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Festgottesdienst zum 150-jährigen Bestehen der evangelischen Trinitatiskirche Köln

Bewegende Momente erlebten die Besucherinnen und Besucher des Festgottesdienstes zum 150-jährigen Bestehen der Trinitatiskirche, als der Kammerchor und das Kammerorchester der Universität zu Köln eine Vertonung des Psalms 42 von Felix Mendelssohn-Bartholdy „Wie der Hirsch schreit“ vortrugen. Chor und Orchesterleiter Michael Ostrzyga dirigierte eine eindrucksvolle Aufführung mit der Sopranistin Cecilia Acs, die an der Felix-Mendelssohn-Bartholdy Hochschule für Musik und Theater in Leipzig studiert hat.



Vokal- und Instrumentalmusik von Komponisten, die der Trinitatiskirche verbunden waren
Zu Beginn des Gottesdienstes hatte Stadtsuperintendent Rolf Domning die Gäste begrüßt und gestanden, dass er sich auch sehr über ein anderes Musikstück gefreut hätte, das aber leider nicht zur Aufführung kommen könne: „Es ist nämlich verschollen“, sagte Domning und meinte die Kantate „Machet die Thore weit und die Thüren in der Welt hoch, dass der König der Ehren einziehe“ von Max Bruch. Diese Kantate wurde vom Komponisten während des Einweihungsgottesdienstes am 3. Juni 1860 in der evangelischen „St. Trinitatiskirche“, wie sie damals hieß, uraufgeführt. Aber hilft ja nichts. Die Noten sind weg. „Einmal hatten wir das Gefühl, wir sind ganz nah dran“, berichtete Domning von den intensiven Recherchen, „aber wir hatten uns getäuscht.“
Dennoch hatte man für den Festgottesdienst Vokal- und Instrumentalmusik von Komponisten ausgesucht, die über ihre Tätigkeit eng mit der 150-jährigen Geschichte der Trinitatiskirche verbunden sind. Dazu zählten neben Mendelssohn-Bartholdy auch Max Bruch, Carl Rheintaler und Jan Albert van Eyken. Als Organistin im Gottesdienst glänzte Professorin Mareile Schmidt, jüngste Professorin für Orgelspiel in Deutschland an der Hochschule für evangelische Kirchenmusik in Bayreuth. Bis vor kurzem war sie Kantorin in der Evangelischen Matthäuskirchengemeinde in Hürth.

Predigt über die Entstehung des Betens „im Modus des Zweifelns“
Als Prediger hatte man Professor Dr. Michael Meyer-Blanck von der evangelisch-theologischen Fakultät der Universität Bonn gewinnen können. Der Hochschullehrer unter anderem für Religionspädagogik predigte über den 42. Psalm, „dieser Psalter, der das Gebet Israels ist, des sterbenden Jesus am Kreuz und der Kirche“. Das Besondere dieses Psalms sei, „dass er eigentlich kein Gebet ist, sondern eine Gebetswerkstatt“, so Meyer-Blanck. Es gehe um die Entstehung des Betens „im Modus des Zweifelns. Wir wissen von uns selbst, dass wir nicht beten können angesichts der Abgründe des eigenen Lebens und der Geschichte, einschließlich der Geschichte der Kirche; und wir merken wenn wir es versuchen, dass wir immer wieder bei uns selbst landen anstatt bei DEM, auf den wir uns eigentlich ausrichten wollen.“ Die Menschen sollten „drauf los beten mit allen Regeln der Kunst, die das träge und trotzige Herz von sich selbst fortreiße. Mancher greife beim Gebet zur Selbstüberlistung: Weil er nicht beten kann, tut er so, als ginge es doch. Beten heiße, sich selbst neu zu erfinden, und zwar im Einklang mit sich selbst. „Die eigene Seele wird zum Gegenüber gemacht.“ Auch die Indiviudalisierung der Person in der modernen Gesellschaft nehme der 42. Psalm vorweg. Es geht darum, das Herz vor sich selbst auszuschütten. „Nicht umsonst hat sich Martin Luthers Glaube an den Psalmen gebildet. Hier wurzelt die evangelische Grunderfahrung: in sich selbst außer sich geraten – hinfort gerissen werden von sich selbst. Das eigene Herz wird frei und schwingt sich auf zu Gott. Nos extra nos – ganz wir selbst – außerhalb unserer selbst; das Herz ausgeschüttet bei mir selbst, festgemacht in Gott und befreit von mir selbst.“ Habe man nun das Herz vor sich selbst und vor Gott ausgeschüttet, erlebe man die Befreiung. Voraussetzung sei jedoch ein schonungsloser Blick in die eigenen Abgründe. Man müsse sich aufschwingen aus der eigenen Verschlossenheit. Kirchenräume seien im Übrigen keine Jubelstätten. „Gott liebt die Sünder, aber er hasst die Sünde, weil die Menschen daran zugrunde gehen. Wenn wir heute feiern, dann in der Gemeinschaft der Irrenden und der dennoch Geliebten, nicht in der Gemeinschaft der Helden.“ Zum Schluss wünschte sich Prediger Meyer-Blanck, dass das Trinitatisfest als einer der Höhepunkte des Kirchenjahres „in dieser fantastischen Basilika“ in Köln etabliert werden möge.

Die Predigt zum Nachlesen hier.

Das Jubiläumsjahr „150 Jahre Trinitatiskirche“ geht weiter
Schließlich geht das Jubiläumsjahr „150 Jahre Trinitatiskirche“ noch bis Dezember 2010 mit vielen weiteren, hochkarätigen Kulturveranstaltungen weiter – das gesamte Festprogramm „Trinitatis 2010“ steht im Internet zum Download bereit unter www.trinitatis-2010.de und ist auch als Broschüre an vielen öffentlichen Stellen in Köln erhältlich, beispielsweise in der Evangelischen Informationsstelle Köln an der Antoniterkirche, Schildergasse 57, Telefon: 0221 / 660 57 20
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Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Rahmann