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Die „versöhnte Verschiedenheit ist ein guter Bauplan für das irdische Haus der Ökumene“: Bei der Reformationsfeier des Verbands im Altenberger Dom ging es um Fundamente

Könnte die Kulisse für eine Reformationsfeier des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region eindrucksvoller sein als die des Altenberger Doms? Frisch renoviert. 750 Jahre alt, eine ehemalige Kirche der Zisterzienser und heute eine der wenigen Simultankirchen Deutschlands seit mehr als 150 Jahren. Köln und Region bedeutet natürlich auch das Bergische Land, und so fahren die Kölner Protestantinnen und Protestanten hin und wieder nach Altenberg, um den historisch nicht gesicherten Lutherschen Thesenanschlag von 1517 in Wittenberg zu feiern. Mit Bischof Joachim Vobbe hatte man einen renommierten Gast als Prediger eingeladen. Vobbe ist Bischof im Katholischen Bistum der Alt-Katholiken, einer von Rom unabhängigen Kirche, die ihren Priestern beispielsweise die Ehe erlaubt. Vobbe wurde 1972 zum Priester geweiht und hat zwei Söhne. Seit 1994 amtiert er als 9. Katholischer Bischof der Alt-Katholiken in Deutschland.



Die „versöhnte Verschiedenheit“ ist ein guter „Bauplan für das irdische Haus der Ökumene“
„Mit dem Bistum der altkatholischen Kirche in Deutschland verbindet uns seit 1985 eine Vereinbarung über Kanzelgemeinschaft und die gegenseitige Einladung zum Abendmahl beziehungsweise zur Feier der Eucharistie. Diesen Weg der ,Versöhnung‘ wünschen wir uns für die ganze Ökumene“, berichtete Pfarrer Rolf Domning, Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, von der geistigen und praktischen Nähe der Protestanten und der Alt-Katholiken. Er erinnerte auch an die über 150-jährige gemeinsame Geschichte der Katholiken und Protestanten in Altenberg: „Und wenn wir den für unsere evangelische Kirche so bedeutsamen Reformationstag in diesem ,Bergisch Dom‘ feiern, dann ist dies für mich auch ein Zeichen der Hoffnung auf die Zukunft der einen Kirche Jesu Christi hin.“ Und an einem Tag, an dem ein katholischer Bischof die Predigt halte und evangelische Pfarrerinnen und Pfarrer die Liturgie gestalteten, „ja, da will es uns doch fast so vorkommen, als ob ein ,ökumenischer Traum‘ schon zur Wirklichkeit geworden wäre. Die nähere Betrachtung zeigt aber, dass manche eben noch ,Baustelle‘ ist“. In Gottes Haus gebe es viele Wohnungen, so heißt es in der Bibel. Und darum, so Domning, sei das Konzept der „versöhnten Verschiedenheit“ ein so guter Bauplan für das irdische Haus der Ökumene.
Die komplette Begrüßungsrede des Stadtsuperintendenten finden Sie als pdf-Datei zum Nachlesen hier.

Bildmeditation: „Ohne ein solides Fundament kann nichts gelingen und Bestand haben“
Mit einer „Grundstein-Meditation“ stimmte Pfarrer Dr. Bernhard Seiger, Superintendent des Kirchenkreises Köln-Süd und Vorsitzender des für die Reformationsfeier verantwortlichen Verbandsgremiums, die Gemeinde ein auf das biblische Kernthema des Tages: „Alles, was wir mit unserer Liebe, mit unserer Arbeit und unserem Einsatz für andere erreichen können, geschieht mit dem Material, das Gott vor uns möglich gemacht hat. Leben, Atem, Geist und Gefühl“, hieß es darin, und weiter an anderer Stelle: „Unser Leben baut auf auf dem Wirken anderer. Wir stützen uns auf das, was andere vor uns geschaffen haben. Welche Menschen haben die Grundlage gelegt für das, was wir tun im Alltag, in unseren Familien und in unseren Gemeinden?“ Schließlich zum tragenden Grundwert allen Lebens in Christus: „Ohne ein solides Fundament kann nichts gelingen und Bestand haben.“
Die Grundlage der Meditation, eine Karte mit der Abbildung von drei Objekten aus der Ausstellung im Altenberger Küchenhof zur 750-Jahr-Feier der Grundsteinlegung (gestaltet von http://www.bierbass-art.de/) finden Sie hier. Und die Meditations-Überlegungen von Superintendent Seiger dazu hier.

