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13 Männer und Frauen haben ihre Ausbildung zum Kirchenführer erfolgreich abgeschlossen

Der eine „wusste nicht“, was ihn erwartete – und fühlt sich nun bereichert. Der andere war gespannt auf eine herausfordernde neue Art der Ausbildung. Eine weitere Teilnehmerin, erfahrene Stadtführerin, suchte eine neue Sicht- und Herangehensweise. „Das war total spannend.“ Anderswo werde man mit Text „zugedonnert“, man rezipiere nur, könne gar nicht alles behalten. Kirchenpädagogische Führungen dagegen funktionierten nach dem Prinzip „weniger ist mehr“. Man könne sich auf wenige Dinge konzentrieren, was zu einem neuen Blick führe. „Ich habe besondere Akzente erfahren, die sich auch auf andere Führungen übertragen lassen."

Begehrtes Zertifikat nach 120 Unterrichtsstunden
Alle drei sprechen von ihrer Grundausbildung in (pädagogischer) Kirchenführung, die sie mit zehn weiteren Interessierten innerhalb der rheinischen Regionalgruppe genossen haben. Von Oktober 2012 bis Januar 2014 absolvierten sie an drei Wochenenden in Soest, Köln und Altenberg sowie sieben Samstagen in Dortmund und Köln insgesamt 120 Unterrichtsstunden. Nachdem sie abschließend eine schriftliche Hausarbeit erstellt, darüber ein Kolloquium sowie eine exemplarische Führung bestritten hatten, konnten sie im Februar das begehrte Zertifikat entgegennehmen. Diese Bescheinigung genügt den Richtlinien des Bundesverbandes Kirchenpädagogik e.V. Ausgestellt wurde sie durch das Evangelische Erwachsenenbildungswerk Westfalen und Lippe e.V. sowie durch die Melanchthon-Akademie (MAK) des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region.

Lebendige Erfahrung des Kirchraums
„Die beiden Bildungswerke arbeiten in der Deutschen Evangelischen Arbeitsgemeinschaft für Erwachsenenbildung (DEAE) zusammen und tauschen sich über Fortbildungsgänge aus. Pfarrerin Antje Rösener, Dortmund, hat die Kirchenpädagogik in Westfalen etabliert und der MAK die Kooperation angeboten. So habe ich die Verantwortung für die rheinische Regionalgruppe, angesiedelt in der MAK, übernommen und diese während der Fortbildung begleitet“, erläutert Pfarrerin Dorothee Schaper. „Wenn Steine erzählen…!“ war der Ausbildungsgang betitelt. An dessen Beginn stand in Köln „ein Infoabend mit der kirchenpädagogischen Erkundung der Kartäuserkirche“, mit der „lebendigen Erfahrung des Kirchenraums", erinnert Schaper.

Didaktische und methodische Gesamtplanung
Innerhalb der Fortbildung beschäftigten sich die Teilnehmenden eingehend mit heiligen Räumen, ihrer Geschichte, Architektur, Symbolsprache und Theologie. Sie lernten die didaktische und methodische Gesamtplanung einer Führung für unterschiedliche Zielgruppen, wurden geschult in der Sprach- und Auskunftsfähigkeit sowie in der Wahrnehmung von Kirche im interkulturellen und interreligiösen Kontext. „Den Sinngehalt christlicher Kirchen mit Kopf, Herz und Hand erschließen und vermitteln (…), Menschen über den Kirchenraum mit der christlichen Religion und ihren Glaubensinhalten in Beziehung zu bringen, Kirchenraum-Konzepte zu verstehen und zu vermitteln, Ästhetik und Gestaltung eines Kirchenraums im Blick zu haben“, gehören zu den zahlreichen Standards.

"Engel-Führung im Altenberger Dom"
Zuletzt trafen sich die 13 Zertifizierten der MAK-Gruppe zum Erfahrungsaustausch. Als wichtigen Akzent einer pädagogischen Kirchenführung nannte eine der Absolventinnen die Verlangsamung. Auch gehe es darum, bei den Besuchenden alle Sinne anzusprechen. Daher habe sie in ihrer „Engel-Führung“ im Altenberger Dom etwa selbstgebackene „Engel-Plätzchen“ gereicht. Wesentlich sei ebenso der spirituelle Impuls. Kirchen seien ja keine Museen, sondern „Orte, wo Menschen nach Gott gesucht haben und suchen“. Dem könne man mit ergänzenden Beiträgen in Form von Chorälen, Liedern, Gebetsanliegen und Fürbitten entsprechen. Ganz wichtig dabei sei, Zeit und Raum für eigene Entdeckungen zu geben.

Augen schließen und schweigen
Ein weiterer Absolvent meint, in den Erkundungen solle der durchbetete Kirchraum auch durch Schweigen erspürt werden können, durch Augenschließen, Wahrnehmung der Temperaturen und Gerüche. Auf dem Treffen wurde vielfach der Wunsch geäußert, dass die Gruppe sich regelmäßig zusammenfinde etwa zu gemeinsamen Führungen und thematischem Arbeiten. „Jeder einzelne von uns hat soviel Wissen, das andere bereichern kann“, so ein Teilnehmer. „Wir Kirchenführende können denen, die mit uns gehen, einiges zutrauen“, meint Schaper. Denn wir alle seien Experten für den Raum. Eben auch die Besuchenden, die jeweils „ihre eigene Perspektive mit hinein nehmen“.

Neue Ausbildung im Herbst 2015
Laut Schaper wird der nächste Fortbildungsgang voraussichtlich im Herbst 2015 beginnen: „Voraussetzung ist das Interesse, die Neugier und die Experimentierfreudigkeit, mit dem jeweiligen Kirchraum und die Bereitschaft sich auf Kirche als lebendigen Begegnungs- und Gebetsraum einzulassen.“

Melanchthon-Akademie bietet Führungen an
„Das Zertifikat dokumentiert die Qualifikation zur Kirchenpädagogik“, so Schaper. Es erleichtere den AbsolventInnen den Zugang zu Führungen in "fremden" Kirchen. „In Planung sind weitere Kirchenerkundungen.“ Einige der jüngsten Absolventen würden wohl bald kirchenpädagogische Erkundungen im Programm der Melanchthon-Akademie anbieten. Innerhalb des Programms von „Seelsorge & Begegnung für psychiatrieerfahrene Menschen im Paulushaus“ führt am 4. Juni (14.30 bis 16 Uhr) der jüngst ausgebildete Kirchenführer Heinz Georg Schneider durch die romanische Säulenbasilika St. Georg. Anmeldung zu „St. Georg all inclusive“ unter: seelsorge-und-begegnung@netcologne.de.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich