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Prüfstein der Ökumene? Die Positionen zur Präimplantationsdiagnostik

Bei der Präimplantationsdiagnostik werden im Reagenzglas erzeugte Embryonen vor dem Einpflanzen in den Mutterleib auf Erbkrankheiten gentechnisch untersucht. Mit dem Verfahren, das eine Selektion der Embryonen ermöglicht und so die Weitergabe von Krankheiten oder Behinderungen verhindern soll, können auch das Geschlecht und weitere Merkmale untersucht werden. Geschädigte Embryonen sollen dabei „verworfen“ werden. Derzeit wird über eine gesetzliche Neuregelung debattiert, weil der Bundesgerichtshof im Juli 2010 das bisherige Verbot gekippt hatte. Mit einer ersten Befassung zum Thema im Bundestag wird vor Ostern 2011 gerechnet, so dass das Gesetz vor der Sommerpause verabschiedet werden könnte. Inzwischen werden kontroverse ethische Standpunkte zwischen und in unterschiedlichen Religionsgemeinschaften ausgetauscht. Hier eine kleine Zusammenfassung:

Unterschiedliche Positionen der Kirchen zu Gentests an Embryonen bedeuten nach Auffassung von Erzbischof Robert Zollitsch nicht das Ende der Ökumene. Zur evangelisch-katholischen Zusammenarbeit gebe es keine Alternative, sagte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz. Es gebe auch einzelne evangelische Bischöfe, die die ablehnende katholische Position zur Präimplantationsdiagnostik (PID) teilten. Zudem gingen die Gespräche zwischen beiden Konfessionen über diese umstrittene bioethische Frage weiter. Er hoffe, dass die Kirchen in dieser Frage mit einer Stimme sprechen könnten, sagte Zollitsch weiter. Dies werde von der Gesellschaft erwartet. Der Kölner Kardinal Joachim Meisner hatte vor Kurzem eine Aufkündigung der evangelisch-katholischen Zusammenarbeit bei der „Woche für das Leben“ in Erwägung gezogen. Es mangele an Gemeinsamkeit in ethischen Fragen, sagte der Kardinal. Meisner reagierte damit auf die Ankündigung des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, die Haltung zu Gentests an Embryonen in der evangelischen Kirche neu zu beraten.

Kritiker der Präimplantationsdiagnostik (PID) haben für den Fall einer Zulassung von Gentests an Embryonen vor einer verheerenden Signalwirkung für Behinderte gewarnt. Ein Leben mit Krankheit oder Behinderung müsse wertgeschätzt werden, hieß es von Katholiken und Evangelikalen. In der Debatte werde häufig Behinderung mit Leid gleichgesetzt, kritisierte der Präsident des katholischen Caritas-Verbandes, Peter Neher. Auch die Leiterin des Berliner Instituts Mensch, Ethik und Wissenschaft, Katrin Grüber, warnte vor der Wirkung auf behinderte Menschen. „Eine Zulassung der PID sendet das Signal der Nicht-Wertschätzung von Leben mit Behinderung“, sagte sie. Erfahrungen aus Frankreich zeigten, dass die PID zunächst nur für Hochrisikopaare zugelassen, aber nach und nach ausgeweitet werde.


Die EKD hatte sich 2003 für ein PID-Verbot ausgesprochen, der Rat der EKD will die Haltung jedoch auf Initiative Schneiders neu diskutieren. Der Ratsvorsitzende und rheinische Präses hält eine Anwendung der PID unter strengen Auflagen für denkbar. Während es innerhalb der evangelischen Kirche unterschiedliche Positionen zu dem Thema gibt, ist die katholische Kirche klar gegen die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik.

Text: AL/diverse
Foto(s): evangelisch.de