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Sie hat viele wichtige Frauen-Themen ins öffentliche Bewusstsein gerückt: Nun hat Frauenreferentin Christina Schlarp den Evangelischen Kirchenverband Köln und Region verlassen

Aus Sicht der Evangelischen Kirche im Rheinland gilt die 45-Jährige als „theologischer Nachwuchs“. Und das bedeutet nach den neuesten landeskirchlichen Regelungen unter anderem, dass sie sich nicht auf eine freie Pfarrstelle bewerben darf. Zurzeit arbeitet Christina Schlarp als Pastorin in der Evangelischen Kirchengemeinde Köln-Mauenheim-Weidenpesch, bis die Entlastungspfarrstelle für Pfarrer Markus Zimmermann, Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Köln-Nord, besetzt wird. In den vergangenen neuneinhalb Jahren war sie allerdings an ganz anderer Stelle tätig: Als Frauenreferentin im Evangelischen Kirchenverband Köln und Region. Aus diesem Amt ist sie kürzlich ausgeschieden.



Wichtiges Thema: „Gewalt gegen Frauen und Mädchen“ – vor allem, wenn sie theologisch begründet wird
„Wir haben vieles angestoßen und viele neue Schwerpunkte gesetzt“, erinnert sich Schlarp im Rückblick auf ihre Zeit als Frauenreferentin, die am 1. November 1999 begann. Eines der Themen, das breiteren Raum gewannen in der evangelischen Kirche von Köln und Region war die „Gewalt gegen Frauen und Mädchen“. Unvergessen bleibt die eindrucksvolle Ausstellung „Was sehen Sie, Frau Lot?“ 2004 in der Trinitatiskirche, die zahlreiche Kunstwerke zum Thema „Sexuelle Gewalt an Frauen und Mädchen“ vorstellte. Die Künstlerinnen traten in Kommunikation mit der Öffentlichkeit, überwanden die Sprachlosigkeit, benannten Tabus und wiesen auf den „Skandal des Schweigens“ hin. „Das Frauenreferat ist Mitveranstalterin, weil es zu unseren Aufgabe gehört, frauenpolitisch zu arbeiten. In diesem Zusammenhang hat sich in den letzten Jahren eine Weiterarbeit an den Zielen der Dekaden des Ökumenischen Rates der Kirchen – von 1988 bis 1998 ´Kirchen in Solidarität mit den Frauen´ und seit 2001 ´Gewalt überwinden´ – entwickelt“, sagte Christina Schlarp damals bei der Ausstellungseröffnung und fuhr fort: „Es ist wichtig, das Thema ´sexuelle Gewalt an Mädchen und Frauen´ auch im kirchlichen Rahmen aufzugreifen, denn Gewalt gegen Mädchen und Frauen hat theologische Wurzeln. Dies gilt es aufzudecken, bewusst zu machen.“ Dazu gehöre, dass man das Tabu breche. „Mit dieser Ausstellung wird das vorbildlich getan, wird das Thema an die Öffentlichkeit gebracht.“

Wichtiger Arbeitsschwerpunkt war auch die Unterstützung ehrenamtlich tätiger Frauen
„Ich habe viel Ermutigung und Unterstützung durch die Superintendenten erfahren, als es um dieses schwierige Thema ging“, sagt Schlarp. Aber es seien nicht nur die großen, öffentlichkeitswirksamen Projekte gewesen, die ihre Arbeit als Frauenreferentin ausgemacht hätten. „Zu meinen wesentlichen Aufgaben zählte die Unterstützung der vielen ehrenamtlich tätigen Frauen in den Gemeinden. Ich habe zentrale Angebote im Verband gemacht, bin aber auch oft vor Ort in den Gemeinden gewesen.“ Die Einladungen in die Kartause seien sehr gut angenommen worden. Dort sei übrigens über die Jahre im Frauenreferat eine Bibliothek gewachsen, die weiter genutzt werden könne. In den dort vorgehaltenen Büchern stehen natürlich feministisch-theologische Themen im Mittelpunkt, um deren Vermittlung sich Schlarp immer sehr bemüht hat.
Ein Herzensanliegen war und ist ihr auch die „Bibel in gerechter Sprache“, die sie immer wieder vor allem in Frauenkreisen vorgestellt hat. Dabei habe sie mehrfach mit Bedenkenträgern – und manchmal auch -trägerinnen – zu tun gehabt, die dieser Bibel vorwarfen, keine wissenschaftliche Übersetzung zu sein. Die Autorinnen und Autoren seien von Ideologien geleitet worden. „Diesen Vorwürfen müssen wir entgegen treten“, erklärt Schlarp.

„Es gibt immer weniger Frauenbeauftragte“
Sie hat in der Kirche einen aus ihrer Sicht unheilvollen Trend ausgemacht. „Es gibt immer weniger Frauenbeauftragte in den Kirchenkreisen. Das liegt unter anderem auch an den Finanzen. Aber die Frauenthemen werden uns weiter beschäftigen. Die theologischen Wurzeln von Gewalt gegen Frauen und Mädchen muss man aufarbeiten. Der Wiedereinstieg von Frauen nach der Erziehungszeit etwa ist auch ein innerkirchliches Thema, das Lösungen verlangt.“ Das Thema Gewalt hat die ehemalige Frauenreferentin immer wieder begleitet. So etwa im kommunalen „Arbeitskreis gegen Gewalt an Frauen und Kindern“ oder als Mitgründerin des Kölner Aktionsbündnisses zum 25. 11. „Gemeinsam gegen Männergewalt“. Hier ist sie – allerdings privat – im Vorstand. „Im Moment sind die so genannten KO-Tropfen Thema. Ich habe das Gefühl, dass die Fälle zunehmen, in denen Frauen mit diesen Tropfen wehrlos gemacht werden.“

Gesprächskreis, Leseabende, Erzählwerkstatt
Auch interreligiöse Kontakte hat die Frauenreferentin während ihrer Tätigkeit gepflegt. „Hagars und Sarahs Töchter treffen sich“ ist Titel der von ihr mitorganisierten Erzählwerkstätten mit Christinnen und Musliminnen, die sich über ihren Lebensalltag austauschten, abwechselnd in der Melanchthon-Akademie und im Begegnungs- und Fortbildungszentrum für muslimische Frauen an der Liebigstraße in Ehrenfeld.
Und dann gab es auch noch die „Kür“, wie Schlarp sagt. „Die schöngeistlichen Gespräche“, zu denen sie regelmäßig in die Kartause einlud. Ein Gesprächskreis aus Frauen tauschte sich zu Themen der feministischen Theologie aus. Gern erinnert sie sich auch an die Lesungen der „Mörderische Schwestern“: Renommierte Autorinnen lasen aus ihren Krimis. Der Erlös der Leseabende war immer für den Verein „Lobby für Mädchen“ bestimmt. Und da ist man schon wieder bei einem ernsten Thema angelangt.

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