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50 Jahre Immanuelkirche Longerich werden im Dreiklang gefeiert

Wenn es jemanden gibt, auf den die schmeichelhafte Bezeichnung „Hahn im Korb“ im besten Sinn des Wortes zutrifft, dann ist es wohl Reinhold Müssel. „Ich war damals Ehrenmitglied im Frauenkreis“, erinnerte sich der ehemalige Küster an der Immanuelkirche in Longerich.

Richtfest vor 50 Jahren
Vor ziemlich genau 50 Jahren feierte die Evangelische Immanuelgemeinde Köln-Longerich das Richtfest für die Kirche. Dieses Jubiläum hatte man zum Anlass für eine kleine Talk-Show mit Zeitzeugen genommen, in der neben Müssel noch der langjährige Presbyter Hans-Willy Bein, der ehemalige Longericher Pfarrer Heinz Kleu und Pfarrerin Ursula Gröger-Mocka an Anekdoten aus den vergangenen 50 Jahren erinnerten.

Man rechnete mit 6.000 Besuchern
„Ich habe von dem Richtfest eigentlich gar nichts mitbekommen“, erzählte Bein. Er habe als damaliger Küstersohn im Festzelt geholfen. „Dicke Bohnen mit Hämmchen gab es. Damals konnte man ja noch kräftig essen.“ In Erinnerung geblieben ist ihm, dass sein Bruder versuchte, mit dem Mittelfinger ein 30-Liter-Fass Kölsch anzustechen. „Als es ihm schließlich gelang, ist er wegen des Drucks, der sich entlud, meterweit durch den Raum geflogen.“ Auf die Frage des Talk-Show-Moderators Kay Bandermann, WDR-Journalist, warum die Kirche so groß sei, berichtete Bein von den damaligen Prognosen: „Man rechnete in den 60er Jahren mit 6.000 evangelischen Christen in der Gartenstadt und mindestens 200 regelmäßigen Gottesdienstbesuchern. Die Zahl von 6.000 wurde nie erreicht. Jetzt sind es 2.000.“

„Freiheit war ein wichtiges Thema“
Heinz Kleu zog 1974 in das damals noch leerstehende Pfarrhaus. Er trat am 1. Januar 1975 eine Stelle als Gemeindehelfer mit dem Schwerpunkt Jugendarbeit an. Dann absolvierte er berufsbegleitend eine Weiterbildung zum Pfarrer. „Das ging damals noch. In den 70er Jahren waren Pfarrer Mangelware.“ 1977 wurde er schließlich Pfarrer der Immanuelgemeinde, die umringt ist von drei katholischen Pfarrhäusern. „Die Protestanten waren eine große Minderheit“, sagte Kleu im Rückblick auf jene Zeit. Ihm verdanken die Longericher Protestanten die Buntfenster in ihrer Kirche, für deren Einbau sich Kleu während seiner Amtszeit stark gemacht hat. Die 68er Zeit und deren Folgen gingen an Longerich fast spurlos vorbei. „Aufmüpfig waren unsere Jugendlichen eigentlich nicht“, sagt Kleu. „Die wollten lieber tiefer in die Bibel eindringen, die Bibel von allen Seiten kennen lernen und neue geistliche Lieder singen.“ Damals habe man angefangen, Themengottesdienste zu feiern. „Freiheit war ein wichtiges Thema“, so Kleu: „Und der Umgang mit Zeit.“

Einer der letzten neuen Kindergärten
„Es war eine schöne Zeit“, erinnerte sich Reinhold Müssel an sein Arbeitsleben. Er war von 1978 an 27 Jahre Küster in der Immanuel-Gemeinde. Er war engagiert im CVJM, wie erwähnt im Frauenkreis, und im Seniorenkreis: „Aber da waren ja auch fast nur Frauen.“ Ursula Gröger-Mocka erinnerte an die Friedensgruppe der Gemeinde, die in den 80er Jahren vor der Lutherkapelle, der damals zweiten Predigtstätte der Gemeinde, eine Gedenktafel für Zwangsarbeiter angebracht hat, die dort während des Zweiten Weltkriegs interniert worden waren. Und einen Kindergarten habe man in jenen Jahren eröffnet. „Eine der letzten evangelischen neuen Kindertagesstätten auf dem Gebiet des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region.“

Zum Jubiläum gab es auch historische Fotos zu sehen
Erfolgsgeschichte der Kulturkirche
Pfarrer i. R. Kleu wohnt seit zehn Jahren in Süddeutschland. Aber ganz losgelassen hat ihn Longerich noch nicht: „Ich träume bisweilen immer den gleichen Traum. Ich betrete die Immanuelkirche zum Gottesdienst. Ich habe aber kein einziges Lied herausgesucht, und worüber ich predigen möchte, weiß ich auch nicht. Und während ich darüber nachdenke, ist die Gemeinde längst verschwunden.“ Einen Blick in die Zukunft der Immanuelkirche warfen Kreiskantor Thomas Pehlken, der Longericher Pfarrer Jürgen Mocka und Thomas Diederichs, Pfarrer der Nachbargemeinde aus Nippes und Initiator der Kölner Kulturkirche. „Wir haben 2002 mit vier Veranstaltungen im Jahr in unserer 130 Jahre alten Lutherkirche angefangen. Heute sind es über 70 Veranstaltungen. Wir haben uns in der Szene einen Namen gemacht. Und wir sind gut vernetzt, etwa mit der lit.cologne und dem WDR“, erzählte Diederichs die Erfolgsgeschichte der Kulturkirche.

Viele Anfragen von Orchestern
Von einer solchen Geschichte träumt Mocka: „Der Kirchraum ist unser Hauptkapital. Er ist verkehrstechnisch gut zu erreichen, und wir haben viele Anfragen von Orchestern. Aber als Konzertkirche stehen wir noch ganz am Anfang. Selbstverständlich wollen wir mehr Leute in die Kirche locken. Und Geld verdienen.“ Die Richtung ist aber klar: Klassischer Chorgesang und Kammermusik. Pehlken trat auf die Euphoriebremse: „In Köln gibt es pro Jahr 1.000 Veranstaltungen in Kirchen. Da ist es schwer, etwas zu etablieren, das Geld bringt.“ Das ist auch Mocka klar: „Erst kommt die Musik, das Geld kommt später.“

Festliches Symphoniekonzert zum Jubiläum
Weit über die Grenzen von Longerich hinaus gilt die Immanuelkirche als Dom des Kölner Nordens. Das liegt vor allem an ihrer Größe mit 450 Sitzplätzen in dem über 34 Meter langen Kirchenschiff und auf den beiden Emporen. Feiern wird die Immanuel-Gemeinde das Kirchenjubiläum mit einem „Dreiklang“ zu den Jahrestagen der Grundsteinlegung, des Richtfestes und der offiziellen Einweihung. Nach einem bunten Fest zum Jubiläum der Grundsteinlegung im letzten September folgten nun Veranstaltungen zur Erinnerung an das Richtfest. Und am Dienstag, 21. April, 17 Uhr, folgt ein festliches Symphoniekonzert. Zum weiteren Programm gehören „Britten-Days“ zum 100. Geburtstag des britischen Komponisten Benjamin Britten am ersten Oktober-Wochenende sowie das Kirchenkabarett „Klüngelbeutel“ und eine Festveranstaltung zur Erinnerung an die Kircheneinweihung im Dezember.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann