Erinnern Sie sich noch an den Wirbel vor einigen Jahren, als der Kölner Südstadt-Pfarrer, Hans Mörtter, 1994 in der evangelischen Lutherkirche das erste schwule Paar „traute“? So titelte die BUNTE damals fälschlich in ihrer Schlagzeile, denn nur gesegnet wurde das Lebensbündnis von „Peter & Partner“.
Kirchenkreis Köln-Mitte gab den Anstoß zur Gesetzesänderung
Einen harschen Verweis der Rheinischen Landeskirche (EKiR) gab es damals für Mörtter und den – heute pensionierten – Superintendenten des Kirchenkreises Köln-Mitte, Eckart Schubert. Denn erstens stand die Kirchenordnung in jenen Tagen noch eindeutig gegen alle Formen und kirchlichen Rituale einer „Segnung“ gleichgeschlechtlicher Gemeinschaften, und zweitens wurde seit Jahren ohne Konsens von Gemeinden und Synoden diskutiert, wie eine solche Segnung denn aussehen könnte – wenn sie jemals erlaubt sein würde.
1998 stellte der Evangelische Kirchenkreis Köln-Mitte erstmals einen Antrag an die Rheinische Landessynode, solch eine Segenshandlung im Sinne der Gleichstellung aller Menschen zuzulassen. Zwei Jahre lang wurde beraten, andere Kirchenkreise schlossen sich dem Antrag an, 2000 erlaubte das oberste Gremium der evangelischen Kirche im Rheinland schließlich die „gottesdienstliche Begleitung gleichgeschlechtlicher Paare in verbindlicher Lebensgemeinschaft“, begrüßt unter anderem auch von der Arbeitsgemeinschaft „Homosexuelle und Kirche“ HUK . Nach der Pflicht-Veröffentlichung der Beschlüsse und ihrer gesetzlichen Regelungen im kirchlichen Amtsblatt war dann endlich der Weg frei für alle Presbyterien evangelischer Kirchen im Rheinland.
Der landeskirchliche Beschluss ist hier nachzulesen
Heute ist alles anders – das Beispiel Evangelische Gemeinde Köln
Das Presbyterium der Evangelischen Gemeinde Köln beispielsweise hat noch im Jahr 2000 einen eigenen Beschluss erlassen, hier nachzulesen. In der Sitzung vom 2. März 2001 beschloss die Kölner Innenstadt-Gemeinde, eine Gottesdienstreihe mit dem neuen Ritual-Angebot für Schwule und Lesben anzubieten. Im Juni 2002 hat die evangelische Gemeinde Köln in der Antoniterkirche, Schildergasse 57, auf Initiative aller sechs Innenstadt-Gemeindebezirke eine neue Gottesdienstreihe gestartet: „Freundschaft und Liebe“.
Der Superintendent des Kirchenkreises Köln-Mitte, Rolf Domning, Nachfolger von Eckart Schubert seit Oktober 2000 (und davor Gemeinde-Kollege von Pfarrer Hans Mörtter an der Lutherkirche) hielt die Predigt zum Auftaktgottesdienst „mit Möglichkeit zur Segnung eines gleichgeschlechtlichen Paares“ im Juni 2002: „Noch aber gibt es keine Anfragen von homosexuellen Paaren nach Segnung“, teilte er mit, „wahrscheinlich, weil die Möglichkeit einer solchen Segenshandlung in unserer evangelischen Kirche bisher noch nicht so bekannt ist“, meint er.
Viele gleichgeschlechtliche Paare ermutigt
Doch immerhin: Das Medien-Echo auf den „Auftaktgottesdienst“ der Kölner Reihe „Freundschaft und Liebe“ für schwule und lesbische Paare hatte zwei Männer ermutigt, sich vor dem Altar einer Kölner evangelischen Kirche einzufinden: Am 9. September 2002 machte Hans-Peter Wolf – so berichtete der Kölner Stadt-Anzeiger im Juni 2002 – mit seinem Partner Ernst und: Sie baten gemeinsam um den Segen unter einem protestantischen Kirchturm. Superintendent Rolf Domning dazu: „Ich bin froh, dass mit diesem Beschluss ein wichtiger Schritt getan ist, um gleichgeschlechtlich lebenden Menschen im Rahmen eines Gottesdienstes einen kirchlichen Segen zuzusprechen.“
Keine Spontan-Segnungen für Kurz-Entschlossene
Domning stellte aber auch klar: „Spontan-Segnungen für Kurz-Entschlossene wird es nicht geben – einer Segenshandlung muss schon eine ernsthafte Vorbereitung der Beteiligten vorangehen.“ Die Linie habe er, informierte der Superintendent 2002, mit Präses Manfred Kock, Evangelische Kirche im Rheinland, so abgestimmt.
