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Fortbildungsveranstaltung des Schulreferats: Mit dem „Koran für Kinder“ können auch christliche Lehrerinnen und Lehrer noch einiges über den Islam lernen

„Nun sag, wie hast Du’s mit der Religion?“Die Gretchenfrage des Dichterfürsten Goethe beschäftigte auch Rabeya Müller immer wieder, wenn sie gerade mit jungen Menschen muslimischen Glaubens in Kontakt kam. Denn die Antwort, die der Geheimrat dem Gretchen zuschreibt, trifft für viele muslimische Jugendliche eben gerade nicht zu: „Allein ich glaub, Du hältst nicht viel davon.“


Viele jugendliche Muslime sind sehr interessiert an ihrer Religion, „haben aber Schwierigkeiten mit dem Verständnis des Korans, den auch die türkischen Kinder und Jugendlichen in arabischer Sprache rezitieren, ohne genau zu wissen, was sie sagen“, sagt Rabeya Müller vom Institut für interreligiöse Pädagogik und Didaktik in Köln, die zusammen mit Lamya Kaddor vom Centrum für Religiöse Studien der Universität Münster einen „Koran für Kinder“ veröffentlicht hat. Dieses Buch stellte Müller nun während einer Fortbildungsveranstaltung des Schulreferates des Evangelischen Kirchenverbandes vor. „Ich finde es sehr erfreulich, dass dieses Thema so großen Anklang findet“, sagte Schulreferent Rainer Lemaire angesichts des gut gefüllten Seminarraumes. Lehrerinnen und Lehrer unterschiedlicher Schulformen hatten sich eingefunden. Für Gelächter sorgte die Vorstellungsrunde: Ein überraschend großer Teil der Pädagoginnen und Pädagogen, die gekommen waren, unterrichtete die Fächerkombination Religion und Mathematik.

„Sehr viel mehr vom Islam verstanden als vorher“
Danach ging es direkt zur Sache, Rabeya Müller stellte den „Koran für Kinder“ vor. Eines vorweg: es handelt sich dabei nicht um eine der üblichen Komplettübersetzungen in der Reihenfolge des Original-Korans. In dem sind die Suren nicht chronologisch oder thematisch geordnet, sondern nach Textlänge. „Kinder- und jugendfreundlicher“ ist die Vorgehensweise von Müller und Kaddor. Sie sortieren nach Themen wie zum Beispiel „Schöpfung“ oder „Mitmenschen“.
Ein großer Teil des Originaltextes kommt im „Koran für Kinder“ nicht vor. Das erhöht die Lesefreundlichkeit gerade für junge Menschen, ruft aber auch Kritiker auf den Plan, wie Müller einräumte. Ihr sei vorgeworfen worden, den Koran sozusagen als „Steinbruch“ zu missbrauchen und nur als „Fragment“ zu verwenden. Diese Kritik lässt Rabeya Müller nicht gelten: „Beim ,Koran für Kinder‘ geht es nur darum, zum eigentlichen Koran hinzuführen. Es ist niemals unsere Absicht gewesen, den eigentlichen Koran zu ersetzen.“ Brisant ist auch, dass die Autorinnen das so genannte „Bilderverbot des Islam“ übergehen. Natürlich gelte das Verbot, Gott bildlich darzustellen. Bei Propheten sei dieses Verbot unter den Gelehrten umstritten, erklärt Rabeya Müller. Sie und Lamya Kaddor haben Abbildungen in ihr Buch aufgenommen. Dabei handelt es sich etwa um Miniaturen aus früherer persischer Zeit. Das Lehrer- und Lehrerinnenplenum lobte durch die Bank den Ansatz der beiden Autorinnen in ihrem Buch. „Der ,Koran für Kinder‘ ist gerade nicht nur ein Buch für Kinder und Jugendliche. Auch ich habe sehr viel mehr vom Islam verstanden als vor der Lektüre“, fasst eine Lehrerin stellvertretend für ihre Kolleginnen und Kollen zusammen.
Müller wird sich durch die Kritik nicht unterkriegen lassen und ist bereit, für die Richtigkeit ihrer Überzeugungen zu kämpfen. Und wer wäre dafür prädestinierter als sie. Die 51-Jährige ist bekennende Feministin, seit rund 30 Jahren Muslima, und organisiert Selbstbehauptungs-Trainings für muslimische Mädchen.

Der „Koran für Kinder“ ist im C. H. Beck Verlag erschienen, umfasst 234 Seiten und kostet 19,90 Euro.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Rahmann