You are currently viewing Von Greifswald nach Köln

Von Greifswald nach Köln

Für eine frisch ordinierte Pfarrerin blickt Simone Geyda auf eine ungewöhnliche Biographie zurück. Sie hat nämlich in der ehemaligen DDR Theologie studiert. „In Jena, Greifswald und Berlin“, zählte Pfarrerin Monika Crohn die Stationen auf. Pfarrerin Crohn, Synodalassessorin im Kirchenkreis Köln-Nord, ist auch Gemeindepfarrerin in der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Weiden/Lövenich und begleitete als Mentorin Simone Geyda während ihrer pfarramtlichen Probezeit. Pfarrerin Geyda wird noch bis zum 31. März in der Weidener Gemeinde tätig sein. Dann endet offiziell ihre Probezeit. Im Moment ist sie auf der Suche nach einer Pfarrstelle.

Simone Geyda stammt aus Saarmund in der Nähe von Potsdam. Als „spannende Zeit“ hat sie die Wende 1989 erlebt. Ihr erstes theologisches Examen hat sie 1995 in Greifswald abgelegt. „Mit Baby“, erinnert sie sich. Sie hat 1989 mitdemonstriert und wurde nach der Wende als Studentin in Greifswald in den neu gegründeten Fakultätsrat gewählt. Damals wurde auch das Fach Marxismus-Leninismus aus dem Fächerkanon von Studentinnen und Studenten der Theologie gestrichen, das zu DDR-Zeiten selbstverständlich dazu gehörte.

Nach dem 2. Theologischen Examen in Berlin begann Simone Geyda als Religionslehrerin zu arbeiten. Ihr Partner ist freiberuflicher Kirchenmusiker. Die gemeinsame Tochter Musette unterrichtet Deutsch als Fremdsprache an der Uni in Jena. Nach 15 Jahren als Religionslehrerin in Berlin-Charlottenburg/Wilmersdorf wollte Simone Geyda in ihrem studierten Beruf als Pfarrerin arbeiten, erzählt sie im Gespräch und legt Wert darauf, dass sie schon lange vor ihrer Ordination einen Predigtauftrag in ihrer Saarmunder Heimatgemeinde wahrgenommen hat. In den großen Ferien hat sie sich in der deutschen Gemeinde in Thessaloniki und in der Urlauberseelsorge auf Amrum engagiert. „Religionsunterricht in Berlin findet unter schwierigen schulischen Bedingungen statt“, resümiert sie. „Das Fach ist nämlich für die Schüler freiwillig und wird deshalb oft in den Randstunden erteilt, wenn die anderen Schüler frei haben. Da ist es schwer, die Jugendlichen zu motivieren, und die Note ist auch nicht versetzungsrelevant.“ Sie hat sich schließlich bei der rheinischen Landeskirche beworben und erhielt die Stelle in Weiden zur Entlastung der Synodalassessorin Crohn.

Die wünschte ihrer neuen Pfarrkollegin, dass „Sie sich die stillen Zeiten mit Gott bewahren“, und dass es ihr gelingen möge, „dem Glauben Ausdruck zu verleihen in Wort und Tat“. Pfarrerin Geyda predigte im Ordinationsgottesdienst zur Jahreslosung 2018 aus der Johannes-Offenbarung: „Gott spricht: Ich will dem Durstigen geben von der Quelle des lebendigen Wassers umsonst.“ Die Worte des Johannes ermunterten die Gemeinde, sich nicht mundtot machen zu lassen in schlechten Zeiten. Die Pfarrerin hat sich zum Ziel gesetzt, die „lebensspendenden Worte der Bibel in die heutige Sprache zu übersetzen, ohne zu moralisieren oder zu bevormunden.“ Sie behält die Gemeinde in sehr guter Erinnerung, wie sie sagt, „denn hier konnte ich aus Quellen der Inspiration, der Begleitung, der Offenherzigkeit und der Freundlichkeit schöpfen“.

Simone Geyda hat vor ihrem Arbeitsbeginn in Weiden noch einmal ein Homiletisches Hauptseminar an der Humboldt-Universität in Berlin als Gasthörerin besucht, das neue Predigtmodelle zum Inhalt hatte. „Die Predigt sollte mit unserem Leben zu tun haben und damit, woher wir Lebenssinn empfangen. Wenn sie gut ist, ist sie auch ein sprachliches Kunstwerk“, lautet ihr Fazit.

In Weiden hat sie in Vertretung der Synodalassessorin Crohn viele Beerdigungen und Trauungen und in der Nachbargemeinde Widdersdorf Taufen übernommen. In Teamarbeit mit Pfarrerin Crohn entstand im Jahr des Reformationsjubiläums die Predigtreihe „Männer und Frauen der Reformation“. Gern erinnert sich Pfarrerin Geyda an den Konfirmandenunterricht, denn da konnte sie ihre religionspädagogischen Erfahrungen einsetzen. Ein Erfolg war der Glaubenskurs „Freiheit wagen“, der wöchentlich im Wohnzimmer eines Gemeindeglieds stattfand. Neben der Seelsorge im Altenheim hat sie den Besuchsdienst nördlich der Aachener Straße koordiniert. Jedes Gemeindeglied über 80 bekommt zum Geburtstag Besuch aus der Gemeinde. „Ich habe sehr großen Respekt vor den Menschen, die den Kontakt zu den Älteren halten.“ Jetzt ist die frisch ordinierte Pfarrerin gespannt, wohin es sie verschlägt, und hofft, eine Gemeinde zu finden, die eine „Pfarrerin mit Lebenserfahrung“ sucht.

Text: Stefan Rahmann
Foto(s): Stefan Rahmann