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Michael Lampa, Fachdienstleiter Wohnungslosenhilfe beim Diakonischen Werk Köln und Region gGmbH.

25 Jahre Diakoniehaus Salierring: Hilfe für Obdachlose und von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen

Für Menschen, die auf der Straße leben oder von Wohnungslosigkeit bedroht sind, bietet das Diakonische Werk Köln und Region seit 1998 mit dem Diakoniehaus Salierring ein breit gefächertes Hilfesystem unter einem Dach an. Das 25-jährige Jubiläum feiern Bewohner und Bewohnerinnen und Mitarbeitende des Diakoniehauses Salierring nun gemeinsam mit Gästen aus Stadtverwaltung, Kooperationspartnern und Förderern. Im „Diakoniehaus Salierring“ sind verschiedene Dienste gebündelt, die sich ergänzen und miteinander vernetzt sind: Kontakt- und Beratungsstelle mit Tagestreff (Frühstück, Duschen, Kleiderkammer), Fachberatungsstelle für Wohnungslose, Krankenwohnung, Betreutes Wohnen, ambulant Betreutes Wohnen in Außenwohnprojekten. Michael Lampa, Fachdienstleiter Wohnungslosenhilfe beim Diakonischen Werk Köln und Region gGmbH, spricht über mangelnden Wohnraum und eine dramatische Zunahme der Zahl von wohnungslosen Menschen:

Welche Dienste bietet das Diakoniehaus Salierring für Menschen, die auf der Straße leben oder von Wohnungslosigkeit bedroht sind?

Michael Lampa: Das Diakoniehaus Salierring vereint viele ineinandergreifende Bausteine der Wohnungslosenhilfe in einem Fachdienst. Wir haben einen Tagestreff und bieten hier von Montag bis Donnerstag Frühstück an. Außerdem donnerstags ein einfaches Gericht in der Mittagszeit. Wohnungslose Menschen haben bei uns die Möglichkeit zu duschen und ihre Wäsche zu waschen. Über die Kleiderkammer verteilen wir außer Bekleidung z. B. auch Bettwäsche, Handtücher, Zelte und Schlafsäcke. Dabei handelt es sich nicht nur um Altkleider, sondern teilweise auch Neuware, die wir dank Spenden anschaffen können. Die Fachberatung hilft bei Schriftverkehr, Antragstellungen und der Regelung von Angelegenheiten. Außerdem können Posterreichbarkeitsadresse und Konto eingerichtet werden.

Wie viele Plätze haben Sie?

Michael Lampa: Im Diakoniehaus am Salierring, haben wir Plätze, um 23 wohnungslose Menschen unterzubringen. In drei Wohnprojekten in Köln-Dünnwald und -Rath haben wir 26 weitere Wohnplätze. Dies geht einher mit einer sozialarbeiterischen Unterstützung und zielt auf den Bezug einer eigenen Wohnung oder eine passende Anschlussperspektive wie beispielsweise eine Langzeitwohneinrichtung. Wir haben eine Krankenwohnung mit 6 Plätzen, für gesundheitlich beeinträchtigte wohnungslose Menschen, die sich hier nach einem Krankenhausaufenthalt oder während einer Erkrankung erholen können und ebenfalls sozialarbeiterisch unterstützt werden.

Welche Projekte führen Sie zudem durch?

Michael Lampa: An drei Sonntagen im Monat führen wir gemeinsam mit der Dr. Peter Deubner-Stiftung das Kölner Wohnungslosenfrühstück in wechselnden Stadtteilen durch. Über Viadukt vermitteln wir Wohnungen an wohnungslose Menschen aus den verschiedenen Einrichtungen des Kölner Hilfesystems. Dies wird gefördert durch den europäischen Sozialfond und von uns in Kooperation mit dem SkF und dem SKM umgesetzt. Mit den beiden Trägern kooperieren wir darüber hinaus bei Claro, einer Sozialberatung für Bürgergeldbezieher und Miet-fest, einem Projekt zur Wohnraumabsicherung im Auftrag der Fachstelle Wohnen.

Das Diakoniehaus Salierring besteht seit 25 Jahren. Was hat sich im Laufe der Jahre verändert?

Michael Lampa: Wenn ich mir unsere Angebote anschaue, dann muss ich sagen, dass wir sehr konstant geblieben sind. Alles, was wir machen, wird gut angenommen. Das eine oder andere würden wir gerne ausweiten, zum Beispiel die Krankenwohnung oder Angebote für spezielle Zielgruppen mit psychischen und/ oder Suchterkrankungen.

Können Sie die generelle Entwicklung der Kölner Wohnungslosenhilfe in den letzten 25 Jahren beschreiben?

