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Vier neue Gemeinden entstehen aus der Evangelischen Kirchengemeinde Weiden im nächsten Jahr

Liane Scholz lächelt nachsichtig: „Es ist ja auch alles ein bisschen kompliziert“, meint die Pfarrerin der Evangelischen Kirchengemeinde Weiden, Bezirk Widdersdorf, angesichts der Verwirrungen, die die anstehende Strukturreform allerorten auslöst. Im Kirchenkreis Köln-Nord entstehen nämlich zum 1. Januar 2015 aus einer Gemeinde gleich vier neue – und dennoch wird sich die Zahl der Presbyterien in der Summe um drei verringern.

Köln, Frechen, Pulheim
Solche Zahlenspiele, erklärt die Pfarrerin, seien im Geltungsgebiet der Evangelischen Kirche im Rheinland auch nur in der Noch-Gemeinde Weiden möglich. Denn deren Strukturen sind in der Tat einmalig: Als Tochtergemeinde hatte sie sich im Jahre 1948 von der Gemeinde Frechen abgespalten, als das Kölner Stadtgebiet nur bis zum Melatenfriedhof reichte und alles westlich davon zu Köln-Land zählte. Doch hier stand viel Bauland zur Verfügung, die Bevölkerungszahlen stiegen rasch an, um 1980 gehörten bereits rund 15.000 Gläubige zur Kirchengemeinde Weiden. Nach der Gebietsreform von 1975 verteilten sie sich dazu auf gleich drei Kommunen: Köln, Frechen und Pulheim.

Riesenpresbyterium mit 43 Mitgliedern
„Es war nicht leicht, das zu verwalten“, erzählt Liane Scholz, „das Presbyterium zum Beispiel hatte 43 Mitglieder.“ Nachdem seit Ende der 1990er Jahre verschiedene Strukturausschüsse getagt hatten, entschieden sich die Presbyter im Jahre 2003 für eine Satzung, die den sechs Gemeindebezirken – Junkersdorf, Weiden-Lövenich, Königsdorf, Brauweiler, …. Widdersdorf sowie Geyen/ Sinthern/ Manstedten – weitgehende Selbstverwaltung zugestand, sogar eigene Presbyterien durften die Bezirke ins Leben rufen. „Das große Presbyterium bestand allerdings weiter – die Idee war die eines gemeinsamen Daches, das von sieben Säulen getragen wird“, so Scholz.

Zuwachs in Junkersdorf und Widdersdorf
Doch einige dieser Säulen begannen in den Jahren darauf zu bröckeln: Während die Zahl der Weidener Gemeindeglieder seit den 1980er Jahren insgesamt konstant blieb und Junkersdorf und Widdersdorf aufgrund ihrer Neubaugebiete sogar Bevölkerungszuwachs meldeten, schrumpften die Zahlen in anderen Bezirken merklich. „Da kam natürlich die Frage auf, wie es dort mit der Zahl der Pfarrstellen etwa weitergehen soll, wie das alles in Zukunft aussehen könnte“, erklärt Pfarrerin Scholz. „Obwohl die Zusammenarbeit in der Gemeinde Weiden nach 2003 eigentlich gut funktioniert hatte.“

Kleinste Gemeinde mit vier Ortschaften
Wieder also wurden Denkanstöße gegeben, Strukturausschüsse gebildet, bis schließlich eine erneute Umbruchphase eingeläutet wurde: Ab 2015 sind die Gemeinde Weiden und ihr Riesenpresbyterium nun Geschichte, stattdessen entstehen vier neue Gemeinden: Junkersdorf, Weiden/Lövenich, Brauweiler/Königsdorf sowie – als kleinste – Widdersdorf/Geyen/Sinthern/Manstedten.

Inoffizielle Fusion Anfang 2014
Den ersten Schritt taten kürzlich Protestanten in Widdersdorf/Geyen/Sinthern/Manstedten und fusionierten inoffiziell schon Anfang dieses Jahres. Seither werden wichtige Gottesdienste und Feste gemeinsam gefeiert, man kooperiert in Bereichen wie der der Konfirmandenarbeit oder der Erwachsenenbildung. „Das sieht in der Realität beispielsweise so aus, dass zwar in Widdersdorf beziehungsweise Geyen/Sinthern/Manstedten weiter zwei Konfirmandengruppen bestehen. Doch die kommen häufig für gemeinsame Projekte oder Ausflüge zusammen“, beschreibt Scholz den Alltag der Fusion. Da müsse man halt öfter mal zehn oder 15 Minuten mit dem Fahrrad oder Auto über Land fahren. Dafür würden häufig Fahrgemeinschaften gebildet, und das sorge dann zusätzlich für Zusammenhalt innerhalb der Gemeinde.

Personal wir nicht eingespart
Auch hinsichtlich der Pfarrstelle konnte eine gute Lösung gefunden werden. Liane Scholz war bis zum Frühjahr mit einer halben Stelle für die rund 2.000 Widdersdorfer Protestanten zuständig, während ihr Mann ebenfalls mit einer halben Stelle die etwa 1.000 Protestanten in Geyen, Sinthern und Mansteden seelsorgerisch betreut hatte. Daneben waren beide im Schuldienst tätig. Nachdem ihr Mann sich entschieden hatte, sich ganz dem Schulunterricht zu widmen, hat die Pfarrerin nun eine ganze Stelle inne, was einiges vereinfacht und dem Sinn der gesamten Strukturreform entspricht. „Es ging ja nicht um Einsparungen. Im Bereich der Gemeinde Weiden wird nirgendwo Personal eingespart“, betont sie.

Neuer Name: Ichthys
Einen eigenen Namen hat die ab Januar 2015 eigenständige Gemeinde Widdersdorf/ Geyen/ Sinthern/ Manstedten auch schon: Ichthys, nach dem griechischen Wort für Fisch, dem urchristlichen Symbol also, an dem sich schon die verfolgten Christen in den römischen Katakomben erkannten. „Es gab insgesamt 80 oder 90 Vorschläge, darunter allgemeine Namen wie ’Auferstehungs-’ oder ’Kreuzgemeinde’, aber auch ’Ackergemeinde’, wegen der ländlichen Umgebung“, so Scholz. „Aber ’Ichthys’ stand plötzlich im Raum.“ Ein eigenes Logo hat die künftige Gemeinde auch schon, es besteht aus zwei übereinander gelegten stilisierten Fischen, einer ist violett, der andere orange. Wer näher kommt, erkennt die getrennten Linien, tritt man ein wenig zurück, dann scheinen sie miteinander zu verschmelzen.

Text: Hans-Willi Hermans
Foto(s): Hans-Willi Hermans