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Trauergottesdienst im Kölner Dom für die Opfer des Germanwings-Absturzes

In einem ökumenischen Gottesdienst im Kölner Dom ist der Opfer des Germanwings-Absturzes gedacht worden. Die 150 Passagiere und Crewmitglieder seien mitten aus dem Leben gerissen worden, sagte die Präses der westfälischen Kirche, Annette Kurschus, in ihrer Predigt.

Die Angehörigen der Opfer des Germanwings-Absturzes erhielten in dem Gottesdienst im Kölner Dom kleine Holzengel als Zeichen der Solidarität, des Trostes und der Anteilnahme. "Menschen brauchen Engel, die ihnen den Weg zeigen und ihnen zur Seite sind", sagte der katholische Seelsorger Christoph Dörpinghaus. Der Engel solle dazu ermutigen, "nach Quellen der Bestärkung und der Zuversicht" zu suchen, ergänzte seine Kollegin Jutta Unruh von der Notfallseelsorge der Evangelischen Kirche im Rheinland.

Gott leidet mit den Familien und Freunden der Toten
In ihrer Predigt verwies die Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen ebenso wie der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki darauf, dass Gott selbst mit den Familien und Freunden der Toten mitleide. Schmerz, Trauer und Verzweiflung seien bei ihm aufgehoben. Das Leid habe einen Abgrund aufgerissen, über den "kein Luftfahrtexperte und Psychologe, auch keine Bischöfin und kein Kardinal" eine Brücke schlagen könne, sagte Kurschus vor den 1.400 Trauergästen, darunter mehr als 500 Angehörige der Opfer.

Die Würde der Trauernden achten
Doch Gott mache das Weinen der Menschen zu seinem eigenen Weinen. Die Theologin rief dazu auf, die Würde der Trauernden zu achten. Es sei würdelos, ein Geschäft mit den Tränen von Menschen zu treiben: "Achtet die Tränen. Ehrt und schützt diejenigen, die sie weinen." Kardinal Woelki verwies in seiner Ansprache auf den mitleidenden Gott am Kreuz und die christliche Auferstehungshoffnung. "Die Liebe ist stärker als der Tod, glauben wir Christen", sagte der Kölner Erzbischof. "Wir glauben, dass diese 150 Menschen nicht verschwunden und nicht ins Nichts gegangen sind, als sie aus der Welt geschieden sind." Nötig seien nun Menschlichkeit und Solidarität, damit die verzweifelten Hinterbliebenen den Weg zurück ins Leben finden und nicht von der Trauer versteinert werden.

Fahnen auf Halbmast an allen öffentlichen Gebäuden
Der Gottesdienst wurde auf Großbildleinwände vor dem Dom und über das Fernsehen in alle Welt übertragen. Direkt im Anschluss war ein Trauerakt geplant, bei dem Bundespräsident Joachim Gauck und NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) sowie Regierungsvertreter aus Frankreich und Spanien sprechen wollten. Als Zeichen der Trauer wehten in ganz Nordrhein-Westfalen und an allen öffentlichen Gebäuden des Bundes die Fahnen auf Halbmast. Der Airbus des Germanwings-Fluges 4U 9525 war am 24. März auf dem Weg von Barcelona nach Düsseldorf abgestürzt und in den französischen Alpen zerschellt. Alle 144 Passagiere und sechs Crewmitglieder kamen ums Leben, die meisten von ihnen waren Deutsche und Spanier.

Tausende Einträge in Kondolenzbücher im Internet
Die 72 Deutschen kamen überwiegend aus Nordrhein-Westfalen. Unter anderem starben 16 Schülerinnen und Schüler und zwei Lehrerinnen aus dem westfälischen Haltern, die auf dem Rückweg von einem Schüleraustausch in Spanien waren. Der Copilot flog das Flugzeug nach den Erkenntnissen der Ermittler absichtlich gegen einen Felsen. Tausende Menschen haben ihre Anteilnahme für die Opfer und Hinterbliebenen des Germanwings-Absturz in Kondolenzbüchern im Internet bekundet. Das Trauerportal der NRW-Landesregierung verzeichnete am Morgen des Trauergottesdienstes fast 2.500 Einträge auf seinem Online-Kondolenzubuch. "Ich habe keine Worte für die grausame Wahrheit", erklärte dort NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD).

Trauernde sind in ihrer Not nicht allein
Die zentrale Trauerfeier für die Absturzopfer im Kölner Dom hat nach Worten des rheinischen Landespfarrers für Notfallseelsorge, Dr. Uwe Rieske, eine wichtige Bedeutung für die Angehörigen. Der Trauerakt mit Bundespräsident, Bundeskanzlerin und NRW-Ministerpräsidentin zeige ihnen, dass sie in ihrer Not und in ihrer Situation auch von den politischen Repräsentanten wahrgenommen würden, sagte Rieske im WDR-Radio. "Diese Wahrnehmung, diese Wertschätzung, ist vielen Betroffenen tatsächlich wichtig."Zudem bestehe Gelegenheit für die Hinterbliebenen, den anderen Betroffenen zu begegnen, Kontakte zu knüpfen und ins Gespräch zu kommen, sagte der Landespfarrer der Evangelischen Kirche im Rheinland weiter. Viele von ihnen litten darunter, dass sie bisher noch keine amtliche Todesnachricht erhalten hätten und die sterblichen Überreste ihrer verunglückten Familienmitglieder noch nicht bestatten konnten. "Viele von denen, die wir getroffen haben, sagen, dass dieser Zwischenzeitraum enorm belastend ist und dass sie überhaupt noch keine Chance haben, wieder in so was wie Alltag einzusteigen", berichtete Rieske.

Landespfarrer für Notfallseelsorge ermutigt zum Beistand
Der Theologe ermutigte Nachbarn, Freunde und Bekannte, den betroffenen Familien Beistand zu leisten. "Ehrliche Zuwendung hilft fast immer", sagte Rieske. "Wenn diese Menschen den Eindruck haben, ich werde nicht allein gelassen mit dem, was mich beschäftigt und betroffen hat, hier gibt es ehrliches Mitgefühl und auch tätige Hilfe, dort, wo ich sie brauchen kann, ist das gut." Wichtig sei Begleitung auch lange über den Akutzeitraum hinaus, betonte der Seelsorger. "Es kann Jahre dauern, bis man das Gefühl hat, wieder im eigenen Leben angekommen zu sein."

Holzengel als Zeichen der Anteilnahme
Insgesamt wurden 300 Holzengel aus der Behindertenwerkstatt im russischen Pskow verteilt, die von der "Initiative Pskow" der rheinischen Kirche getragen wird. Der Entwurf für die kleine kreuzförmige Figur stammt von dem Mülheimer Bildhauer Jochen Leyendecker. Weitere Engel erhielten symbolisch politische Repräsentanten: der spanische Innenminister Jorge Fernández Díaz stellvertretend für die Angehörigen der spanischen Opfer, Bundespräsident Joachim Gauck stellvertretend für die Angehörigen der Verunglückten in allen anderen Staaten, der französische Verkehrsminister Alain Vidalies als Zeichen des Dankes für die Helfer in Frankreich.

Text: epd/she
Foto(s): epd