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Frisch und lebendig wie vor zehn Jahren: Deutschlands erste ökumenische Partnerschaftsvereinbarung zwischen evangelischer und katholischer Gemeinde feierte in Neubrück Jubiläum

Ökumenischer als in Neubrück geht Ökumene kaum. Und die Menschen aus der Gemeinde von St. Adelheid wie die der evangelischen Trinitatiskirche haben das sogar schriftlich: „Am Trinitatissonntag, dem 30. Mai 1999, ist im Rahmen eines ökumenischen Gottesdienstes in der Kirche St. Adelheid in Köln-Neubrück die erste Partnerschaftsvereinbarung in der Bundesrepublik zwischen einer evangelischen und einer katholischen Kirchengemeinde am Ort feierlich unterzeichnet worden. Wer dabei gewesen ist, wird den jubelnden Beifall nicht wieder vergessen, mit dem die Gemeindemitglieder in der überfüllten Kirche ihre Zustimmung zur Unterzeichnung lautstark bekundeten.“ So kann man es nachlesen in einem Bericht des damaligen Ökumenepfarrers des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, Dr. Hans-Georg Link, einer der maßgeblichen Betreiber dieses wegweisenden Projekts vor zehn Jahren.


„Was ist evangelisch, was katholisch?“
Dass die Ökumene in Neubrück in die Jahre gekommen ist, kann man allerdings nicht sagen. Ganz im Gegenteil. Bei den Jubiläumsfeierlichkeiten präsentierte sie sich so lebendig wie vor zehn Jahren. Bei einer ökumenischen Gemeindeversammlung warf Pfarrerin Alice Husken einen Blick zurück. „Eine evangelische Pfarrerin darf in einem katholischen Gottesdienst das Wort ergreifen. Das ist nicht die Regel.“ Ökumene funktioniere nur, wenn die Chemie zwischen den Gemeinden stimme. Das sei in Neubrück geradezu vorbildlich der Fall. Bewährt habe sich die Partnerschaft nicht zuletzt beim Deutschen Evangelischen Kirchentag 2007 in Köln, der auch in Neubrück ohne die verlässliche Hilfe der Katholiken niemals so erfolgreich durchführbar gewesen wäre. Petra Weck vom örtlichen Ökumene-Ausschuss war vor zehn Jahren mit dabei. Sie erinnerte an Meilensteine der Partnerschaft. „Alle drei Jahre laden wir zu einer ökumenischen Gemeindeversammlung. Sehr erfolgreich war die Veranstaltungsreihe ,Was ist evangelisch, was ist katholisch?‘ Die hat zu vielen Aha-Erlebnissen geführt.“ Selbstverständlich sei es, dass die Gemeinden zusammen Karneval feiern. Der Weltgebetstag der Frauen werde ebenso gemeinsam vorbereitet wie der Miriam-Sonntag. „Darüber hinaus wird die Seniorenarbeit immer wichtiger“, so Weck.

„… über alle konfessionellen Grenzen hinweg“
Als Ende der 60er Jahre die Neubausiedlung im Kölner Osten bezogen wurde, standen die katholische wie die evangelische Gemeinde vor den gleichen Aufgaben und Problemen. Gewachsene Strukturen gab es nicht. Nicht zuletzt getragen vom Geist des gerade beendeten Vatikanischen Konzils ging man daran, die Aufgaben gemeinsam zu schultern. Bereits 1968 wurde in Neubrück das Elternbildungswerk gegründet, damals die einzige ökumenische Familienbildungsstätte in Deutschland. Schon wieder die ersten. In der Kinder- und Jugendarbeit ist die Ökumene vor Ort so selbstverständlich, dass man gar nicht mehr darüber spricht. Natürlich fahren katholische Kinder auf evangelische Ferienfreizeiten und umgekehrt. Und musiziert wird auch über alle konfessionellen Grenzen hinweg. Das vergangene Jahr war das Jahr der großen Jubiläen in Neubrück. Die Pfadfinder bestehen seit 30 Jahren, die katholische Gemeinde seit 40 Jahren, die evangelisch seit 35 Jahren, und auch den katholischen Kindergarten gibt es schon seit 40 Jahren.

Strukturänderungen in der Gemeinde könnten auch die Ökumene treffen
Alles in Butter also? Keineswegs. Die beiden Gemeinden stecken wegen der rückläufigen Kirchensteuereinnahmen in großen Strukturreformen. „In den letzten drei Jahren dominierten die Struktur- und Sparmaßnahmen“, erklärte Klaus Bußmann, Pfarrer von St. Adelheid. Fünf ehemals selbstständige Pfarreien werden zu einem Pfarrverband zusammengefasst. Statt drei Pfarrgemeinderäten wird es künftig nur noch einen geben. Der katholische Kindergarten wurde in die Obhut des „Fröbelvereins“ übergeben. Glücklich ist Bußmann mit dieser Entwicklung nicht: „Das sind Strukturen, die uns die Kirche aufgedrückt hat“, sagte er bei der ökumenischen Gemeindeversammlung. Diese Veränderungen könnten auch die Ökumene-Partnerschaft betreffen. „Der Vertrag wurde ja vom Pfarrgemeinderat von St. Adelheid geschlossen. Wer ist dann künftig der Ansprechpartner?“ Gast der ökumenischen Gemeindeversammlung war auch Hannelore Bartscherer, Vorsitzende des Katholikenausschusses in Köln. Sie appellierte, die Ökumene bei all den Strukturreformen nicht aus dem Blick zu verlieren und regte einen stadtweiten Ökumenetag an, bei dem das Verbindende zwischen den Konfessionen im Mittelpunkt stehen solle.

„Wir sind nur Kirche, wenn wir Kirche für andere sind“
Konkrete Ideen hat Pfarrerin Husken für die nahe Zukunft in Neubrück. „Wir sollten in unseren ökumenischen Gottesdiensten mal andere Formen ausprobieren. Vielleicht könnte man politische Themen aufgreifen. Auch Blues- und Jazz-Musik im Gottesdienst wäre schön.“ Neubrück und seine sozialen Herausforderungen gelte es im Blick zu haben. Getreu dem Bonhoeffer-Wort „Wir sind nur Kirche, wenn wir Kirche für andere sind“.

Und hier noch ein Blick in die Zukunft: Der Bau des lange ersehnten Glockenturms für die evangelische Trinitatiskirche in Neubrück schreitet mit riesigen Schritten voran. Mehr darüber hier.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Rahmann