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Heidkamper Kulturtage 2008:

Draußen ist es bereits dunkel. Die Straße ist spärlich beleuchtet, so dass der pyramidenförmige Kirchturm kaum zu sehen ist. Hinein in die Kirche geht es erst einmal etliche Stufen abwärts zur Taufkapelle, die man durchqueren muss, um in den Kirchsaal zu gelangen. Von unten dringen Stimmen und mediterran anmutende Gitarrenmusik.
Die „Ver-Führung zur Kunst“ beginnt in einem Nebenraum der Kirche Zum Frieden Gottes in Heidkamp, wo Fotos, die Dr. Helmut Weber vom Entstehungsprozess der dargebotenen Kunstwerke gemacht hat, an der Wand hängen. Die Ausstellung bei den 8. Heidkamper Kulturtagen, die unter dem Motto „Wie eines Menschen Zeit“ stehen, präsentiert die fertigen Kunstwerke. Es geht bei dieser Ausstellung aber auch um den Weg zum fertigen Werk und um die Arbeit daran in der Gemeinschaft. Kunst ist damit nicht nur als fertiges Produkt zu sehen, sondern auch als Zeit des gemeinsamen Schaffens, das am Anfang der „Ver-Führung zur Kunst“ stand. Diese Fotos, so Weber, sollen nicht nur die Arbeit für diejenigen dokumentieren, die dabei waren, sondern „dazu anregen, auch selbst mitzumachen“.


Sechs Meter lange goldene Bahnen für den liturgischen Kalender
Während Jörg Kalscheuer Gitarre spielt, schaut sich die Gemeinde interessiert um und ruft sich die Arbeit zurück ins Gedächtnis, betrachtet den Webstuhl, auf dem der gewebte liturgische Kalender entsteht: „Ein liturgischer Kalender von der Decke bis zum Boden“, so erklärt Heide Heesen, bei der zuweilen buchstäblich die Fäden der Organisation der Kulturtage zusammenliefen. Für diesen überdimensionalen Kalender, der fertiggestellt den Kirchsaal bereichern wird, sind, so Heesen weiter „über sechs Meter lange goldene Bahnen gewebt worden“. Leider ist er nicht zur Vernissage fertig geworden. Wie der liturgische Kalender letztlich aussehen wird, zeigt somit nur ein Modell bei dieser ersten Etappe. Auf der zweiten Etappe aber kann man bereits die fertigen Bilder sehen, die das Herzstück des Wandteppichs ausmachen werden und für die sich verschiedene Künstlerinnen verantwortlich zeichnen: Maria Janssen für Advent, Yvette Wölfer für das Christfest, Johanna Keppel für Epiphanias, Angelika Kirch für Karfreitag, Ute Krauss für Ostern und Gisela Braß für Pfingsten.


Nach ausführlichem „Studium“: Jede Menge komplett selbst gefertigte Marionetten
Für den liturgischen Kalender lieferte außerdem Waltraud Weber zwei Bilder, nämlich für Trinitatis und den Ewigkeitssonntag. Die hängen nun im Kirchsaal und dienen gleichzeitig als Kulisse für die Aufführungen von Hugo von Hofmannsthals Stück „Jedermann – Geschichte vom Leben und Tod eines reichen Mannes“. Aufgeführt wird dieses Stück als Marionetten- und Menschentheater, musikalisch begleitet von „Ensemble Tandaradey“ und der Kantorei Sander Heide. Auch die Marionetten sind komplett selbstständig hergestellt, bis hin zur Mechanik. Um diese zu studieren, ist Heide Heesen sogar bis nach Prag gereist. Die bisherigen Aufführungen mit der Kantorei Sander Heide waren große Erfolge. Die letzte Gelegenheit, die Aufführung zu sehen, ist am Samstag, 22. November, 19 Uhr.

„Ein Tag in meinem Leben“ – im Holzkasten
Dritte Station ist die Taufkapelle, wo eine besondere Ausstellung zu sehen ist: Alle Heidkamper waren im Vorfeld dazu aufgerufen, bei der Aktion „Ein Tag in meinem Leben“ mitzumachen. Hierfür wurde ihnen ein quadratischer Holzkasten zur Verfügung gestellt. In diesem sollten sie gestalten, was sie an diesem einen Tag, den sie ganz bewusst erleben sollten, bewegt, beschäftigt oder berührt hat. Mitgemacht haben beispielsweise Schülerinnen und Schüler oder Gemeindemitglieder. Die gestalteten Kästen wurden an die Wände des Baptisteriums gehängt und ergeben gemeinsam ein facettenreiches Bild der Gemeinde. Es finden sich viele Kästen, in denen Urlaubstage festgehalten sind, ein Kasten mit dem Namen ‚Meine zweite Geburt‘ oder auch eine ‚Bergische Kaffeetafel‘. „Wer ins Büro kam, um seinen Kasten abzugeben“, erzählt Heesen bei der Führung, “ brachte ganz oft eine Geschichte mit“ – da gabe es schöne und traurige Geschichten. So steht hinter der Bergischen Kaffeetafel etwa die Geschichte einer Frau, die von Köln nach Bergisch Gladbach gezogen ist, ohne jemanden in der neuen Heimat zu kennen, und dann zu einer solchen Kaffeetafel eingeladen wurde.

Lust auf mehr? Die Heidkamper Kulturtage gehen noch bis 23. November
Im Gemeindehaus, das zu einer Oase der Ruhe umgestaltet wurde, hängen schließlich nicht nur die Marionetten für die Jedermann-Aufführungen, sondern auch Zeitbilder von Heide Heesen sowie „Auseinandersetzungen mit der Zeit in verschiedenen Techniken“ von Gisela Werner. Zu sehen ist die Ausstellung noch bis Sonntag, 23. November 2008, viele weitere Veranstaltungen stehen bis dahin noch auf dem Programm, etwa das Chorkonzert „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“ mit der Evangelischen Kantorei Bergisch Gladbach und dem Kammerorchester Concertino am Dienstag, 16. November. Noch bleibt Zeit, das Angebot der Heidkamper Kulturtage selbst zu erkunden – das komplette Programm hier: http://www.zumfriedengottes.de/

Text: Anselm Weyer
Foto(s): Weyer