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Die Reform des Gemeindezuweisungssystems – von einem Finanzkirchmeister anschaulich dargelegt

Andreas Helmer, der Finanzkirchmeister der Evangelischen Kirchengemeinde Höhenberg/Vingst hat für den letzten Gemeindebrief seiner Gemeinde einen sehr anschaulichen Text über die Reform des Gemeindezuweisungssytems und seiner Rahmenbedingungen verfasst. Als Finanz-Fachmann nennt er Zahlen, als Kenner kirchlichen Lebens kann er den Zusammenhang zwischen Gemeinden und Stadtkirchenverband aufzeigen. Dieser Prozess ist für alle Gemeinden gleichermaßen relevant, darum steht der Text hier in seiner Gänze – mit herzlichem Dank an Andreas Helmer, der ihn uns gerne überlassen hat.

Ziel der Reform des Gemeindezuweisungssystems ist es, die bisherigen Einzelzuweisungen und Zuschüsse des Evanglischen Stadtkirchenverbandes Köln an die Verbandsgemeinden unter Einbeziehung der Pfarrbesoldungskosten zu einer Gesamtzuweisung zusammenzufassen und die Gesamtzuweisung nach Anzahl der Gemeindeglieder zu verteilen.

Warum?
In den letzten Jahren konnten die Haushalte für die Gemeinden und den Verband nur unter Hinzunahme von Rücklagen finanziert werden.  Allein für das Haushaltsjahr 2004 werden laut Aussage des SKV weitere 3.500.000 € aus der Rücklage entnommen, um die Gemeinde- und Verbandsfinanzierung sicherzustellen.  Da dies bereits seit Jahren so praktiziert wird und nach dem alten Gemeindezuweisungssystem abzusehen ist, wann die Rücklagen aufgebraucht sind, musste diese Reform stattfinden.

Zurzeit bekommen die Gemeinden Mittel, wie
· Kindergartenzuweisungen
· Ausgleichszuweisungen für Personal
· Bauunterhaltungsmittel
· Ausgleichszuweisungen und Mietkosten für die Gemeindeämter/Verwaltungsämter

Des weiteren werden die Pfarrstellen ebenso vom SKV finanziert, unabhängig davon wie groß eine Gemeinde ist und wie viel Pfarrstellen sie hat.  Auf den Verband kamen also Kosten zu, auf die er keinen Einfluss hatte.

Was wird an die Gemeinden verteilt?
Nach Abzug der Kosten, die dem Verband in seiner Eigenschaft entstehen (20 %) sollen 80 % an die Gemeinden verteilt werden. Von diesen 80 % werden nochmals 5 % an die Kirchenkreise abgeführt. Mit diesem Geld sollen zukünftig Sonderprojekte im Kirchenkreis finanziert werden.
Die restlichen 75 % werden dann nach der Anzahl der Gemeindeglieder an die Gemeinden verteilt. Das heißt:
Große Gemeinde = viel Geld
Kleine Gemeinde = wenig Geld

Was fällt in Zukunft weg?
In Zukunft werden die Mittel wegfallen, auf deren Kostenentstehung der Verband keinen Einfluss hatte (siehe oben):
· Kindergartenzuweisungen
· Ausgleichszuweisungen für Personal
· Bauunterhaltungsmittel
· Ausgleichszuweisungen und Mietkosten für die Gemeindeämter/Verwaltungsämter
Diese Kosten, die der Gemeinde ja direkt entstehen, müssen auch von den Gemeinden finanziert werden.

„Wer die Leistung haben will, muss sie auch bezahlen“
Was bekommen wir dazu?  Im Gegensatz zum alten System werden wir zukünftig auch eine Pfarrstellenpauschale erhalten. Im Gegenzug müssen die Gemeinden für die Kosten der Pfarrstellen selbst aufkommen.
Zukünftig dürfen die Gemeinden 50 % der Mieteinnahmen und Pfarrdienstwohnungs- vergütungen in ihren eigenen Haushalt einfließen lassen. Denn davon sollen die Bauunterhaltungskosten finanziert werden.

Wo können die Gemeinden einsparen?
1. Pfarrstellen
Wenn eine kleine Gemeinde (ca. 2.000 Gemeindeglieder) sich bisher 2 Pfarrstellen leistet, wird sie sich überlegen müssen, ob Sie das in Zukunft noch kann. Denn sie wird mit der Pfarrstellenpauschale für 2 Stellen belastet, erhält jedoch für nur 2.000 Gemeindeglieder  Zuweisungen.  Vom Stadtkirchenverband ist eine Leitlinie herausgegeben worden, nach der jede Pfarrstelle ca. 3000 Gemeindeglieder abdecken soll.
2. Personal
Bevor man weiteres Personal einstellt oder großzügig Gehaltserhöhungen in Aussicht stellt, muss man rechnen, ob sich das die Gemeinde leisten kann, oder ob die Arbeit nicht auf bisheriges Personal oder auf ehrenamtliche Mitarbeiter verteilt werden kann.
3. Kindergärten
Hier entsteht für einige Gemeinden ein großes Problem. Gemeinden, die einen Kindergarten unterhalten, werden diesen in Zukunft den Trägeranteil selbst finanzieren müssen. Da stellt sich die Frage: Kann eine Gemeinde mit 2.000 Gemeindeglieder  sich noch einen viergruppigen (also teueren) Kindergarten leisten?
4. Bauunterhaltung
Auch hier kann man das Geld nicht mehr sinnlos verprassen, weil man denkt, im nächsten Jahr bekommen wir wieder Geld für die Bauunterhaltung dazu. Man muss mit 50 % der Mieteinnahmen auskommen.
5. Allgemeines
Die Gemeinden müssen zukünftig sehr genau darauf achten, wofür das Geld ausgegeben wird. Jedoch kann man große Einsparungen auf Dauer nur n den großen Posten, wie Pfarrstellen, Personal und Bauunterhaltung vornehmen, um das Gemeindeleben nicht totzusparen.
In einer Kirchengemeinde wird also in Zukunft viel wirtschaftlicher gedacht werden müssen, will man nicht Konkurs anmelden und jegliche Handlungsfreiheit an den Stadtkirchenverband abtreten.

Übergang
Für den Übergang ist eine Zeit von 10 Jahren vorgesehen, beginnend mit dem Jahre 2004.  In jedem Jahr wird ausgerechnet werden, wie es nach dem neuen System aussehen würde. Dann wird die Differenz dazu jedes Jahr um 10 % gekürzt. 10 Jahre à 10 % sind 100 %. Im Jahre 2014 wird dann das neue System vollständig greifen.
Hierzu bleibt noch zu bemerken, dass auch die Zuweisungsmittel von der aktuellen Steuersituation abhängig sind und daher jährlich um einige Prozentpunkte variieren können.

Text: Andreas Helmer
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