Das Beispiel Pulheim: Alle Menschen mit und ohne Trauschein bekommen den kirchlichen Segen
Die Evangelische Kirchengemeinde Pulheim begann 1993 in ihrem „Ausschuss für Theologie und Gottesdienst“ mit der Diskussion der Fragen rund um unverheiratete sowie gleichgeschtlechtliche Paare und deren Rolle in der evangelischen Kirche.
Im April 2001 wurde dort eine eigene Agende (nachzulesen hier) verabschiedet, die die von der Landeskirche erstellten „liturgischen Bausteine für eine gottesdienstliche Begleitung von Menschen in auf Dauer angelegten nichtehelichen Lebensgemeinschaften“ für die Gottesdienst-Praxis der Gemeinde definierte. Pulheimer Besonderheit: Hier wurde auf die Fokussierung auf „gleichgeschlechtliche Paare“ verzichtet, so dass auch heterosexuelle Paare, die – etwa im Alter – schon lange zusammenleben, aber nicht heiraten möchten, den kirchlichen Segen bekommen können, wenn sie das möchten.
Im Dezember 2001 ließen sich im Pulheimer Bezirk Sinnersdorf ein evangelischer Diakon und Presbyter und sein langjähriger, ebenfalls in der evangelischen Kirche stark engagierter Lebenspartner im Rahmen eines Gottesdienstes mit anschließendem, rauschenden Fest inmitten der ganzen Gemeinde den Segen der Kirche, für die und in der sie immer schon gelebt und gearbeitet haben, geben.
Beispiel Bergisch Gladbach: Genehmigung unter öffentlichem Protest
Im Oktober 2005 hat auch das Presbyterium der Evangelischen Kirchengemeinde Bergisch Gladbach beschlossen, schwulen und lesbischen Paaren die Möglichkeit zur kirchlichen Begleitung zu geben. Auslöser für den Beschluss war die Anfrage des schwulen Paars Heiner Koppe und Herbert Groh. Das Presbyterium entschied nach teils kontroverser Diskussion mit Mehrheit, „die gottesdienstliche Begleitung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften generell in unseren Pfarrbezirken zu ermöglichen“. Weiter heißt es in der Erklärung: „In einem weiteren Schritt wurde festgelegt, dass diese Begleitung im Rahmen eines Gemeindegottesdienstes unter Einhaltung bestimmter liturgischer Formen stattzufinden hat.“ Gemeinsam mit einer Minderheit von Presbytern hatte sich der Pfarrer eines anderen Bezirks „ausdrücklich gegen diesen Weg ausgesprochen“ und Wert darauf gelegt, publik zu machen, dass seiner Meinung nach „Gott sich ausschließlich gegen Partnerschaften dieser Art“ ausspreche, wenngleich trotzdem „homosexuelle Menschen am Gemeindeleben erhobenen Hauptes teilnehmen können“.
Die Mehrheit des Presbyteriums war jedoch überzeugt, „dass die Bibel auf diese Frage keine unserer Zeit gemäße Antwort gibt, dass aber die Nächstenliebe es erfordere, beizustehen, wo seelsorgliche Begleitung erwünscht ist“. Deshalb fand im November 2005 auch „in der Gnadenkirche ein solcher Gottesdienst statt“.
Weitere Informationen: „Gottesdienste nicht nur für Lesben und Schwule“
Die Regenbogenchristen Köln veranstalten regelmäßig ökumenische Gottesdienste nicht nur für Lesben und Schwule. An zwei bis drei Sonntagen im Jahr feiern sie jeweils um 18 Uhr Gottesdienste in der evangelischen Antonitercitykirche in der Kölner Innenstadt. Ein besonderes Fest sind die Segnungsfeiern, die im Rahmen der Gottesdienstreihe „Freundschaft und Liebe“ als gottesdienstliche Begleitungen für homosexuelle Lebenspartnerschaften gefeiert werden.
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