Michael Lampa: In Köln besteht ein umfangreiches Netzwerk von Diensten und Angeboten im Bereich der Wohnungslosenhilfe, die eine intensive und gute Arbeit leisten. Trotzdem hat die Problematik immer weiter zugenommen und wir sehen immer mehr Menschen im Stadtbild, die wohnungslos sind und verelenden. Das, was wir offensichtlich wahrnehmen, bestätigen die Zahlen des Wohnungsnotfallberichts NRW. Die Zahl wohnungsloser Menschen in Köln hat sich in der Zeit von 2013 bis 2021 mehr als verdoppelt. 2022 gab es einen weiteren starken Anstieg infolge des Ukrainekrieges. Derzeit versucht die Stadt Köln das Problem mit neuen Ansätzen besser in den Griff zu bekommen und das ist mit Sicherheit auch gut. Das Hauptproblem bleibt jedoch, dass über Jahre zu wenig Wohnungen gebaut wurden und Menschen in Armut besonders von diesem Mangel betroffen sind.

Welche Erfolge hat das Diakoniehaus Salierring in den letzten 25 Jahren erzielt?

Michael Lampa: Wir werden von unserer Nachbarschaft angenommen. Anfängliche Befürchtungen gegenüber einem Haus wie dem unseren konnten abgebaut werden. Wir konnten einer Vielzahl von Menschen in unseren Appartements und Wohnprojekten ein Zuhause gegeben und haben Ihnen intensiv dabei geholfen, ihre persönliche Situation zu verbessern und wieder auf eigenen Beinen zu stehen.

Wie wichtig ist die Vernetzung und Zusammenarbeit der verschiedenen Dienste im Diakoniehaus Salierring?

Michael Lampa: Die Zusammenarbeit ist uns sehr wichtig. Wir möchten Menschen die optimale Unterstützung geben und arbeiten innerhalb des Fachdienstes Hand in Hand. Wir haben alle zwei Wochen ein regelmäßiges Teammeeting, an dem alle Bereiche beteiligt sind und führen einen konstruktiven Informationsaustausch. Häufig wechseln Klient:innen von einem niederschwelligen Bereich, wie der Fachberatung in das Betreute Wohnen und im Idealfall von dort über Viadukt in die eigene Wohnung. Darüber hinaus ist uns aber auch die Vernetzung mit anderen Diensten des DW und auch bei anderen Trägern wichtig. Oberste Priorität hat dabei immer das Wohl der Klient und Klientinnen.

Wie unterstützt das Diakoniehaus Salierring Menschen dabei, ihre Wohnsituation zu verbessern und eine langfristige Perspektive zu finden?

Michael Lampa: Durch unsere Arbeit in den Wohnprojekten und den ambulanten Hilfen geben wir den Menschen Stabilität und Struktur und helfen ihnen, sie gezielt bei den persönlichen Themen zu unterstützen, die akut sind und der gesellschaftlichen Teilhabe entgegenstehen. Dies kann sich auf gesundheitliche, finanzielle, berufliche und soziale Belange beziehen. Die Sozialarbeit unterstützt dieses breite Spektrum, klärt mit den Menschen, was in welcher Reihenfolge angegangen werden soll, hilft dabei Termine zu vereinbaren, vorzubereiten und begleitet wenn notwendig beim Gang zum Arzt, Rechtsanwalt, Amt und vielem mehr.

Welche Herausforderungen gibt es in der Arbeit mit wohnungslosen Menschen und wie wird darauf reagiert?

Michael Lampa: Die größte Herausforderung ist die mangelnde Verfügbarkeit von Wohnraum. Auch mit guten Ausgangsvoraussetzungen, ist es in Köln nicht einfach, eine Wohnung zu finden. Die Mieten sind auf ein extremes Niveau gestiegen und immer mehr Menschen sind trotz geregeltem Einkommen auf staatliche Transferleistungen angewiesen. Wohnungslose Menschen erleben ihre Situation häufig als chancenlos und resignieren. Dem wollen wir mit Energie, Optimismus, guten Ideen und einer positiven Lebenseinstellung entgegenwirken.

Sie haben knapp 70 Ehrenamtliche. Welche Rolle spielen Ehrenamtliche im Diakoniehaus Salierring und wie können sich Interessierte engagieren?

Michael Lampa: Ein Großteil dieser ehrenamtlich Mitarbeitenden ist beim Kölner Wohnungslosenfrühstück tätig, das ohne diese Leistung nicht umsetzbar wäre. Auch für den Tagestreff suchen wir regelmäßig Ehrenamtliche, um unseren Besuchenden montags bis freitags Frühstück anbieten zu können.

Was sind die zukünftigen Ziele und Pläne des Diakoniehauses Salierring?

Michael Lampa: Wir möchten weiterhin aktiv an der Bekämpfung der Wohnungslosigkeit mitarbeiten und unsere Hilfen gerne ausweiten. Früher gab es eine strikte Trennung zwischen den Angeboten der Wohnungslosenhilfe und denen der Suchthilfe oder der Hilfen für psychisch kranke Menschen. In der Praxis bestehen diese Bedarfe häufig parallel. Deshalb können wir uns zukünftig Kooperationen vorstellen, durch die diese Bedarfe abgedeckt werden.

Text: Frauke Komander/APK
Foto(s): Michael Lampa/Kai Kostrzewa