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Stadtpredigt von Ford- Geschäftsführungsvorsitzendem Bernhard Mattes in der Antoniterkirche

In Gotteshäusern wird eher selten über Unternehmenskultur und Unternehmensphilosophie gesprochen. Bei der dritten Kölner Stadtpredigt in der Reihe „Was hält Köln/ eine Gesellschaft zusammen?“ war das anders. Bernhard Mattes beleuchtete in der Antoniterkirche dieses Thema aus der Perspektive, die er als Vorsitzender der Geschäftsführung der Ford-Werke GmbH „am besten kennt“. Gemeinschaft, stellte Mattes mit Blick auf die Definition von Gemeinde, wie sie Paulus im Brief an die Korinther gegeben hat, voran, sei zunächst einmal die Summe der Einzelnen. Während aber die frühesten Gemeinschaften durch den Lebensraum bestimmt gewesen seien, habe sich dies mit zunehmender Mobilität gewandelt. Für heutige Gemeinschaften bräuchte es nicht einmal mehr räumliche Nähe, verdeutlichte Mattes am Beispiel von Chat-Räumen.

Die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft birgt eine starke Motivation
Längst schon gebe es nicht mehr nur eine Gemeinschaft. Neben der Gemeinschaft der Familie und Wohnorte existierten etwa Vereine und Parteien, Organisationen und Verbände. Diese verschiedenen Interessengruppen, insbesondere die sozial wirkenden Organisationen, seien „ein Beispiel dafür, dass deren Mitglieder im Verbund, aber auch jeder einzelne für sich, sich wiederum für die große Gemeinschaft einsetzen“. Nicht nur die Summe der Einzelnen also mache eine Gemeinschaft aus, sondern jedes dieser Mitglieder innerhalb vieler kleinerer Zusammenschlüsse sei wiederum Teil des Großen.: „Es sind die Ziele, für die jeder Einzelne aus Überzeugung mitstreitet und es ist diese besondere Motivation, die die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft auf Einzelne ausübt“, sagte Mattes. „Eine weitere solche, teilweise fremd bestimmte, Gemeinschaft ist auch das Unternehmen, in dem die oder der Einzelne arbeitet.“ In diesem eigenen Mikrokosmos – allein bei Ford in Köln zähle man fast 100 verschiedene Berufe, begegne man Menschen aus 57 Nationen sowie diversen Religionen – seien ganz spezielle Regeln und Formen des Zusammenlebens erforderlich. „Teilweise sind dies tatsächlich Regeln, die wie in jeder Gemeinschaft unerlässlich sind und befolgt werden müssen. Zum Teil sind es aber auch ausformulierte oder ungeschriebene Überreinkünfte, die der Vernunft im täglichen Zusammensein entspringen und sich bewährt haben, in einem Unternehmen beispielsweise eine Arbeitsordnung.“

Unternehmenskultur ist: Respekt, Anerkennung und Toleranz
Die Kooperation, das Miteinander der Menschen, das Leben auch der ausformulierten Leitsätze, die die Führungskultur im Unternehmen beschreiben, präge „die Unternehmenskultur – den Geist der Gesellschaft“. Diese Kultur sei „umso höher und besser zu bewerten, je mehr Respekt, Anerkennung und Toleranz die Mitarbeiter füreinander“ aufbrächten. Diese humane Haltung untereinander nehme jeder Einzelne wieder in andere Gemeinschaften außerhalb seiner beruflichen Kreise mit. „Unser Unternehmen ist ein gutes Beispiel dafür“, erläuterte Mattes, „dass man in allen Bereichen, also auch bei den Grundlagen einer Gemeinschaft, von anderen lernen kann. Allerdings auch dafür, dass nicht alles überall gleich sinnvoll sein muss.“ So habe man bei Ford in Köln etwa Anregungen vom amerikanischen Mutterhaus abgelehnt, „weil wir wussten: Dies entspricht nicht unserer Kultur“. Das führe zu der weiteren Erkenntnis, dass nicht alle Gemeinschaften nach den gleichen Spielregeln funktionieren können.

Das Unternehmen als guter Bürger
Auch ein Unternehmen wie Ford könne Sinnvolles zum Wohl und Zusammenhalt der Gemeinschaft beitragen, außer Steuern zu zahlen, bekräftigte Mattes. Die Verbundenheit von Ford mit der Stadt Köln, ihren Einwohnern und Einrichtungen habe sich in kleinen wie großen Spenden gezeigt. Unter anderem auch im Sponsoring von Sportveranstaltungen und in der Unterstützung von großen kulturellen Veranstaltungen. „Aber damit waren wir noch nicht das, was wir sein wollen: Ein guter Bürger Kölns. Und zwar als Unternehmen.“ Mattes bat, ihn wörtlich zu nehmen: „Das Unternehmen will tatsächlich im übertragenen Sinne ein guter Bürger, also ein nützliches Mitglied der Gemeinschaft sein. Weil auch das Unternehmen aber nur die Summe seiner Mitarbeiter ist, bedeutet das auf der anderen Seite auch und vor allem, dass die Unternehmensführung jeden einzelnen Mitarbeiter ermuntert und unterstützt, sich in der Gemeinschaft zu engagieren.“ Dieses „Bürgerschaftliche Engagement“ bedeute eine andere, wertvollere Dimension der Verbundenheit.

