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„IN VERBUNDENHEIT MIT UNSEREN UKRAINISCHEN FREUNDINNEN UND FREUNDEN“ – Offener Brief der Melanchthon-Akademie

Studienleiterinnen und Studienleiter der Melanchthon-Akademie haben in einem offenen Brief ihre Verbundenheit mit den Menschen in der Ukraine zum Ausdruck gebracht und jede Form von Gewalt verurteilt. „Fassungslos und entsetzt blicken wir an diesem Freitag nach der Invasion der russischen Führung in die Ukraine auf die menschlichen und politischen Dimensionen“, schreibt die Akademie in ihrem Blog. Sie erinnert in dem Beitrag besonders an die jüdischen Menschen, die von dem Krieg betroffen sind. „Wir denken auch an die jüdischen Kölner:innen ukrainischer und russischer Herkunft aus dem Integrationszentrum der Synagogengemeinde Köln in Porz und der liberalen jüdischen Gemeinde Köln, mit denen wir seit vielen Jahren wunderbar zusammenarbeiten und die uns als Menschen nahe sind. In einem offenen Brief haben Mitarbeitende der Akademie ihre Verbundenheit mit unseren ukrainischen Freundinnen und Freunden zum Ausdruck gebracht.“

Den Text des offenen Briefes lesen Sie hier:

Als Melanchthon-Akademie arbeiten wir seit langem mit jüdischen Kölner:innen ukrainischer und russischer Herkunft aus dem Integrationszentrum der Synagogengemeinde Köln in Porz und der liberalen jüdischen Gemeinde Köln zusammen. Des Weiteren haben wir sowohl unter unseren Dozierenden, als auch unter unseren Teilnehmenden Menschen mit ukrainischer und russischer Einwanderungsgeschichte. Unsere Gedanken, Sorgen und Verbundenheit sind mit unserem Referenten Prof. Boris Zabarko (Historiker und Holocaustüberlebender) und unserer Referentin Anzhela Beljak (Koordinatorin von Aktion Sühnezeichen in Kiew) und allen unseren Kooperationspartner:innen und Teilnehmenden, die Angehörige und Zugehörige in der Ukraine haben. Wir denken auch an alle Ukrainerinnen, die maßgeblich dazu beitragen, die Pflege von einheimischen Pflegebedürftigen in Köln und Region aufrecht zu erhalten und nun in Sorge um Ihre eigenen Angehörigen in der Ukraine sind.

In Verbundenheit mit ihnen sind wir beeindruckt und berührt von den Worten eines (jüdischen) Bürgers der Ukraine am Vorabend des russischen Einmarsches in die Ukraine: „Ich habe mich heute um ein Telefongespräch mit dem russischen Präsidenten bemüht. Das Ergebnis: Stille. Und das, obschon eigentlich Stille im Donbass herrschen sollte. Darum möchte ich mich heute an alle Bürgerinnen und Bürger Russlands wenden. Nicht als Präsident. Ich wende mich an die Russinnen und Russen als Bürger der Ukraine.

Darüber, wie es sich jetzt von Tag zu Tag entwickelt, spricht die ganze Welt. Ein Grund dafür kann sich jeden Moment entwickeln, es genügt eine Provokation, ein Blitz. Ein Blitz, der alles entzünden und verbrennen kann. Man sagt Ihnen, dass diese Flamme dem ukrainischen Volk die Befreiung bringt. Aber das ukrainische Volk ist frei. Es erinnert sich an seine Vergangenheit und baut selber seine Zukunft. Es baut. Es zerstört nicht, wie man Ihnen jeden Tag im Fernsehen erzählt.

Man erzählt Ihnen, dass wir Nazis seien. Aber kann ein Volk Nazis unterstützen, das für den Sieg über den Nazismus mehr als 8 Millionen Menschenleben geopfert hat? Wie kann ich selber Nazi sein? Erzählen Sie das mal meinem Großvater, der den ganzen Zweiten Weltkrieg in der Infanterie der Sowjetarmee gekämpft hat und als Oberst in der unabhängigen Ukraine starb.

Man hat Ihnen gesagt, dass ich den Donbass angreifen will. Beschießen und bombardieren. Obwohl es Fragen gibt – und die sind sehr einfach: Auf wen schießen? Was bombardieren? Donezk? Wo ich Dutzende Male gewesen bin. In Gesichter, in Augen geblickt habe. Die Straßen, auf denen ich mit Freunden entlanggegangen bin. Das ukrainische Volk will den Frieden. Die ukrainischen Machthaber wollen den Frieden. Wollen und werden alles dafür tun, was möglich ist. Wir sind nicht allein, das ist wahr.

Die Ukraine wird hier von vielen Ländern unterstützt. Warum? Weil es nicht einfach um Frieden um jeden Preis geht. Sondern um Frieden, um Prinzipien und um Gerechtigkeit. Um internationales Völkerrecht, um das Recht auf Selbstbestimmung, das Recht, die eigene Zukunft selber zu gestalten, um das Recht jeder Gesellschaft auf Sicherheit und das Recht jedes Menschen auf ein Leben ohne Bedrohung. Das alles ist für uns wichtig. Es ist wichtig für die Welt.

Wir brauchen keinen Krieg. Aber wenn Truppen unser Staatsgebiet angreifen, wenn man versucht, uns unser Land zu nehmen, unsere Freiheit, unser Leben, das Leben unserer Kinder, dann werden wir uns verteidigen. Wir werden nicht angreifen, wir werden uns verteidigen. Der Krieg ist ein großes Unglück, und dieses Unglück hat einen hohen Preis, im wahrsten Sinne des Wortes.“

Wolodymyr Selensky jn der Nacht vor dem Einmarsch der Russischen Armee in die Ukraine

Dr. Martin Bock
Lena Felde
Matthias Frank
Dr. Martin Horstmann
Dorothee Schaper
für das Team der Melanchthon-Akademie

Text: Melanchthon-Akademie / APK
Foto(s): APK