fest.

Neues Evangelisches Jugendreferat Köln und Region

Ebenfalls auf der Frühjahrssynode hatten sich die Delegierten ausführlich mit der Neustrukturierung der Jugendarbeit im Kirchenkreis und im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region (EKV) befasst. Die vier Kölner Kirchenkreise und der EKV hatten die „AG Neustart Jugendreferate“ eingesetzt. Diese Arbeitsgruppe entwickelte ein Konzept für eine Zusammenlegung der kreiskirchlichen Jugendreferate mit dem Jugendpfarramt des EKV. Kerstin Herrenbrück sagte hierzu: „Eine Kirche im Veränderungsprozess braucht einfachere Strukturen.“ Zusammen mit Marc Gschlössl, Vorsitzender des Synodalen Jugendausschusses, stellte sie das Konzept für das neue „Evangelische Jugendreferat Köln und Region“ vor. Die Kerngedanken des Konzepts sind, dass die Jugendreferenten und Jugendreferentinnen zu 70 Prozent auf regionaler Ebene arbeiten. Angebote sollen in wesentlichen Teilen der Jugendarbeit der Kirchengemeinden und der regionalen Arbeit zugutekommen. Die restlichen 30 Prozent sollen für übersynodale Aufgaben und thematische Schwerpunktsetzungen für alle Kirchenkreise und Gemeinden eingesetzt werden. Es gehe nicht darum, in die Kinder- und Jugendarbeit der Mitarbeitenden vor Ort einzugreifen, betonten Herrenbrück und Gschlössl. „In der Gemeinde sollen und müssen die Menschen weiterarbeiten, die da jetzt schon sind. Und es soll keine weißen Flecken geben“, lautete ihre klare Botschaft. Die Kreissynode stimmte dem vorgelegten Konzept der Neustrukturierung der Jugendarbeit und der vorgelegten Dienstleistungsrahmenvereinbarung mit dem Evangelischen Kirchenverband Köln und Region zu. Das neue Konzept soll zum 1. Januar 2023 in Kraft treten.

Finanzen und Personalplanung

Die Kreissynode hat außerdem beschlossen, das Projekt „beymeister“ weiter fortzuführen und zu stärken, indem sie die Pionierstelle für die „beymeister“ von 12 auf 19,5 Stunden pro Woche erweiterte und die Stelle entfristete. Außerdem stimmten die Delegierten der Gemeinden auch dem Stellenplan des Kirchenkreises zu.

Gemäß dem Pfarrstellenrahmenplan der Landeskirche beträgt der Umfang der Pfarrstellen des Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch bis zum Jahr 2030 insgesamt 28,11 Pfarrstellen. 5,86 Stellen hiervon sind für funktionalen Dienste vorgesehen, somit verbleiben 22,25 Stellen für den Dienst in der Gemeinde. Die Kreissynode beschloss die Rahmenkonzeption für den Pfarrdienst im Zeitraum 2023 bis 2030 und nahm den vorgelegten Personalbericht 2022 zur Kenntnis.

Die Synode verabschiedete die beiden Entwürfe für die Haushalte der Jahre 2023 und 2024. Für das kommende Jahr sind in der Ergebnisplanung der Gesamtbetrag der Erträge auf 1.138.328 EUR, die Finanzerlöse auf 15.000 EUR und der der Aufwendungen auf 1.090.507 EUR geplant. Für das Jahr 2024 sollen die Erträge 1.123.828 EUR, die Finanzerlöse 15.000 EUR und die Aufwendungen 1.110.058 EUR der Ergebnisplanung betragen.

Personalia

Die Synode wählte Pfarrer Andreas Daniels aus der Ev. Kirchengemeinde Porz zum 1. stellvertretenden Skriba in den Kreissynodalvorstand. Sie berief Frank Cortmann als Vertreter der Kirchengemeinde Lindlar und Pfarrer Stefan Romot als Stellvertreter in den Finanzausschuss des Kirchenkreises. Eva Rath aus der Ev. Kirchengemeinde Bergisch Gladbach und Dr. Gernot Strehl aus der Ev. Kirchengemeinde Lindlar wurden in den Nominierungsausschuss gewählt. Pfarrer Daniel Rösler aus der Ev. Kirchengemeinde Köln-Brück-Merheim und Katharina Wulzinger aus der Ev. Gemeinde Volberg-Forsbach-Rösrath sind die neuen Synodalbeauftragten für Gottesdienst und Kirchenmusik.

Ev. Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch

Der Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch umfasst mehr als der Name auf den ersten Blick aussagt: von dem rechtsrheinischen Teil der Millionenstadt Köln erstreckt sich der Kirchenkreis über Rösrath und Bergisch Gladbach hinaus bis nach Kürten im Rheinisch-Bergischen Kreis und Lindlar im Oberbergischen Kreis. Auch der Altenberger Dom gehört zum Kirchenkreis Köln-Rechtsrheinisch.

www.kirche-rechtsrheinisch.de

Text: Frauke Komander/Hildegard Mathies
Foto(s): Frauke Komander/Hildegard Mathies/Sammy Wintersohl