Flammendes Plädoyer für das gemeinsame Abendmahl
Vobbe legte darauf in seiner Predigt das Schriftwort „Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist, welcher ist Jesus Christus“ aus dem ersten Korintherbrief aus. Der Bischof beschäftigte sich in seiner Predigt auch mit dem Verhältnis der Religionen und brachte seine Analyse mit einem Witz auf den Punkt: „Mit der Ökumene ist es ja leider immer noch so wie mit dem alten Ehepaar, das sich immer streitet. Ein Paartherapeut gibt ihnen den Tipp, sich etwas Gutes zu tun, Kino, danach ein schönes Essen mit einer guten Flasche Wein in einem erstklassigen Restaurant. Super Idee, sagt der Mann. Dann gehe ich Mittwoch und Du Donnerstag.“
Vobbe hielt ein flammendes Plädoyer für das gemeinsame Abendmahl, das die Katholiken den Evangelischen verweigern. „Gerade das Abendmahl ist doch ein Mahl, das uns zum Einssein stärkt auf unserem Weg als Kirchen. Wie denn könnten wir denn besser unsere Einheit im Grund, der gelegt ist in Christus, bekunden?“ Wenn das gemeinsame Abendmahl erst möglich sei nach Klärung aller theologischen Fragen, „dann wird es erst möglich sein 14 Tage nach dem jüngsten Gericht“.

„Auf Christus bauen heißt, auf eine Sehnsucht bauen“
Wie wichtig der Grund ist, auf den man baut, wird Vobbe nach eigenen Worten jedesmal klar, wenn er vom Bonner Hauptbahnhof in Richtung Süden fährt. Dann passiert er den Kühlturm des Atomkraftwerkes Mühlheim-Kärlich, das nie ans Netz gegangen ist. Man hat das Kraftwerk in einem nicht ganz erdbebenfreien Gebiet auf Sand gebaut. „Obwohl sonst mit den modernsten Sicherheitsstandards ausgerüstet, steht es nun da wie ein Hohn der unveränderlichen Naturgewalten auf menschliches Wollen.“ Mittlerweile diskutiere man den Abriss oder die Umwandlung in einen Vergnügungspark. Auf die Qualität eines Gebäudes komme es nicht an. Ob Villa oder Holzhütte, jedes Haus könne nur Bestand haben, wenn das Fundament tragfähig sei. Vobbe sprach auch über die virtuellen Welten, in denen sich die Menschen beispielsweise in Computerspielen bewegten. Das seien Welten, die von Menschen vorfabriziert worden seien und nur das eigene Ego bestätigten und pflegten. „Auf Christus bauen heißt, auf eine Sehnsucht bauen. Wer auf Christus baut, erkennt, dass er stets mehr braucht, als er hat. Diese Sehnsucht lässt sich nicht stillen durch Phantasiewelten und spiritistische Sitzungen. Auf Christus bauen heißt, daran glauben, dass hinter dem Vorhang unserer Leiden und sogar unseres Todes ein Sieg des Lebens wohnt, und dass hinter dem Vorhang unserer irdischen Auseinandersetzungen und Kämpfe Gerechtigkeit und Liebe endgültig zu ihrem Recht kommen.“

Kirche ist eine „Option nicht nur ,aus gutem Grund‘, sondern ‚auf gutem Grund'“
Was Mühlheim-Kärlich angeht, fordert Vobbe den Abriss der Investitionsruine. „Ein Kraftwerk, das gar keines ist, ist nicht unbedingt ein ästhetischer Blickfang. Die Begrünung verschleiert nur einen hässlichen Tatbestand, der Vergnügungspark würde aus dem architektonischen Monstrum ein lächerliches Etwas machen. So auch das Kraftwerk Kirche: Eine Kirche, die nur auf dem Grund selbsterfundener Gesetze existiert, taugt auf Dauer zu nichts. Kirche taugt auf Dauer nicht als ein obsoletes Rechtskonstrukt aus vergangenen Tagen, sie taugt nicht nur als bemoostes Objekt für die religionsgeschichtliche Forschung, sie taugt aber auch nicht nur als Vergnügungs- und Eventpark, der den ohnehin zahlreichen Vergnügungsmöglichkeiten heutiger Zeit noch eine Art zeremonielles Sahnehäubchen aufsetzt. Wir treten schon auf mit dem Anspruch, sinnstiftendes, Kraft spendendes Zeichen Gottes zu sein, gut fundiert, eine Option nicht nur ,aus gutem Grund‘, sondern auf gutem Grund.“

Die komplette Predigt von Bischof Joachim Vobbe zum Nachlesen finden Sie hier.

Im vollbesetzten Altenberger Dom, erste Reihe (v.l.): Superintendentin Andrea Vogel, Superintendent Bernhard Seiger, Reverend Simon Hobbs, Stadtsuperintendent Rolf Domning, Pfarrerin Claudia Posche

Großer Applaus
Mit großem Applaus quittierten die Besucher und Besucherinnen des Gottesdienstes im vollbesetzten Altenberger Dom die Predigt des Alt-Katholiken, bevor wieder die Domkantorei Altenberg unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Andreas Meisner sang. Die liturgische Leitung des Gottesdienstes hatten die Dompfarrerin Claudia Posche sowie die Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Köln-Rechtsrheinisch – zu dem der Altenberger Dom ja gehört -, Andrea Vogel, und Superintendent Dr. Bernhard Seiger übernommen. Im Anschluss an die Reformationsfeier traf man sich im Martin-Luther-Haus bei einem Empfang.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Rahmann