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„Chancengleichheit schaffen, indem wir die Kompetenzen der Menschen stärken“ Gerhard Still ist neuer Leiter der Christlichen Sozialhilfe (CSH) Mülheim

Mit einem „Fürchte Dich nicht“ segnete Pfarrer Franz Decker Gerhard Still, den neuen Geschäftsführer der Christlichen Sozialhilfe (CSH) in Mülheim, und gab ihm mit dieser ökumenischen Geste alle guten Wünsche für Stills sicher nicht immer einfache Aufgabe mit auf den Weg.

Die Arbeit der CSH ist aus dem „Veedel“ Mülheim nicht mehr wegzudenken
Decker, Leiter des Kölner Caritasverbandes, hielt den Gottesdienst in der Mülheimer Antoniuskirche. Pfarrer Rolf Domning, Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, würdigte in seiner Predigt die wichtige Arbeit der CSH, die aus dem Veedel nicht mehr wegzudenken sei. Helga Blümel, Geschäftsführerin des Diakonischen Werkes Köln und Region, freute sich über „zukunftsfähigen Anlass“. Ein Jahr lang war der Geschäftsführer-Posten bei der CSH verwaist, nachdem Stills Vorgänger Fritz-Rolf Sonnen krankheitsbedingt die Stelle aufgeben musste. Für Still sei es ein „richtiger Sprung in eiskaltes Wasser“ gewesen, als er die Geschäftsführung übernahm, befand Blümel. „Aber mittlerweile hat er den Freischwimmer.“ Aber er sei ja kein Unbekannter.

„Kraft, Mut und Phantasie für Visionen“
23 Jahre hat Still im Diakonischen Werk Köln und Region gearbeitet, habe die Schuldnerberatung mit aufgebaut, habe die Schuldnerberatung in Bergisch Gladbach geleitet und sei zum Schluss tätig gewesen als Regionalbeauftragter der Diakonie im Rheinisch Bergischen Kreis, wo er sich um die sozial-diakonische Vernetzung verdient gemacht habe. Still sei ein „Spezialist für den Aufbau“ sagte Blümel und bescheinigte dem neuen Geschäftsführer eine „beglückende Ungeduld“. Darüber hinaus wünschte sie ihm zuverlässige, treue Mitarbeitende und „Kraft, Mut und Phantasie für Visionen“. Dabei soll ein Gutschein für die neue Mülheimer Kult-Kneipe „Jakubowsky“ helfen. Blümel erinnerte auch daran, dass es zwar zahlreiche Kooperation zwischen Diakonie und Caritas gebe, die CDH aber der einzige eingetragene Verein beider kirchlicher Organisationen sei. Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes lobte zunächst den Gottesdienst: „Es war bitterkalt in der Kirche, aber ich fühle mich erwärmt.“

„Entlang der Lebenswirklichkeit der Menschen“
Dann lobte Scho-Antwerpes die CSH als „wichtigen Partner für die Stadt“. Angefangen hat die Arbeit in der Hacketäuer-Siedlung 1964. Die Siedlung galt damals als größter sozialer Brennpunkt in der Bundesrepublik Deutschland. Wie schon nach dem Ersten Weltkrieg wurden ehemalige Kasernen als Unterkünfte für vormals obdachlose Familien genutzt. In den 70er Jahren begleitete die CSH federführend den durch einen Ratsbeschluss angestoßenen Prozess, die Bewohner der Hacketäuer-Siedlung mit ordentlichen Mietverträgen auszustatten. Die Kasernenbauten wurden abgerissen, Sozialwohnungen in Plattenbauweise gebaut. „Aus den Spielstuben mit Fürsorgerinnen und Fürsorger – so hießen die damals noch – wurden Kindertagesstätten, aus den Mütterstuben wurde die Familienbildungsstätte“, so die Bürgermeisterin. Darüber hinaus nannte sie die Jobbörse Pro Veedel, die „Müllemer Wäsch- und Kochwiever“, die zahlreichen Qualifizierungs- und Weiterbildungsangebote, die vier Kindertagesstätten und vieles mehr in Trägerschaft der CSH. „Ihr Arbeitsauftrag geht entlang der Lebenswirklichkeit der Menschen“, sagte sie an den neuen Geschäftsführer gewandt: „Die CSH ist eine tragende Säule des sozialen Miteinanders im Veedel. Herr Still, ich hoffe, Sie werden ihrem Namen nicht gerecht.“

„Es darf nicht sein, dass Jugendliche keine Lehrstelle finden“
Still, jetzt Chef von immerhin 100 Mitarbeitenden, reizt nach eigenen Worten die Sozialraumarbeit. Die Gemeinwesenarbeit habe er schon während seines Studiums als Schwerpunkt gewählt. „Neben der christlichen Motivation treibt mich mein Gerechtigkeitsempfinden an. Es darf nicht sein, dass Jugendliche fünf Jahre nach ihrem Schulabschluss immer noch keine Lehrstelle gefunden haben.“ Die Lebenschancen junger Menschen gelte es zu verbessern, Stigmatisierungen wegen der Lage der Wohnung müssten aufgehoben werden. „Es ist unerträglich, dass Hauptschüler in der fünften Klasse glauben, dass sie eigentlich keine Lebenschancen mehr haben.“ Still hat beobachtet, dass sich die Familien im Veedel außerhalb der Kurse in der CSH kaum noch treffen. Dem will er entgegenwirken, vielleicht mit einem Nachbarschafts-Treffpunkt. Und das „große“ Ziel hat er auf klar formuliert: „Wir wollen Chancengleichheit schaffen, indem wir die Kompetenzen der Menschen stärken.“

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Rahmann