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(links) Pfarrer Dr. Volker Lehnert (LKA), Pfarrer Herwig H. Mauschitz und Superintendentin Andrea Vogel

„Wir sind auf Erden nur auf der Durchreise. Das Entscheidende kommt noch.“ – Pfarrer Mauschitz sticht in See.

Er hört auf, aber nicht wirklich. Mit einem „11er“-Gottesdienst verabschiedete die Evangelische Kirchengemeinde Vingst-Neubrück-Höhenberg ihren Pfarrer Herwig Mauschitz in den Ruhestand. Bis auf den letzten Platz war die Trinitatiskirche besetzt, als Superintendentin Andrea Vogel, Mauschitz und Kirchenrat Dr. Volker Lehnert vom Landeskirchenamt in Düsseldorf einzogen. Letzteren hatte der Ruheständler als Prediger gewonnen. Obwohl, so ganz stimmt das nicht mit dem Ruhestand. Mauschitz wird noch zwei Jahre Aufgaben im Rahmen der Evangelischen Kirche wahrnehmen. Er wird Vertretungen in Gemeinden übernehmen und die Welt sehen. Er wird nämlich Bordgeistlicher auf Kreuzfahrtschiffen. „Dort werde ich Paare trauen und Kinder taufen, Sprechstunden anbieten und zusammen mit dem Kapitän auch Seebestattungen begleiten.“ Nach 36 Jahren als Pfarrer in Leverkusen, Bonn und zuletzt Köln beginne ein neuer Lebensabschnitt, „so Gott will und wir leben“.

Die letzten fünf Jahre in Neubrück seien wie im Fluge vergangen, sagte Mauschitz zum Abschied. Der Pfarrer erinnerte an die Worte von Herrmann Hesse: „Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne.“ Mauschitz erinnerte an die „11er“-Abendmahlsgottesdienste mit speziellen Predigtthemen als Angebote für kirchendistanzierte und suchende Menschen. Und an die „18er“-Gottesdienste mit anderen Liturgien, modernen Liedern und einer Kurzpredigt, „auch gerade für Menschen, die gerne am Sonntagvormittag länger schlafen, aber vor dem sonntäglichen ,Tatort‘ zu einer gottesdienstlichen Feier zusammenkommen wollen“. Und an das Bibelgesprächscafé mit engagierten Gesprächen über Bibeltexte und ihre Relevanz für das aktuelle Leben. Auch die Trinitatisfeste bleiben dem Pfarrer in Erinnerung. Und die ökumenische Zusammenarbeit mit der katholischen Nachbargemeinde St. Adelheid und ihrem Pfarrer Gerd Breidenbach. „Auch wenn ich sicher in meinem Dienst nicht allen Erwartungen gerecht geworden bin, kann ich dennoch sagen: ,I did it my way‘ nach bestem Wissen und Gewissen.

“Geboren wurde Mauschitz in Kärnten, aufgewachsen ist er in Wien und Salzburg. Theologie studiert hat er in Hamburg und Zürich. Ein Sabbatical führte ihn nach San Francisco in Kalifornien. In Köln hat er diverse beraterische Zusatzausbildungen absolviert. Zusätzlich zu seinen Tätigkeiten in der Gemeindearbeit hat Mauschitz zwölf Jahre lang ein Ehe-, Familien- und Lebensberatungsstelle „verwaltungstechnisch“ mit fünf Mitarbeitenden geleitet und sechs Jahre die Studienleitung der Rheinischen Pastorenschaft übernommen. Im Ehrenamt ist er als ausgebildeter Notfallseelsorger, Referent in Kirchengemeinden und als Urlaubsseelsorger im Auftrag der EKD tätig. Mauschitz hatte eine „Bikini“-Predigt angekündigt: „Kurz und knapp, die aber das Wichtigste abdeckt.“

Sich selbst nimmt er nicht so furchtbar wichtig. So konnte man zumindest die Geschichte von dem ziemlich wichtigen Hahn entnehmen, die er der Gemeinde erzählte. Dieser Hahn krähte sich an jedem Morgen in die totale Erschöpfung, weil er glaubte, die Sonne ginge nur auf, wenn er krähte. Eines Tages hatte er sich heiser gekräht. Kein Ton kam mehr heraus. Das war am nächsten Morgen nicht anders. Und siehe da: Die Sonne ging trotzdem auf. Der Hahn war untröstlich und blieb schwer enttäuscht im Stall. Welche Blamage. Aber ein kluges Huhn richtete ihn wieder auf. Er solle nicht krähen, damit die Sonne aufginge, sondern weil. Die Rolle des Pfarrers sei zwiespältig, so Mauschitz weiter. „Kein Tag ist wie der andere. Man ist Seelsorger, Manager, Organisator, Autor, Magier, Clown und vieles mehr.“ Manchmal habe man es nicht leicht. Zum Beispiel auf Gartenpartys, wenn man seinen Beruf preisgebe. „In einem Buch über Traumdeutung habe ich gelesen: Wenn man von einem Pfarrer träumt, ist das ein Symbol für ein schlechtes Gewissen.“

Zum Abschied mahnte der Pfarrer die Gemeinde: „Genießen Sie jeden Tag. Jeder Tag ist ein unwiederbringliches Geschenk. Als Notfallseelsorger habe ich oft erlebt, wie schnell das Leben vorbei sein kann. Gestern ist vorbei und was morgen sein wird, weiß keiner genau.“ Und weiter: „Viele sterben mit 25 und werden mit 75 begraben. So viele leben im Konjunktiv. Leben Sie heute. Setzen Sie um.“ Und dennoch: „Um es mit Hanns Dieter Hüsch zu sagen: ,Wir sind auf Erden nur auf der Durchreise.‘ Das Entscheidende kommt noch. Der moderne Mensch besitzt vieles. Aber innerlich ist er oft unbehaust. Behalten Sie einen geerdeten Glaubensmut. Alles, was auf Erden geschieht, hat die Zeit Gottes.“ Nicht die Pfarrerinnen und Pfarrer erhielten die Kirche, sondern Jesus Christus. „Wir alle sind eine Zeit lang Mitarbeiter Gottes. Manche meinen, Gott könne froh sein, wenn sie für ihn arbeiten. Es gehören Schmerz und Heiterkeit dazu, zugeben zu können, dass die nächste Generation dran ist.“ Abdanken sei ein schönes Wort. „Wir sind Staub und werden zu Staub. Manche meinen, den ständig aufwirbeln zu müssen. Aber wer zu allem seinen Senf dazu gibt, steht im Verdacht, ein Würstchen zu sein.“

Kirchenrat Dr. Volker Lehnert predigte über „Konstante oder Menschen kommen und gehen. Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in aller Ewigkeit“. „Pfarrer kommen und gehen. Aber Jesus Christus bleibt.“ Für die Musik im Gottesdienst sorgten der Chor „Peters Kunden“ unter den Leitung von Martina Bühler und der Konzertgitarrist Werner Hucks. Nach dem Gottesdienst traf man sich noch zu Begegnungen und Gesprächen im Gemeindesaal.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann