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Taufe bei Stromkilometer 689,5

Zum ersten Mal feierte die Gemeinde an der Kartäuserkirche einen Taufgottesdienst unter freiem Himmel am Rhein, wo Pfarrer Mathias Bonhoeffer und Pfarrerin Dr. Anna Quaas die Täuflinge nach dem biblischen Vorbild des Johannes mit dem Wasser eines fließenden Gewässers in die Gemeinschaft der Gläubigen aufnahmen.

Nur, dass hier der Rhein den Jordan ersetzte, und der Rhein hat seine Tücken: Weil im ausschließlich linksrheinischen Gebiet der Evangelischen Gemeinde Köln kein passender Zugang gefunden werden konnte, war man ins Rechtsrheinische aufs Gebiet der Gemeinde Köln-Deutz/Poll ausgewichen, die allerdings zuvor informiert wurde.

11 Kinder, 150 Verwandte
Denn bei Stromkilometer 689,5, in der Höhe des Rheinparks, ist das Ufer schön flach und die Strömung nicht zu stark, der Dom bietet eine eindrucksvolle Kulisse. Von „ganz oben“ wurde die Aktion offensichtlich auch mit viel Wohlwollen begleitet. Denn der Taufgottesdienst für die elf Kinder im Alter zwischen drei Monaten und acht Jahren, zu dem sich rund 250 Verwandte, Freunde und Gottesdienstbesucher sowie zahlreiche Medienvertreter versammelt hatten, fand bei schönstem Wetter und sommerlichen Temperaturen statt. Was in diesem Jahr ja alles andere als eine Selbstverständlichkeit ist.
Die Sicherheit auf Erden – beziehungsweise zu Wasser – garantierte derweil ein Boot der DLRG, das während der gesamten Feier unaufdringlich und in angemessener Entfernung vor Anker lag.

Schlips und aufgekrempelte Hose
„Kommt ruhig rein, das Wasser ist angenehm“, ermutigte Pfarrer Mathias Bonhoeffer Täuflinge, Eltern und Taufpaten. Der Pfarrer selbst stand im Talar schon bis zu den Knien im Rheinwasser und träufelte nun der kleinen Marlene, die von ihrer Mutter im Arm gehalten wurde, einige Tropfen auf die Stirn. Doch der Säugling zuckte zurück: „Oh, das ging ins Auge“, meinte der Pfarrer und wischte rasch das Wasser fort. Dann war Ben an der Reihe, ein größerer Junge in Weste, Schlips und Kragen, der seine Hose schon hochgekrempelt hatte. Da war es einfacher, Ben beugte sich kurz herunter bis die Stirn von den Wellen des Stroms benetzt war.

Ein Tag, den sicher so schnell keiner vergessen wird: 11 Kinder wurden von den Pfarrern Anna Quaas und Mathias Bonhoeffer mit Rheinwasser getauft.
Ein Leben im Vertrauen
Dem Anlass gemäß wurden auch feierliche Töne angestimmt. Pfarrerin Quaas nahm in ihren Gedanken zur Taufe die Wünsche der Taufpaten nach einem erfolgreichen Leben, engen Beziehungen zu anderen Menschen und gutem Urteilsvermögen auf und betonte, dass der Glaube und das Vertrauen auf Gott ein sinnvolles Leben ermögliche. Pfarrer Bonhoeffer meinte, es könne nicht Ziel eines Christen sein, „mit allen Wassern gewaschen“ zu sein – das Taufgelübde bringe vor allem die Pflicht zur Menschlichkeit mit sich.

„Einmal am Rhein“
Weniger nachdenkliche Assoziationen weckte die unmittelbare Nähe des Rheins bei Kantor Thomas Frerichs, der zusammen mit Burkhard Müller am Saxofon die musikalische Begleitung des Gottesdiensts übernommen hatte. Die beiden ließen es sich nicht nehmen, Stücke wie „Einmal am Rhein“ oder „Dat Wasser vun Kölle es jot“ zu spielen.

Echt kölsches Mädche
Den Eltern der Täuflinge war das recht: „Wir wollen ja, das unsere Tochter ein echt kölsches Mädche wird, dazu ist das hier wohl ein sehr guter Einstieg“, sagte Kirsten, Mutter der kleinen Trixi, lachend. Die Eltern von Milla und Lion, die ihre beiden Kinder im Rhein taufen ließen, mochten das Ganze dagegen nicht so hoch hängen: „Wir haben eher durch Zufall von diesem Termin erfahren“, sagte Vater Henrik. Zufall sei es ja auch, dass Milla am 11. 11. 2011 geboren wurde. Und in der Südstadt leben sie auch noch – mehr Kölle geht nicht.

Text: Hans-Willi Hermans
Foto(s): Hans-Willi Hermans