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Wenig Plan bei der Integration? Ein Kommentar.

Integrationskonzept
Der Rat der Stadt Köln nahm in seiner Sitzung am 1. Februar 2011 das „Konzept zur Stärkung der integrativen Stadtgesellschaft“ – kurz: Integrationskonzept – zur Kenntnis und drückte „allen Beteiligten seine Wertschätzung für die geleistete Arbeit aus.“ Zudem beauftragte der Stadtrat die Verwaltung, die aus dem Konzept zu entwickelnden Maßnahmen („Maßnahmeprogramm“) darzustellen und zur Beschlussfassung vorzulegen. Also alles prima?

Zur Erinnerung
Nachdem der Stadtrat im Jahr 2006 ein Integrationskonzept in Auftrag gegeben hatte, entwickelten in der Folgezeit rund 300 Fachleute, Vertreterinnen und Vertreter von freien Trägern und relevanten Organisationen, von Stadtverwaltung und Kommunalpolitik, in insgesamt 23 Arbeitsgruppen zahlreiche Handlungsempfehlungen. Viele Beteiligte haben ganz viel Energie in diese Arbeit gesteckt, zum Teil auch ehrenamtlich, zum Teil auch an den Wochenenden.

Beispiel: Arbeitsgruppe“Flüchtlinge“
Die Arbeitsgruppe (AG) „Flüchtlinge“ zum Beispiel tagte von April 2008 bis Juni 2009 und produzierte ein 73seitiges Teilkonzept bestehend aus
– einer Zusammenfassung der wichtigsten Handlungsempfehlungen,
– einer ausführlichen Darstellung einzelner Themenbereiche und
– weiteren Hintergrundinformationen.

Danach tat sich nichts mehr. Nichts bis zum Ratsbeschluss vom Februar und nichts bis heute. Die Ergebnisse und Handlungsempfehlungen der AG Flüchtlinge sind nunmehr weit über zwei Jahre alt. Das ist aufgrund der sich ständig verändernden rechtlichen Grundlagen in der Flüchtlingspolitik eine sehr lange Zeit. Ein Dilemma besteht auch darin, dass manche der von der AG „Flüchtlinge“ entwickelten Handlungsempfehlungen bereits veraltet sind und dringend aktualisiert werden müssten. Dafür müsste es aber entsprechende Strukturen geben. Die im Februar vom Stadtrat geforderte Schaffung von Arbeitsstrukturen für „die Planung und Umsetzung von notwendigen integrationsfördernden Maßnahmen sowie die erforderlichen Weiterentwicklungen des Konzeptes sowie der Kontrolle der Zielerreichungen“ und die Einbeziehung des Integrationsrats und externer Experten in den Steuerungsprozess – all dies ist – bisher – nicht geschehen. Ja, es ist nicht einmal ein Zeitplan ersichtlich. Und auch der Integrationsrat wurde seit dem Ratsbeschluss vom Februar nicht mehr informiert.

Das Maßnahmenprogramm
Das von der Verwaltung zu überarbeitende Maßnahmenprogramm soll laut Ratsbeschluss unter anderem berücksichtigen, dass an alle wesentlichen Handlungsempfehlungen des Integrationskonzepts angeknüpft wird und Prioritäten gesetzt werden, dass konkrete Kosten- und Ressourcenschätzungen erfolgen und die bisherige Trennung zwischen städtischen und nichtstädtischen Maßnahmen aufgehoben wird. Ferner soll die Überarbeitung des Programms mit Akteuren, die an der Erstellung des Integrationskonzepts mitgewirkt haben, rückgekoppelt werden. Auch hinsichtlich dieser Aufträge gibt es keine Ergebnisse, die vermittelt worden sind.
In einem Workshop der Stadtverwaltung im Juli 2011 wurde der Entwurf eines Maßnahmeprogramms so kurzfristig vorgelegt, dass fast niemand ihn vorher lesen konnte. Der Workshop selber hatte unter anderem auch deshalb eher den Charakter eines unverbindlichen Brainstormings von rund 25 anwesenden Personen. Der vorgelegte Entwurf zeigte erhebliche Schwächen: So umfassten beispielweise die allermeisten der von der AG „Flüchtlinge“ entwickelten Handlungsempfehlungen überhaupt keine Maßnahmen. Dagegen befanden sich im Programm noch Maßnahmen, die abgelaufen sind. Die gesamte Struktur des Maßnahmenprogramms erschien im übrigen dringend überarbeitungsbedürftig. Aber:

Wie geht es jetzt weiter?
Die Sachlage erscheint zunächst klar und deutlich: Während das Integrationskonzept eine differenzierte Prozesssteuerung vorsieht, hat der Stadtrat auch zum Maßnahmeprogramm eindeutige Aufträge erteilt. Es hakt also ganz offensichtlich bei der Umsetzung. Und die ist Aufgabe der Stadtverwaltung. Es fehlen aber, so scheint es jedenfalls, Plan, Transparenz, verbindliche Strukturen und Mitwirkungsmöglichkeiten. Für die meisten der an der Entwicklung des Integrationskonzepts beteiligten Akteure ist der zu beobachtende Stillstand frustrierend, für die städtische Integrationspolitik ein Armutszeugnis.

Text: Claus-Ulrich Prölß, Geschäftsführer Förderverein Kölner Flüchtlingsrat e.V.
Foto(s): Förderverein Kölner Flüchtlingsrat e.V.