Ford ermuntert zu ehrenamtlichem Engagement
Die Bedeutung solchen Engagements für die Kommune unterstreiche, dass Ford und die Stadt Köln im Jahr 2002 das so genannte „Bündnis für Köln“ geschlossen hätten. Dabei obliege es der Stadt, konkrete Projekte vor- und die nötigen Kontakte herzustellen. „Wir erläutern unseren Mitarbeitern diese Projekte und rufen sie zur freiwilligen Mitwirkung auf.“ Aber Ford ermuntere nicht nur zu ehrenamtlichem Engagement, sondern biete seinen Mitarbeitern auch Anreize. Jeder Einsatz für die Allgemeinheit werde mit jährlich zwei bezahlten Arbeitstagen oder 16 Arbeitsstunden belohnt. Dieses beschriebene Engagement sei auch Ausdruck eines weiteren Teils der Ford´schen Unternehmensphilosophie, Diversity genannt. „Das bedeutet die Anerkennung und Wertschätzung beispielsweise unterschiedlicher Religionen, Nationalitäten und Lebensstile. Die dazu unerlässliche Toleranz und gegenseitige Achtung fördert nicht nur das Verständnis füreinander, sondern nutzt jedem einzelnen und damit letzten Endes auch dem Unternehmen oder den Gruppen, denen wir helfen können.“ Diese Toleranz markiere einen weiteren Eckpfeiler, der diese Gesellschaft zusammen halte. Während Ford früher nur als Mäzen aufgetreten sei, regiere heute der Grundgedanke, „dass wir die Gesellschaften, in denen wir weltweit tätig sind, respektieren und ihnen etwas zurückgeben wollen“. Als Basis der Übernahme von Verantwortung nannte Mattes „das nachhaltige Wirtschaften mit den drei Säulen: Ökonomisches, Soziales, Ökologisches. An diesen Säulen orientieren wir nicht nur zusätzliche Aktivitäten für die Gesellschaft, sondern tatsächlich jegliches Handeln des Unternehmens.“

Der Vorsitzende der Ford-Geschäftsführung verheimlichte nicht, „dass uns das auch etwas bringt“. Dies sei, selbst nach christlichen Grundsätzen, legitim. „Denn so profitieren beide Seiten.“ Gleichzeitig strebe man „als Unternehmen nach dem Vertrauen und Respekt unserer Investoren, Kunden, Händler, Mitarbeiter und ihrer Vertretungen, Geschäftspartner und der Gesellschaft und leiste vielfältige Beiträge für die Gemeinschaft“. Das wiederum komme dem Unternehmen zugute. Denn die Investitions- und Finanzierungsentscheidungen der Investoren und Finanzexperten beruhten neben den ökonomischen Faktoren verstärkt auf ökologischen und sozialen Faktoren. Ihnen gehe es nicht um kurzfristige Gewinnerzielung, sondern um Dauerhaftigkeit und Erhalt der Gemeinschaft.

Förderung von Teamgeist, Eigeninitative und sozialer Kompetenz
„Eine solche Haltung zeigen denn nicht nur Unternehmen, sondern auch ihre Mitarbeiter“, unterstrich Mattes. Sie würden ebenfalls zu der Gruppe der „neuen Engagierten und Freiwilligen“ gehören. „Sie sind anspruchsvoller, handeln nicht nur altruistisch und möchten auch einen Nutzen aus dem Engagement ziehen, beispielsweise neue Kontakte oder Zusatzqualifikationen.“ Wie die Beteiligten etwa auch bei ihrer täglichen Arbeit davon profitieren könnten, profitiere auch das Unternehmen vielschichtig. „Es wird eine Unternehmenskultur gefördert, in der freiwilliges Engagement für andere selbstverständlich ist, die Mitarbeiter qualifizieren sich bei der Projektarbeit weiter, es entsteht ein besseres Umfeld durch die Förderung von Teamgeist, Eigeninitative und sozialer Kompetenz.“ Nicht zuletzt bringe der Einsatz der Firma einen Imagegewinn durch die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung. Dabei sei die Maxime der Öffentlichkeitsarbeit „Tue Gutes und rede darüber“ keineswegs mehr anrüchig. Um als Unternehmen zum Erhalt der Gesellschaft beitragen zu können, seien Weitblick und Pflichtbewusstsein vonnöten. „Wir tragen Verantwortung für die kommende Generation und wollen den technischen Fortschritt weiter vorantreiben.“ Dies habe wohlgemerkt im Einklang mit der Umwelt zu geschehen.

Eigenverantwortung für die Gemeinschaft übernehmen
Die als Unternehmer aus seinem Umfeld bei Ford aufgezeigten Beispiele wollte Mattes exemplarisch für das Ganze, für alle Unternehmen innerhalb der Gesellschaft, verstanden wissen. Er forderte alle auf, „wieder mehr Eigenverantwortung für unsere Gemeinschaft zu übernehmen“, und „weniger nach Dritten“, beispielsweise staatlicher Hilfe, zu rufen. „Eigene Verantwortung in demokratischer Freiheit übernehmen zu können, ist eines der höchsten Güter in unserem Land“, plädierte er, die Begriffe „man“ und „die“ wieder durch „ich“ und „wir“ zu ersetzen. Ohne diese könne und werde ein Unternehmen – „im Generellen die Gemeinschaft“ – nicht existieren. „Motivation, gemeinsame Ziele und der Glaube an die eigene Leistungsfähigkeit“, schloss Mattes, „sind dabei die Triebfedern gemeinschaftlichen Engagements, die die Gemeinde zusammen halten.“

Die nächste Stadtpredigt in der Antoniterkirche, Schildergasse, in der wiederum ein Verantwortungstragender der Gesellschaft sich zur Frage „Was hält Köln/ eine Gesellschaft zusammen?“ äußert, hält am 19. Juni 2005, 18 Uhr, die Kölner Bürgermeisterin Elfi Scho-Antwerpes.

Text: Engelbert Broich
Foto(s): Engelbert Broich